Was hat Don Performance getan, um die Harley-Davidson FXDR für den Achtelmeile-Sprint am Glemseck 101 vorzubereiten?

Es begann mit einer Harley-Davidson FXDR, dem selbsternannten Bad Boy Bike der Motor Company aus Milwaukee. Sie stellte dieses Bike, das keinen Namen, nur ein paar geheimnisvolle Buchstaben trug, im Jahr 2018 vor – nur um es drei Jahre später wieder aus dem Programm zu werfen. Auf der Basis des Milwaukee-Eight legte die FXDR ein paar Briketts nach. Der Motor wies 114 Kubikinch auf, das sind 1868 Kubikzentimeter, die Leistung lag bei 91 PS, wobei zu vermerken ist, das Harley seine Leistungsangaben für den Ausgang am Motor nennt. Es gibt auch andere Messungen der Leistung, und damit beginnt unser kleiner Exkurs im Motor-Tuning für die Achtelmeile.

Harley-Davidson FXDR mit knapp 300 Newtonmeter Drehmoment

Don Performance macht Motor-Tuning in Bremen. Um zu beweisen, was die Jungs um Andreas „Don“ Taphorn und Meister Daniel Fries können, schicken sie seit dem Jahr 2018 ihre Harley ins Rennen an das Glemseck. Ihre FXDR hat inzwischen 204 PS, also locker mehr als das Doppelte der Serienleistung. Ihr Hubraum liegt bei 128 Kubikinch, also bei knapp 2100 Kubikzentimetern. Das Drehmoment liegt bei der Serien-FXDR bei 160 Newtonmetern. Dons Powertracker weist knapp 300 Newtonmeter auf und würde eine theoretische Höchstgeschwindigkeit von 238 km/h liefern.

Der Hoosier-Reifen nach dem Sprintrennen. Wegen der extrem weichen Gummimischung ist er nun reif für die Tonne

So viel zu den Zahlen. Aber auch die müssen richtig gedeutet werden. Don misst seine Daten auf dem eigenen Leistungsprüfstand an der Kupplung. Vom Motor zur Kupplung gehen an die drei Prozent Leistung verloren. Für einen Vergleich muss das berücksichtigt werden, denn zur Orientierung an den Daten der originalen Harley-Davidson FXDR sind gut drei Prozent für Dons Softail hinzuzuaddieren. Nur zur Info: Auf dem Weg von der Kupplung zum Hinterrad gehen weitere zehn Prozent verloren. So unterscheiden sich die amerikanischen und die deutschen Leistungsangaben grundsätzlich. Don hat die Leistung des V2 für das Dragrace am Glemseck mithin verdoppelt.

Harley-Davidson FXDR starrgelegt

Was aber hat Don im Detail gemacht? Die Arbeiten beginnen am Fahrwerk. Eine Federung ist für einen Kurzstreckensprint nicht erwünscht. Sie führt zu Leistungsverlusten, wenn der Druck des Antriebs sich erstmal über die Federung zum Asphalt durchsprechen muss. Deshalb wird die Harley starrgelegt. Hinten entfällt das Federbein, vorne erfolgt die Starrlegung durch Wilbers „Zero Friction“-Federn und ein zusätzliches Zusammenziehen der Gabel mit einem Spanngurt.

Der Pneu bekommt 0,5 Bar. Nach der Erhitzung im Burnout kann der Druck auf 0,7 Bar ansteigen

Das Hinterrad wird natürlich neu bezogen, und zwar mit der besonders weichen Gummierung eines Hoosier-Reifens. Er hat das kantige Format eines Autoreifens, womit besonders viel Gummi direkt in den Asphalt greift. Kurven gehen damit natürlich nicht. Obendrein wird der Luftdruck auf 0,5 Bar abgesenkt, der nach der Erhitzung des Reifens im Burnout auf 0,7 Bar ansteigt. So klebt der Reifen noch besser.

Harley-Davidson FXDR mit S&S-Power-Package

Den Sekundärantrieb hat Don nach einigen Versuchen auf Kette umgerüstet. So kann mit dem Ritzel die Endübersetzung variiert werden. Im Rennen musste Thilo Günther trotzdem zweimal, also bis in den dritten Gang schalten. Jeder Schaltvorgang kostet jeweils Zehntel Zeit. Mit einem Schaltautomaten und einer weiteren Veränderung an der Übersetzung wollen Don und sein Mechaniker Daniel es schaffen, dass Thilo beim nächsten Mal nur noch einmal schalten muss.

Hier sind die Düsen für die Lachgas-Einspritzung zu erkennen. In der blauen Weiche vor dem Drosselklappengehäuse finden die Zuführungen von Lachgas und Kraftstoff zusammen

Der Motor ist mit einem Power-Package von S&S aufgeblasen. Die Bohrung ist damit von 102 auf 108 Millimeter erhöht. Der Hub bleibt identisch bei 114,3 Millimetern. Damit ist der Hubraum um runde 230 Kubikzentimeter erhöht. Die Kompression ist durch Überarbeitung des Zylinderkopfes natürlich ebenfalls erhöht worden, und zwar von 10,5:1 auf 11,7:1. Eine Screamin’-Eagle-Drosselklappe von 64 Millimetern Durchmesser ersetzt die Seriendrosselklappe von 55 Millimetern. So kann das Triebwerk mehr schlucken.

Harley-Davidson FXDR mit Lachgas-Einspritzung

Das muss es auch, denn zu der regulären Einspritzung gesellt sich noch eine Lachgas-Einspritzung. „Das ist längst nicht so aufregend wie der Laie vermutet“, erklärt Don. Wer meint, dass man einen Motor damit auf Knopfdruck zum Explodieren brächte, der hat zu viel „Fast and Furios“ gesehen. Tatsächlich ist Lachgas ein Sauerstoffträger, dem aber auch weiterer Kraftstoff hinzugeführt werden muss, damit nicht nur heiße Luft in den Brennraum kommt.

An der Schwinge befinden sich die Behältnisse für die Lachgas-Einspritzung. Die weiße Flasche enthält das Lachgas, die Trinkflasche enthält den Kraftstoff, im Kanister steckt die Steuerung für die richtige Mischung

So erklärt sich die Batterie von Behältnissen hinten links an der Schwinge: Eine Flasche enthält das Lachgas, eine den zusätzlichen Treibstoff – übrigens ganz regulär an der Tankstelle erhältliches Super Plus –, und im Kanister befinden sich Steuerungselektronik und -mechanik für die richtige Mischung. Die wird über außenliegende Leitungen vor der Drosselklappe dem Einlassschlund zugeführt.

Heiße Abgase strömen schneller, wenn sie heiß bleiben

Das Triebwerk verrichtet mit dieser nährstoffhaltigen Befütterung seine Arbeit. Was es ausspuckt, bedarf aber weiterer Betreuung. Das beginnt beim Hitzeschutzband an den Krümmern. Im Customizing wird es oft für die Show verwendet. Wirklich sinnvoll ist es nur im Rennbetrieb. Heiße Abgase strömen schneller, wenn sie heiß bleiben. So machen sie den Platz frei für die Abgase des nächsten Arbeitstaktes.

Kurvenfahren mit Dragrace-Reifen? Besser nicht, dafür gibt es ­tauglichere Gummis

Mit dem Thermo-Tec-Thermoband bleibt die Hitze im Krümmer erhalten. Die damit gewonnene Leistungsausbeute ist kaum messbar, sie kann aber das Quäntchen mehr Leistung erbringen, das zwischen erstem und zweitem Platz entscheidet. Die offenen Endrohre von Dr. Jekill & Mr. Hyde sorgen für den Schlussakkord. Für den Rennbetrieb müssen hier natürlich keine Klappensysteme arbeiten.

Ein Laie kann das nicht

All das will gesteuert und geregelt werden. Und da bewegt Don Performance sich auf heimischem Terrain. Was früher die Bedüsung eines Vergasers gewesen wäre, das ist heute das Mapping. Ein programmiertes Regelwerk steuert die Einspritzung von Kraftstoff abhängig von den Fahrzuständen, den Betriebstemperaturen und den Kommandos des Fahrers. Das Hirn dieser Steuerung ist nach wie vor ein schwarzer Kasten unter dem Sattel, aus dem Don mittels Laptop alle Daten herauslesen und nach Bedarf modifiziert wieder einspielen kann. Jede Änderung in der Hardware, sei es nur ein neuer Luftfilter, verändert auch die Bedingungen und erfordert damit eine neue Programmierung.

Krümmer, modifiziertes Drosselklappengehäuse, Nockenwelle von S&S und Lufteinlass. Das Hitzeschutzband um den Krümmer hat tatsächlich eine Funktion

Damit also verdient Don sein Geld, wenn Harley-Fahrer ihren Big Twin umgebaut haben und nun auch die Steuerungselektronik anpassen wollen. Ein Laie kann das nicht. Und mit der ultrapotenten FXDR stellt Don unter Beweis, dass er es kann.


Probieren und studieren

Sie sind Nachbarn. Keine hundert Meter von Don Performance entfernt ist die Werkstatt von Ulf Penner. Da sagt man sich öfter „Hallo“. Als Don selbst noch keinen Leistungsprüfstand hatte, durfte er seine Bikes auf den Prüfstand von Ulf stellen. Und es ist der Sohn von Ulf, der im Hause Don die Mappings programmiert. So landeten Komponenten von Dons Harley-Davidson FXDR auch immer wieder in der Werkstatt von Ulf, und der probierte manches aus, das es nicht auf den Dragstrip schaffte. So erklären sich die Bilder von der Softail mit Belt und Pulley auf dem Prüfstand. Und vor allem die vom offenen Einlass auf der rechten Motorseite.

Auf dem Dragstrip wird die Don-Harley mit einer Kette ­angetrieben

Sie begründen sich in dem Versuch, den Motor ohne Luft­filter atmen zu lassen und ihm obendrein noch eine zusätzliche Sauerstoffeinspritzung zu spendieren. Sie wäre dem Motor vor dem Ansaugtrichter über einen weiteren Einspritzungsring zugeführt worden. Nach den Versuchen stellte sich heraus, dass der Motor auch mit dem Luftfilter des S&S-Power-Packages auf seine volle Leistung kam. Das war ein bemerkenswertes Ergebnis, das uns wieder mal darüber belehrt, dass offenes Atmen nicht unbedingt das bessere Atmen ist. Auf dem Dragstrip fuhr die Don-Harley deshalb wieder mit ordentlichem Luftfilter.


Thilo Günther ist ein gefragter Fahrer für Motorradrennen. Wir haben uns mit ihm über den Ritt auf Dons Powertracker unterhalten

DM: Thilo, wie oft musst du vor ­einem Rennen aufs Klo?
Thilo: Einmal, dann ist´s gut. Nervös ist man immer, das muss auch so sein, und das geht auch nicht weg.

Wie wichtig ist die Nachtruhe?
Wenn es wirklich um was geht, geh ich schon früh ins Bett. Ich hab ein Wohn­mobil, da penne ich am liebsten. Don hatte fürs Glemseck ein Hotel gebucht. Das war sehr nett, aber ich hätte doch lieber in meinem Wohnmobil geschlafen.

„Ich mache das für den Spaß“

Wie viele Rennen fährst du im Jahr?
Früher war es mehr, da kam ich schon auf ein Dutzend Rennen im Jahr. ­Höhe­­punkt war sicher Pikes Peak in den USA. Das war richtig heftig, 20 Kilometer nur bergauf, einmal wurde ich Vierter, einmal Fünfter. Das war ein bisschen ärgerlich, ich hätte schon gerne einen Pokal gehabt. Ich war auch mal wie angestellt, da gab es aber keine Summe, von der ich hätte leben können. Jetzt mit 43 Jahren ist der Lack für den richtigen Rennsport ab. Ich muss das zum Glück nicht hauptberuflich machen. Ich krieg meine Aus­lagen bezahlt, und dann mache ich das für den Spaß!

Wie bist du in die Branche gekommen?
Ich fahr schon Motorrad, seit ich zwei Jahre alt bin. Ich kann alles: Cross, Super Moto, Enduro, Straße. Jetzt auch Drag Race. Wenn man in der Szene immer unterwegs ist, rutscht man eben einfach rein.

Thilo Günther

Man rutscht einfach rein?
Naja, ein bisschen engagiert muss man schon sein. Ich bin früher auch auf Messen rumgelaufen und hab versucht, Sponsoren aufzutreiben.

Wie bist du zu Don gekommen?
Don hat mich angerufen. Sein Freund Ulf Penner hatte mich auf „Wheels and Wake“ in Norddeutschland gesehen und hat mich ihm empfohlen.

Was unterscheidet ein Drag Race von anderen Rennen?
Auf der Straße kannst du auch mal Fehler machen, da hast du 20 Minuten, um das wieder geradezubiegen. Wenn der Start beim Drag Race scheiße ist, holst du das auf dem kurzen Stück gegen ein gleichwertiges Motorrad nicht mehr ein.

„Um ehrlich zu sein, das war mein erstes Drag Race“

Hast du vor dem Start Tunnelblick oder Kopfkino?
Einfach Tunnelblick. Nach vorne gucken. Auf das Mädchen gucken, auf die Flagge, dann passt das.

Klingt ziemlich gelassen.
Um ehrlich zu sein, das war mein erstes Drag Race. Das hab ich Don aber auch gesagt. Es lief auch noch nicht, wie es laufen muss. Wir hatten kaum Gelegenheit zum Trainieren. Einmal war Don mit der Karre zu mir gekommen, da bin ich dreimal auf der Straße gefahren, das war´s schon. Normal müsste man irgendwo auf einem Flugplatz trainieren. Don war trotzdem super zufrieden. Er hat mit seinem Powertracker nie besser abgeschnitten als mit mir auf dem dritten Platz.

„Schon mal gepatzt?“

Hast du schon mal besonders peinlich gepatzt?
Hab ich. Ich bin am Glemseck auch für andere gefahren, ich verrate jetzt nicht, für wen. Den Probelauf hatte ich da jedenfalls ohne Probleme gewonnen. Aber als es ernst wurde, hab ich noch mal geschaltet, als ich es gar nicht mehr gemusst hätte. Mit Schalten verliert man immer an Tempo.

Lässt man am Start die Kupplung springen oder gleiten?
Ich lass die springen. Oder? … richtig „springen“ würde ich doch nicht sagen, ich lasse halt schnell los. Ach, das kann man kaum richtig definieren, das ist ja mehr Instinkt. Du und das Motorrad sind eins, und dann geht’s los!

Wie kommt man nach so einem ­Rennen wieder runter?
Wenn’s gut gelaufen ist, dann freust du dich. Wenn du verlierst, dann nicht. Dann ist man ein bisschen enttäuscht. Man will ja schon gewinnen, wenn einem jemand alles stellt und bezahlt. Da ist man in Zugzwang. Aber auch eine Enttäuschung ist schnell wieder weg. Ich trinke nach einem Rennen auch kein Bier. Ein bisschen ­Wasser genügt, dann bin ich schnell wieder runter. Nach einem ersten Platz wär ich aufgedrehter.

Info | don-performance.com