Ein selbstkonstruierter Zentralrohrrahmen beherbergt einen 1850er S&S V2 – das Projekt „New Spirit“ ist hot!
Alles begann mit einer kleinen Auszeit in Australien. Aber was macht man als „infizierter Schrauber“, wenn man den lieben langen Tag nichts zu tun hat, und dies ganze vier Monate lang? Nun, man liegt am Strand und überlegt, und irgendwann wird etwas auf Papier gekritzelt. Dann wird weiter überlegt, verändert, bis man denkt, dass es so passen könnte. Ein neues Projekt ist geboren.
Extreme Optik durch den Zentralrohrrahmen
Von diesem Zeitpunkt an freut man sich wieder ein wenig auf zu Hause. Als erstes wurde daheim eine 1:1-Zeichnung erstellt, um festzustellen, welche Dimensionen und Maße benötigt werden. Dann muss die Lenkgeometrie auf die Gabellänge abgestimmt und der Lenkkopfwinkel berechnet werden. Ich als Hobby-Customizer konstruiere noch im Kopf und auf Papier, entwerfe Teile direkt an der Werkbank, bis sie passen und entwickle nicht am PC mit CAD.
Meine drei Vorgaben, die ich mir bei meinem Projekt „New Spirit“ gesetzt habe, waren 1.) eine extreme Optik durch den Zentralrohrrahmen, was sich 2.) auch auf der Straße fahren lassen sollte und 3.) alles legal mit TÜV. Die dritte Vorgabe einzuhalten, erwies sich als die mit Abstand schwierigste. Man muss sehr viele Kompromisse eingehen, um auf dem legalen Weg zu bleiben und um beim TÜV grünes Licht zu bekommen – wie schön einfach haben es da immer noch die meisten Jungs im Ami-Land. Dann ging es los mit dem Bau einer Rahmenbank, denn ohne so ein Hilfsmittel geht nichts im Rahmenbau.
Eine möglichst cleane Optik stand weit oben im Lastenheft
Das erste große Problem war dann, eine Firma zu finden, die ein Stahlrohr mit 140 Millimetern Durchmesser genau nach meinen Vorgaben kalt biegen konnte. Nach langer Suche hat das dann doch geklappt. Das schön gebogene Rohr blieb aber nicht lange in diesem Urzustand, denn es wurde sofort in Stücke gesägt, um die diversen Tanks und Leerrohre für Hydraulik, Luft und Elektrik darin zu verstecken.
Das sind Arbeiten, die einen riesigen Arbeitsaufwand machen, von dem der Betrachter am Schluss gar nichts sieht. Aber eine möglichst cleane Optik stand ganz klar weit oben im Lastenheft für dieses Projekt. Und dies war auch der Grund, sich für eine Einarmschwinge zu entscheiden – wenn schon, denn schon!
Das Luftfedersystem macht einen Seitenständer überflüssig
Bei der Reifenbreite habe ich mich ganz bewusst für „nur“ einen 240er entschieden, denn eine der Hauptvorgaben war schließlich die Fahrbarkeit des Bikes. Für viele ist ja die Breite des Hinterreifens das Maß, wie geil ein Moped ist, aber glücklicherweise gehöre ich nicht zu dieser Spezies.
Das Fahrwerk wurde so konstruiert – ging auch ohne PC und CAD, daß das Luftfedersystem einen Seitenständer überflüssig macht. Auf Knopfdruck senkt sich das Bike zum Parken auf kleine Lagerböcke unten am Rahmen ab. Dies war wichtig für Punkt 1, die extreme Optik. Um dabei Punkt 3, die uneingeschränkte Legalisierbarkeit des Ganzen, nicht außer Acht zu lassen, wurde eine Absenksicherung eingebaut, die ein unbeabsichtigtes Absenken während der Fahrt zuverlässig verhindert.
Eim Eigenbaurahmen hängt ein 1850er S&S V2
Als Gabel durfte ein Upside-down-Modell von Kawasaki dienen, das hat sich schon bei früheren Aufbauten bestens bewährt. Geankert wird mit feinen Sechskolbenzangen, die ihren Dienst normalerweise in einer MV-Agusta verrichten.
Beim Motor fiel die Wahl auf einen V2 von S&S. Nur leider war das Teufelchen in mir wieder stärker als das Engelchen und so wurde es gegen jede Vernunft ein 1850er, was zwar total gegen Punkt 2 (unproblematische Fahrbarkeit) spricht, aber Hubraum ist schließlich durch nichts zu ersetzen, außer durch mehr Hubraum.
Der Stummellenker wurde schnell wieder abgeschraubt
Anfänglich war noch ein Stummellenker verbaut, der aber nach den ersten Fahrten am Faaker See bei der European Bike Week schnellstens gegen einen Superbike-Lenker getauscht wurde, was Punkt 2, der Fahrbarkeit, sehr zugute kam. Für die finale Farbgestaltung standen diverse Mountainbikes Pate, denn irgendwie sportlich sollte das Lackkleid schon werden.
Fragt sich nun jemand, wie die New Spirit im Euro-5-Zeitalter mit einem S&S-Motor und Vergaser TÜV bekommen hat? Nun, das Projekt ist schon ein paar Tage alt und konnte abgeschlossen werden, bevor der Euro-Normen-Terror mit der Nummer 5 derlei Eigenbau-Perlen komplett unterbunden hat. Heute ginge sowas natürlich nur mit Einspritzung, unterarmdicken Katalysatoren – und Aktivkohlefilter zur Reduzierung der Verdunstungsemissionen der Benzindämpfe aus dem Tank.
Wo kann ich der „Zauberer „kontaktieren ? Finde das Teil faszinierend!