Wer zu Bike-Project geht, um sich von Udo Kohse ein Bike bauen zu lassen, darf alles erwarten, nur nichts von der Stange. Bolt-on-Brocken gibt es bei Bike-Project praktisch nicht, denn Udo ist nicht nur Customizer, sondern auch Designer. Seine Bikes folgen ausschließlich dem Stil ihres Schöpfers – so auch diese Harley-Davidson Panhead.
Als Udos Kunde die Hallen von Bike-Project im hessischen Nauheim aufsucht, hat er zahlreiche Teile einer Panhead Im Gepäck. „Genauer gesagt war es fast eine Palette voll mit verschiedenen Teilen, teilweise originale von Harley-Davidson, teilweise aus dem Zubehörhandel. Ich sollte aus dem Haufen eine Panhead im originalen Style zusammenbauen. Zumindest war das seine Vorstellung“, blickt Udo auf den Anfang des Projekts zurück.
Harley-Davidson Panhead – Klon-V2 von S&S
Kein guter Start, wenn man bedenkt, dass der Nauheimer wenig übrig hat für fertig gekaufte Teile. Er baut am liebsten alles selbst, im eigenen Stil versteht sich. Ihn davon abzubringen ist ein aussichtsloses Unterfangen. „Letztlich hat sich mein Kunde dann aber von mir überzeugen lassen. Bei mir gibt es halt nichts von der Stange. Ich habe dann einfach mit dem Tank angefangen. Danach war alles klar und das Projekt hat Fahrt aufgenommen.“
Die Harley-Davidson Panhead wird von Grund auf neu gestaltet, Udo übernimmt lediglich Rahmen, Gabel, Räder und den S&S-Motor. Der Rest entsteht in Handarbeit und spiegelt den typischen Stil wider, der die zweirädrigen Kunstwerke von Bike-Project so unverkennbar macht. „Da der Besitzer sich neben dem Kicker auch einen E-Starter gewünscht hat, musste der Öltank neu gestaltet werden“, erinnert sich Udo und verbaut gleich starre Ölleitungen aus Kupfer, die inzwischen so etwas wie sein Markenzeichen geworden sind.
Primärtrieb mit offenem Belt von Tech Cycle
Bei Tech Cycle in den USA bestellt er einen neuen Primärtrieb mit offenem Belt. „Das Teil ist sündhaft teuer. Nachdem es endlich hier angekommen und eingebaut war, gab es gleich eine böse Überraschung. Obwohl es deren eigene Konstruktion ist und sie die Maße kennen sollten, passte die Grundplatte nicht. Der Belt war entweder zu locker oder aber so straff, dass die Getriebehauptwelle darunter gelitten hätte.“
Kurzerhand vermisst Udo die Konstruktion und baut dann einen eigenen Riemenspanner. „Danach hat alles so funktioniert, wie es von Anfang an hätte sein sollen. Natürlich habe ich den Mist bei Tech Cycle reklamiert und ihnen dann meine Lösung gezeigt. Die wollten sofort die Konstruktionszeichnung von mir haben, offenbar waren die Probleme bekannt“, lacht Udo rückblickend über das E-Mail-Theater mit den Amerikanern.
Aus einer Blechtafel hämmert Udo die neue Radabdeckung
Das Panhead-Projekt leidet zum Glück nicht darunter, dafür ist der Customizer zu sehr Profi. „Es ist immer irgend etwas. Mal klemmt es hier, dann wieder dort. Oft kommen so viele Kleinigkeiten zusammen, die in der Summe einfach Arbeitszeit fressen und für die du immer wieder Lösungen suchen musst.“ Das ist auch mit einer der Gründe, warum seiner Meinung nach Bolt-on nicht so einfach funktioniert, wie sich viele das gerne wünschen.
Auch beim Heckfender ist Handarbeit angesagt. „Natürlich hätte ich auch hier auf vorgefertigte Teile zurückgreifen können, doch der Radius hat nicht so gepasst, wie ich mir das vorgestellt hatte. Aus einer Blechtafel hämmert Udo die neue Radabdeckung, versieht sie mit Sicken und baut neue Halter. „Das hat mehrere Anläufe gebraucht, bis ich den Radius perfekt hinbekommen habe. Es ist nicht alles so einfach, wie es manchmal aussieht.“
Harley-Davidson Panhead mit Eigenbau-Krümmern
Ebenfalls ein Eigenbau ist der Lenker. Vorzugsweise nimmt Udo die Anpassung des Bikes an den Kunden über das Zusammenspiel zwischen Lenker und Fußrasten vor. „Der Lenker ist eine Eigenkonstruktion aus mehreren Einzelteilen. Eine aufwendige Sache, die sich am Ende aber nicht nur optisch gelohnt hat, denn schließlich sollen meine Kunden sich auf ihren Bikes wohlfühlen.“
Der Rest sind Routinearbeiten, falls man das Wort im Zusammenhang mit solchen Projekten überhaupt verwenden darf. Neben einer extra gefertigten Krümmeranlage bekommt das Bike auch eine reduzierte Elektrik, die Udo selbst baut. Der Tacho kommt in eine Eigenbauhalterung, das Zündschloss wird in den Rahmen integriert.
»Schwarz geht gar nicht, da es die Konturen schluckt«
Sogar bei der Lackierung lässt sich Udo nicht reinreden, greift auf ein dezentes Silber zurück, das, je nach Lichteinfall, mal heller oder dunkler schimmert. „Silber ist meine Farbe. Schwarz geht gar nicht, da es die Konturen schluckt. Und wenn ich mir Jörgs Lackierung ansehe, bin ich immer wieder fasziniert.“ Für die Linierungen und den Harley-Schriftzug schwingt Chiko den Schwertschlepper und setzt gezielt schwarze Akzente.
Irgendwann ist das Bike fertig – ganz so, wie Udo es umsetzen wollte. „Probleme oder Außergewöhnliches gab es tatsächlich nicht, wenn man von dem Ärger mit dem Primärtrieb absieht“, zieht Udo sein Fazit. Selbst der TÜV gibt nach Prüfung des Bikes seinen Segen. Was will man mehr?
Info | bike-project.de