Zwar ist die Gewichtsreduzierung für das hier vorgestellte Fahrzeug nicht sonderlich preisgünstig, aber dafür hochgradig effizient – dank Kohlefasern! Eine Harley-Davidson FXDR 114 auf Carbondiät.
Motorradteile aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) sind schon längst nichts Neues mehr, doch für Harleys gibt es fast gar nichts. Lediglich für die hierzulande recht beliebten V-Rods haben manche Aftermarket-Hersteller Carbonteile entwickelt, hinsichtlich der luftgekühlten Cruiser und Tourer aber schaut man in die Röhre. Und genau das sollte sich ändern.
Fünfzehnjährige Erfahrung im Composite-Bau
Protagonist hierfür ist Thomas Sigl, seines Zeichens Gründer und Chef der Firma Carbon Sigl GmbH, die ihren Sitz im oberpfälzischen Traitsching nahe Cham hat. Sigl kann auf eine mehr als fünfzehnjährige Erfahrung im Composite-Bau zurückblicken, davon dreizehn Jahre als Selbstständiger. Hilfreich für seinen Erfolg war sicherlich auch, dass er bei BMW zum Modellbaumechaniker ausgebildet wurde.
Danach folgte ein Grundstudium im Maschinenbau, bevor er zweieinhalb Jahre lang für ein Unternehmen arbeitete, das sich mit Composites, Design, Formen- und Modellbau beschäftigte. Das waren die Lehrjahre, danach machte er sich selbstständig. Inzwischen ist die Produktionsfläche seiner Betriebsstätte rund 1200 Quadratmeter groß, die Firma arbeitet mit drei Autoklaven, der größte davon misst 4,50 x 1,90 Meter. In Traitsching werden also keine kleinen (Carbonfaser-)Brötchen gebacken.
Harley-Davidson FXDR 114 auf Carbondiät
Lag sein Fokus bisher in der Herstellung von Sportmotorradkomponenten, will Thomas Sigl jetzt neue Wege gehen und knöpfte sich eine Harley-Davidson FXDR vor. Das Ziel war, die Harley abzuspecken und aufzuräumen, „sie sollte eine luftigere Optik bekommen“, so der Chef. Das Lastenheft war also formuliert: Klare Linien, viel Motor, wenige Anbauteile, wenige Zubehörteile, aber trotzdem ein eigener Stil. Müßig zu erwähnen, dass sämtliche Carbonteile nicht nur in Traitsching hergestellt, sondern auch dort gestylt wurden.
Der anspruchsvollste Technikbrocken ist wohl die komplett neu entwickelte Schwinge aus dem ultraleichten Carbonfasermaterial. Die Sigl’sche CFK-Schwinge wiegt gerade mal noch 2,9 Kilo, eine wahnsinnig positive Verbesserung, wenn man bedenkt, dass es sich dabei um ungefederte Masse handelt.
Mehrere Highlights an der Harley-Davidson FXDR 114
Gestalterisch gibt es drei Highlights an dem Bike, wobei der Autor dieser Zeilen immer noch nicht weiß, was er von dem annähernd gänzlich abgedeckten Hinterrad halten soll. Ganz großes Designkino dagegen ist das einarmige Schutzblech am Vorderrad, das zwar eigentümlich und ziemlich exzentrisch wirkt, aber mal was ganz anderes ist und sicherlich einwandfrei funktioniert.
Einen minimalen Fake gilt es im Hinblick auf den Tank zu vermelden. Derjenige Bestandteil des Monocoques, den man verständlicherweise für den Benzintank halten würde, ist eine Hülle. Das eigentliche Spritbehältnis sitzt darunter und ist wegen der TÜV-Verträglichkeit aus Aluminiumblechen zusammengeschweißt. Die Sitzplatte ist am Monocoque anlaminiert, sodass eine schwebende Optik entsteht.
Gewichtsreduzierung, Gewichtsreduzierung!
Hinzu kommen noch mannigfach Deckel an Motor und Getriebe, die zusammen mit all den anderen CFK-Teilen eine Gewichtsreduzierung von sage und schreibe 40 Kilogramm gebracht haben. Dazu Tom Sigl: „Das ist natürlich super, aber auch eine 265 Kilo wiegende Harley ist immer noch 65 Kilo zu schwer.“ Deshalb wird der Leichtbau-Aficionado auch nicht locker lassen; in Planung sind schon weitere Schritte, die die Räder und die Bremsen betreffen.
Und hier die gute Nachricht: Die Cover wie etwa die für die Rockerboxen oder auch die Abdeckung für den Primärtrieb und auch andere Kleinteile wird es bald auch einzeln zu kaufen geben. Auch eine TÜV-Freigabe für die Schwinge strebt die Firma aus der Oberpfalz an. Wer am gesamten Fahrzeug interessiert ist, kann gerne in Traitsching anfragen, sollte dann aber ein entspanntes Verhältnis zu Geld haben, denn sechsstellig wird’s dann schon.
Info | carbon-sigl.de