Die Asien-Qualifikation in Kuala Lumpur für die Custombike-Weltmeisterschaft war eine hervorragende Gelegenheit für den Thailänder Thor aus Bangkok, sich mit den Besten Ostasiens zu messen. Denn in diesem Teil der Erde sind es nach wie vor die Japaner, die mit ihren Kreationen den Ton beim Custombike-Bau angeben. Der Eigenbau namens „Brass Knuckle“ musste sich nur knapp geschlagen geben.

Wie nicht anders erwartet musste sich Thor mit seiner Brass Knuckle mit dem zweiten Platz begnügen. Der Best-of-Pokal ging an einen Japaner. Für viele aber war Thor der moralische Sieger, schließlich verlor er nur gegen den unbesiegbaren Chicara, der 2006 in Sturgis bereits AMD-Weltmeister geworden ist. Zudem wurde Thors zweiter Platz noch mit einem Scheck über 10.000 US-Dollar versüßt. Und er erntete reichlich Respekt und Anerkennung durch die Mitstreiter, die Besucher und die Jury-Mitglieder – ein neuer Customstern war geboren!

Funktional wie auch optisch geteilt: die aluminiumfarbene Seite des Tanks dient als Ölbehälter

Thor interessierte sich schon früh für Motorräder. Er war erst 14 Jahre alt, als er sich sein erstes Motorrad, eine Kawasaki GPZ 400 R, kaufte. Offiziell fahren durfte er die zwar noch nicht, aber da, wo er aufwuchs, juckte es keine Menschenseele, dass er trotzdem fuhr. Später ging er für ein paar Jahre in die USA, wo er das Schrauben erlernte und von wo er sich bei seiner Rückkehr nach Hause eine XL 1000 aus dem Baujahr 1981 mitbrachte. In der Folgezeit schloss er sich in Thailand dem Club MC Heaven’s Devil an und lernte dadurch eine Menge thailändischer Harley-Fahrer kennen.

Die „Brass Knuckle“ wird von Kupfer, Messing und Aluminium beherrscht

Er fing an, deren Maschinen zu reparieren und irgendwann drängten ihn die Kumpels, doch einen eigenen Laden aufzumachen. Nach einigem Zögern eröffnete er schließlich im Jahr 1996 seinen Laden „Custom Heaven“ in Bangkok. Inzwischen ist er in der 15-Millionen-Metropole einer der bekanntesten Bike-Builder überhaupt und mit der „Brass Knuckle“ hat er seinen guten Ruf gefestigt. Bis auf wenige Teile wie Räder, Hinterradbremse und Motor ist das Bike ein kompletter Eigenbau. Die grazile Rahmenkonstruktion ist interessant, weil das Hinterrad an den beiden gebogenen Doppelrohrauslegern förmlich in der Luft zu hängen scheint.

Rundungen prägen die Formgebung des filigranen Eigenbaurahmens

Vorne geht es zwar etwas konventioneller zu, aber selbst der (eigenen) Springergabel hat Thor einen leichten Schwung verpasst. Überhaupt ist das Thema „rund“ sehr beherrschend, die anderen großen Themen heißen Kupfer, Messing und Aluminium. Thor hat das Bike optisch zweigeteilt: Die linke Seite ist sozusagen die Aluminiumseite, die rechte die Kupferseite. Tank, Sitz und Heckfender erstrahlen – entlang der Sagittalebene getrennt – in den genannten Materialien, dazwischen vermittelt ein Streifen Messing. Der Lack am Stahlrohrrahmen ist perfekt auf diese unterschiedlichen Farbtönungen abgestimmt.

Eine Knucklehead mit Stollenreifen

Um den vielen runden Formen etwas „Böses“ entgegenzusetzen, entschied sich der Thailänder, raue Stollenreifen von Maxxis aufzuziehen. Aus dem gleichen Grund sind der Tank, der hintere Teil des Oberrohrs und der Heckrahmen über und über mit kleinen metallenen Totenköpfen verziert. Die Kupplung wird konventionell mit der linken Hand betätigt, allerdings nicht mit einem Hebel, sondern per Drehgriff. Die einzige Bremse steckt im Hinterrad. Es handelt sich dabei um eine originale Trommel von Harley, die aber vom Hauptbremszylinder einer Evo beaufschlagt wird.

Zu der Knuckle-Style-Optik des Motors passt der altbackene Linkert-Vergaser

Apropos Evo: Auch das Fünfganggetriebe stammt von dem Urenkel des Knuckle-Style-Antriebs. Knuckle-Style deshalb, weil es ein moderner, neuzeitlicher Motor ist, der aber von einem schön altmodischen Linkert M 51 gespeist und per Magneto gezündet wird. Bleibt festzustellen: Mit dieser Knuckle hat sich der Thailänder zweifelsohne in die Riege der Top-Customizer hineingeschraubt.