Ist es eine Harley-Davidson Flathead? Oder doch eine Ironhead? Beides, verpackt in einen ziemlich nackten Race-Bobber.
Wer den Motor so in den Mittelpunkt seines Bikes rückt, kaum etwas anderes zulässt als unbedingt nötig, der hat einen guten Grund dafür. Und deshalb lüften wir das Geheimnis um das Aggregat schnell, Kenner werden es direkt erkannt haben. Angetrieben wird dieser Umbau von einem Flathead-Motor, kombiniert mit dem Getriebe einer Ironhead-Sportster.
Motor und Getriebe trennen fast vier Jahrzehnte
Baujahr 1945 perfekt verknüpft mit Baujahr 1982, wer macht den sowas? Der Mann hinter dem Bike heißt Vins und betreibt seit über zehn Jahren seinen Shop »VS Bikes« in einer gepflegten Wohngegend im belgischen Hasselt. Die Stadt schmückt sich marketingtechnisch als »Stadt mit Geschmack« – offensichtlich, wie sich beim Blick auf Vins’ Bike offenbart.
Die Motorradvita des Schraubers ist lang, auch ein Ausflug nach Deutschland war dabei. Zwei Jahre lang arbeitete er Anfang der 2000er Jahre als Chefmechaniker für Fred Kodlin, »dort habe ich gelernt, auf kleinste Details zu achten und gute Motorräder noch besser zu machen«, erzählt er.
Harley-Davidson Flathead – Komplett, aber in Einzelteilen
Inmitten seines Showrooms entdecken wir einen übergroßen Ironhead-Chopper, ein besonderes Projekt, weil das Getriebe nicht mehr original ist. »Ich hatte das Getriebe abgeschnitten, wollte es irgendwann für ein anderes Bike benutzen.« Das kam schneller als gedacht, denn der Flathead-Motor, den Vins vor ein paar Jahren zwar komplett überholt, aber in Einzelteilen aus den USA mitgebracht hatte, gammelte auch noch vor sich hin. »Und plötzlich war mir klar, beides kombiniert könnte ein großartiges Gesamtbild geben.«
Zu viel über die Arbeiten am Motor verrät uns Vins allerdings nicht, »ein bisschen was muss geheim bleiben, da müsst ihr schon selbst draufkommen.« Nur so viel, die Arbeit am Getriebe war eine ordentliche Puzzelei, denn das Gehäuse sollte nicht nur komplett geschlossen sein, was es nach dem Abschneiden auf einer Seite eben nicht wahr. Sondern es sollte auch ein Kickstarter draufsitzen.
Harley-Davidson Flathead mit Sportster-Primärtrieb
Außerdem wollte Vins den Primärtrieb der Sporty für die Flathead benutzen. »Du musst zehnmal durchdenken, wie du das löst, bevor du beginnst. Ein grober Fehler und alles ist am Arsch«, erinnert er sich. Aber alles klappt und wir glauben Vins, wenn er sagt, dass die Karre richtig gut läuft. Der Motor atmet durch einen doppelten Dell’orto-Vergaser, die Luftfilter bestehen aus Glas-Kerzenhaltern, die Vins in einem Geschäft am Ort erstanden hat, verrückter Typ.
Schon bevor der Motor fertig ist, hat Vins im Kopf, wie der Rest aussehen soll. »Ich stellte mir einen Flattrack-Bobber mit runtergezogenem Lenker vor«, dementsprechend konstruiert er den Rahmen aus dünnem 26-Millimeter-Rohr, gönnt sich aber am Frontend einen kompletten Stilbruch und verbaut die USD-Gabel einer modernen Ducati. »Warum?«, fragen wir, »weil es cool ist«, grinst Vins.
Harley-Davidson Flathead – Einmachglas als Öltank
Da vorn überhaupt nicht gebremst wird, überarbeitet Vins zumindest die alte Trommel im Hinterrad. Sie ist jetzt mit PM-Bremssätteln ausgestattet, um die Wirkung zu verbessern. Nur eines von kleinen Details, in denen Vins alt und neu kombiniert. Und er scheut sich auch nicht vor ganz günstigen Lösungen. So besteht der Öltank aus einem Einmachglas, der Scheinwerfer ist von einem Fahrrad, die Hebel von einer ollen Solex.
Und den Mopedtank hatte Vins mal günstig auf einem Teilemarkt erstanden, »eigentlich um später mal ein Moped für meinen Sohn drumrum zu bauen. Aber ich finde, er passt auch hier ganz prima.« Zumal unter der alten Lackhülle bester Chrom zum Vorschein kam, den Lackierer Royal Jack später noch mit einer Metalflake-Lackierung überzieht. Chrom findet sich am Bike trotzdem mehr als genug. Vor allem der Motor sticht da heraus, aber um genau den ging es ja.