Wer eine Harley-Davidson Fat Boy fährt, braucht kein Yoga, um eins zu werden mit Gott und der Welt. Das galt im Besonderen für die späte Twin Cam-Version …
Friedliche Passanten zucken regelmäßig zusammen, wenn eine Fat Boy in moderater Schräglage an ihnen vorbeischraddelt. Wie schon bei der ersten Version von 1990 schlagen die fetten Trittbretter auch bei den Modellen mit Twin-Cam-V2 in jedem popeligen Kreisverkehr mächtig Funken. Was das angeht, ist sich Harleys Heavy Metal-Bike bis zum Erscheinen der Milwaukee-Eicht-Version treu geblieben. Und auch sonst dürften Menschen, die nicht so sehr im Thema drinstecken, kaum einen Unterschied zwischen einer Ur-Fat Boy und einem Modell bis Baujahr 2018 ausmachen. Die seitherige Version ist weder optisch noch fahrwerkstechnisch mit den »alten« Fat Boys zu vergleichen und bleibt hier außen vor.
Aber auch bei den Twin-Cam-Modellen die bis 2017 gebaut wurden, beschränken sich die Gemeinsamkeiten lediglich auf die hinreißend massive Schwergewichtsoptik und das einmalig relaxte Fahrgefühl. Tatsächlich entspricht aber kaum eine Schraube mehr dem Ur-Modell aus dem Jahr 1990. Während damals noch der 1340er Evolution-V2 mit lächerlichen 45 PS (in der zugeschnürten Euro-Version) für Vortrieb sorgte, stellte die Fat Boy mit dem 103er Twin Cam berauschende 1690 ccm Hubraum mit knapp 80 Pferdestärken bereit. Mehr als genug für alles, was Harley fahren ausmacht.
Mehr Drehmoment für die Harley-Davidson Fat Boy
Fakt ist: Durch das damalige Motoren-Update vom 96 zum 103 Kubikinch Twin Cam-Motor legte die 330 Kilo schwere Stil-Ikone nur um drei PS an Leistung zu. Das spürt kein Mensch. Feinfühlige Reiter freuen sich aber sehr wohl an dem Plus an Drehmoment von sieben Nm, das nun 250 Umdrehungen früher anliegt. Konkret sprechen wir hier von satten 132 Nm bei moderaten 3.250 Touren pro Minute. Damit war das dicke Gerät durchaus erhaben genug motorisiert, um jederzeit souverän aus Kehren herauszubollern und beim Ampelstart jedem Reiskocher Paroli zu bieten – zumindest die ersten 20 Meter.
Trotz der begrenzten Schräglagenfreiheit fühlte sich die Fat Boy dank ihrer moderat breiten 17-Zoll-Reifen in kurvigen Gefilden pudelwohl. Dabei lies sich die Intensität der Kratzgeräusche prima variieren, was eher unterhaltsam als störend wirkte. Sie hielt sauber die Spur und lies sich erstaunlich behände und linientreu um die Kurven zirkeln. Lediglich bei üblen Frostaufbrüchen und herben Schlaglöchern machten sich die begrenzten Federungsreserven des Softail-Fahrwerks bemerkbar. Dann poltert das Dickschiff über die Buckelpiste und scheint sich an allen Ecken und Enden unbehaglich zu winden und zur Mäßigung zu mahnen.
Mit der Mutter aller Cruiser auf der Drehmomentwelle surfen
Aber wenn sich die Welt auf dem glänzenden Scheinwerfergehäuse formatfüllend spiegelt und die Mutter aller Cruiser genüsslich auf der Drehmomentwelle surft, stellt sich dieses pulsierende Glücksgefühl ein, dass nur ein V-Twin aus Milwaukee in dieser Intensität zu vermitteln vermag. Und selbst die Spaßverderber der Legislative konnten der Seligkeit dank überzeugendem Soundmanagement keinen allzu großen Strich durch die Rechnung machen.
Ohne den Mitmenschen über Gebühr auf den Sack zu gehen, bollert die Fat Boy ziemlich erregend aus ihren beiden Shotgun-Pipes. Seit dem Modelljahrgang 2010 gab es die Fat Boy (FLSTF) auch als Special-Version (FLSTB), die besonders in mattschwarz zeitlos schön ist. Mit edel satinierten Metalloberflächen und quasi chromlos zeigte sich das Schwergewicht so von seiner dunkelsten Seite. Nichts an diesem Motorrad verlangte groß nach Customizing. Von der großen „Kino-Lampe“ über die stämmig verkleidete Gabel bis zu den ausladenden Schutzblechen traf Harley-Davidson mit diesem betont maskulinen XXL-Look voll ins Schwarze.
Nicht die fat boy CVO screamin‘ eagle zu vergessen -auch heute noch ein Traumbike!