Harley-Davidson Flathead-Motoren sind uralt, haben eine obsolete, gebrechliche Technik und sind deshalb nur für kurze Strecken gut!
Nun, Peter Barrucci würde an dieser Stelle laut „Quatsch“ rufen. Er fährt die hier gezeigte Harley-Davidson ULH Flathead fast täglich und benutzt sie auch für längere Strecken. Peters Zweiradkarriere begann schon mit zwölf – damals auf Papas Honda. Mit 16 stieg er auf eine Norton um, mit der er aber irgendwann einen heftigen Abflug hatte, was in schließlich zur Marke Harley-Davidson trieb.
Mangels Geld schraubte er von Anfang an selbst an seinen Bikes. Als junger Kerl machte er eine Mechaniker-Lehre in einer Alu-Gießerei. „Dort habe ich unheimlich viel gelernt. Als ich dort wegging, hatte ich hinsichtlich Metallbearbeitung viel drauf.“ Was in Peters Vita folgte, waren 20 Jahre Schraubertätigkeit bei verschiedenen Harley-Davidson-Vertragshändlern und danach noch weitere sieben Jahre an den Hebebühnen verschiedener Customizing-Shops.
Peter hat in acht Jahren drei Harley-Davidson Flatheads aufgebaut
Und natürlich schraubte er in seiner Freizeit auch zu Hause. „Meine 1939er ULH hier ist die dritte Flathead, die ich in den vergangenen acht Jahren gebaut habe. Alle habe ich aus dem Zeug zusammengebaut, das ich so herumliegen hatte. Kein größeres Problem, denn ich besaß über die Jahre hinweg an die 70 Harleys, da sammeln sich zwangsläufig eine Menge Brocken an“, plauscht der oberrelaxte Peter.
„Ich hatte zu Beginn dieses Projekts auch keine spezielle Idee, ich habe die ULH zum großen Teil aus dem gebaut, was ich so da hatte. Natürlich musste ich auch einiges zukaufen.“ Das glauben wir, denn allein die Zutaten des Motorinneren klingen wie das Whow-is-who des Aftermarkets: Andrews, JIMS, Eastern, Black Diamond, alles Namen mit gutem Klang.
Harley-Davidson Flathead mit NOS-Parts
Auch in dem originalen 1939er Getriebegehäuse geht es vornehm zu: Sämtliche Zahnräder und Wellen stammen sind NOS-Parts, was in diesem Fall nichts mit Lachgas zu tun hat, sondern mit „New Old Stock“ übersetzt wird, neue Originalteile also, die als Ersatzteil hergestellt wurden, ins Regal gelegt wurden und bis dahin nie verbaut waren. Da nimmt es nicht wunder, dass das Bike seinen Erbauer bis zur Fertigstellung inklusive Lack dann doch um die 12.000 Bucks gekostet hat.
Der Rahmen ist übrigens ein originaler Panhead-Rahmen aus dem Jahr 1955. Hinterm Steuerkopf musste Peter allerdings bei diesem Exemplar ordentlich Hand anlegen, denn ein chopperverliebter Vorbesitzer hatte es mit einem ultraflachen Rake mächtig übertrieben. Ebenso wie der Rahmen ist auch die Springergabel keine Replika, wie die eingegossenen Fabrikationsziffern auf dem Quersteg des vorderen Gabelteils beweisen.
Die Lampen stammen aus einem ganz anderen Genre
Der kleine Tank stammt von einer 125 ccm großen Harley-Davidson „Hummer“, die Kupplung aus einer 1941 UH. Lediglich bei der Beleuchtung bediente sich Peter aus einem ganz anderen Genre. Die messingfarbene Frontlampe tat ehedem an einem Auto von Studebaker Dienst, und die beiden auffälligen Rückleuchten mit ihren tropfenförmigen Gehäusen waren exakt so serienmäßig an den 1939er Chevrolets des Typs „Master Deluxe“ montiert.
„Ich baue derzeit gerade eine Panhead. Vielleicht kannst Du die dann ja nächstes Jahr fotografieren“, sprach’s, wuchtete mit einem Tritt den 1311 Kubik großen Seitenventiler an, trat auf die Kupplung, legte mit dem Handshifter den ersten Gang ein und entschwand freundlich winkend und knatternd von dannen.
Und mit „Quatsch“, hätte er absolut recht. Ich bin mit meiner 46er Flathead, einer 45Cui WLA die aus Brasilien kam und die ich selber aufgebaut habe ewig unterwegs gewesen, vom heissen Sommer bis zum Winter bei -10°.
Selbst wenn man mal liegen bleibt reicht eine Zange und ein Schraubenzieher um weiter zu kommen….old Harleys never die.