Dass der Österreicher Helmut Hafenscher alias „Hafi“ die hohe Kunst des Motorradveredelns beherrscht, das hat er schon mehrfach eindrucksvoll bewiesen. Heute zeigen wir die „Ant’n“, seine Harley-Davidson XL 1000 mit Ironhead-V2.
Hoch motiviert ging der Hobbyschrauber auf die Suche nach einem neuen Projekt. Während Hafi früher stundenlang die Internetforen nach einer brauchbaren Basis durchpflügte, war plötzlich alles anders. Wildfremde Personen, die Hafis Umbauten in unseren Magazinen oder auf Bikeshows gesehen hatten, boten ihm ihre Motorräder an.
Meist waren dies Maschinen, die schon ein paar Jahre in Garagen herumstanden und nicht mehr gebraucht wurden, oder es handelte sich um das Ende eines misslungenen Umbauversuchs. Den Zuschlag fürs neue Projekt erhielt ein Bike, das beide Kriterien vereinte – jahrelang stand die Ironhead nach offensichtlich gescheitertem Customizing in einem Schuppen und wartete auf eine zweite Chance.
Harley-Davidson XL 1000 – Bis zum Schluss perfekt gelaufen
Nach Angaben des Vorbesitzers war die Harley bis zum Schluss perfekt gelaufen. Ein Blick ins Motorinnere offenbarte jedoch etwas anderes. Tatsächlich war der Motor ein komplettes Wrack. Lager waren ausgeschlagen, die Welle des Kickstarters hatte gut fünf Millimeter Spiel, als Ursache des Ölverlusts wurde ein Riss im Motorblock festgestellt; von einer tolerierbaren Kompression ganz zu schweigen. Kurz, der Motor war ein Totalschaden und musste komplett neu aufgebaut werden.
Grundsätzlich stellen diese Arbeiten für Hafi kein Problem dar, doch sie waren vorab finanziell nicht eingeplant. Ganz anders sah die Sache beim Fahrwerk aus. Der Rahmen aus dem Jahr 1978 war unverbastelt und original. Dies sollte nicht lange so bleiben. Hafi schwebte die Idee eines sehr schlanken, klassischen Bikes vor. Dazu war es nötig, das Rahmenheck zu verschmälern.
Der Rahmen der Harley-Davidson XL 1000 wurde verschmälert
Knapp dreißig Millimeter wurden auf beiden Seiten entfernt und dann alles wieder fachgerecht verschweißt. So gelang es Hafi, eine zierliche Linie vom Heck bis zur Front zu schaffen. Natürlich zieht solch eine Aktion eine Vielzahl an anderen Arbeiten mit sich. Nur gut, dass sich in des Erbauers kleiner Werkstatt auch eine Drehbank befindet.
Da sich über die Jahre ein großes Ersatzteillager angesammelt hat, konnte der Österreicher aus dem Vollen schöpfen. Eine eigentlich neuwertige wunderschön verchromte Springergabel bekam den Zuschlag. Stoßdämpfer mit Cover wurden ans Heck geschraubt. In Hafis Sammelsurium befand sich auch eine Unzahl von Benzintanks.
Ironhead-Sportster mit Fahrstuhl-Hydraulikpumpen-Tank
Auch hier bekam das schmalste Teil den Zuschlag. Den Öltank fertigte er aber selbst, und zwar aus zwei Hydraulikpumpen eines Personenaufzugs, deren Gehäuse verschweißt und auch gleich mit einer außenliegenden Füllanzeige versehen wurden. Der Auspuff wurde ebenfalls in Eigenregie gefertigt. Alte Fishtail-Endtöpfe kürzte Hafi brutalst aufs Minimum und verband diese mit den Eigenbaukrümmern, in die Dämpfer eingelassen wurden.
Hafi hatte noch einen alten S&S-Vergaser herumliegen. Diesen schraubte er an den selbst gefertigten 90-Grad-Manifold. Der Luftfilterdeckel stammt von einer Honda CB 750 Four und war ursprünglich ein Ölfiltercover. Fußrasten, Griffe sowie den Kickstarter fertigte Hafi an der Drehbank. Das Cover für die hintere Felge stammt aus Frankreich und war eigentlich die Zierkappe eines Citroen-DS-Rades.
Eine Harley-Davidson XL 1000 namens Ant’n
Die Sitzplatte aus Alu war rasch gefertigt. Eigenbau ist natürlich auch der Heckfender, der im „Duck-Style“ das Hinterteil in Szene setzt. Duck = Ente = Ant’n in österreichischem Dialekt – somit stand der Name des Bikes fest.
Der Rahmen wurde sandgestrahlt und anschließend tiefschwarz lackiert. Als das Bike wieder fertig auf beiden Rädern stand, mit der verchromtern Gabel, den glänzenden Dämpfern, den Chromfelgen und dem wieder instand gesetzten und hochglanzpolierten Motor, war Hafi jedoch mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Das Bike war grundsätzlich fertig, doch es fehlte etwas. Es war nur ein „schönes Bike“ – mehr nicht. Etwas fehlte: die Faszination!
Steampunk-Style – Das war der Plan
Gut zehn Tage brauchte der Customizer, dann klickte es bei ihm. Steampunk-Style – das war sein Plan. Alle Chromteile kamen zum Sandstrahler und wurden „entglanzt“. Mit dem Propangas-Flämmer bearbeitete er die Teile und erzeugte so ein Farbenspiel von Blaugrau (340 Grad), Purpurrot (270 Grad) bis Gelbweiß (200 Grad). Als Abschluss wurde eine Schicht Ovatrol aufgetragen und sorgt so für eine Schutzschicht.
Der Rahmen wurde an einigen Stellen bis zur Grundierung angeschliffen und dann wieder mit mattem Klarlack überzogen. Die auf Hochglanz polierten Teile des Motors wurden mit Schleifpapier matt geschliffen und teilweise mit schwarzem Motorlack überzogen. Selbst gefertigte Öl- und Benzinleitungen fügen sich in das Gesamtbild perfekt ein, gemeinsam mit stoffummantelten Kabeln entstand eine klassische Linie.
Harley-Davidson XL 1000 mit perfektem Finish
Lederkünstler Nilo wurde mit der Anfertigung des ziemlich schrägen Sitzes beauftragt – das Ergebnis ist einfach geil. Hafis Frau Margit sorgte für ein perfektes Finish. Die Hobby-Airbrusherin versuchte sich erstmals an einer Pinseltechnik. Sie schuf das freche Tankdesign und auch das Pinstriping am Heck.
Als das Bike, zum zweiten Mal, wieder vollständig zusammengebaut auf der Hebebühne stand, war auch Hafi zufrieden, einer Probefahrt stand nichts mehr im Weg. Der Motor lief perfekt, der Auspuffsound war okay und auch in puncto Sitzkomfort hatte Hafi alles richtig gemacht. Allerdings zeigte sich jetzt ein massives Problem – der 1,98 Meter große und weit über hundert Kilo schwere Customizer passt nicht auf die zierliche Ironhead. Nur gut, dass Hafis Frau Margit und auch die gemeinsame Tochter einen Motorradführerschein haben.