Frédéric Bertrand, a.k.a. „Krugger“, ist Belgiens bekanntester Customizer. Albert Alberti aus Lüttich, bereits Besitzer eines Krugger-Bikes, bestellte bei ihm einen Bagger auf Basis einer Harley-Davidson E-Glide, mit dem es möglich sein sollte, eineinhalb Mal rund um die Erde zu fahren!

Wenn man auf die letzten Jahrzehnte zurückblickt, hat Fred Bertrand niemals ein Motorrad zweimal gebaut. Technische Innovation ist eine Herausforderung, die ihn immer weiter treibt. Mehrmals unter den Top-3 der World Championships in Sturgis, gewann sein V-Rod-Projekt „VEON“ im Jahr 2010 den verdienten Titel. Mit „VEON“ definierte Fred die Funktion eines Motorradfahrwerks neu, es ist also nicht verwunderlich, dass auch seine „Bagger“ Premiere etwas radikaler ausfiel.

Kaum zu glauben – Harley-Davidson E-Glide als Basis

Eines der größten Mysterien dieses Projekts ist wohl, wie diese Maschine in die kleine Werkstatt in Basse-Bodeux in den belgischen Ardennen gepasst hat. Fred beginnt seine Projekte mit einer Karton-Silhouette in Originalgröße, welche er um den geplanten Rahmen formt, um die Proportionen abzustimmen. In gedimmten Licht schneidet Fred den Karton so zurecht bis die Form passt – einer der Gründe, warum die Bikes von Fred trotz ihrer extremen Technik auch eine in sich harmonische Formgebung besitzen.

Fred, dieser Fuchs, hat auf ein Windschild verzichtet. Recht hat er, so fährt’s besser!

Der Auftrag für diese Maschine war ohnehin „Neuland“ für den ehemaligen Autorennsport-Mechaniker: Ein Motorrad für eine Welt-Tour zu bauen. Eine Maschine, die sowohl auf Asphalt, Schotter, Dreck und Staub, bei Hitze, Regen und Schnee durch Täler und Berge rollt – möglicherweise mit Benzinqualitäten, die von jedem modernen Sportbike mit Abscheu wieder ausgespuckt würde. Freds frühere Kreationen waren nicht unbedingt zum Transport von Gepäck ausgelegt, geschweige denn für Beifahrer.

Eine rare CVO-Harley-Davidson E-Glide zu „schlachten“ gilt als Sakrileg

Kunde Alberti brachte die Basismaschine mit: Eine Harley-Davidson CVO-E-Glide des Modelljahrs 2006. Solch ein Schmuckstück für ein Custombike zu „schlachten“, gilt eigentlich als Sakrileg unter Harley-Fans, doch wenn Fred in Aktion ist, dann gibt es keinen Weg zurück. Der Serienrahmen wurde aufgeschnitten, tiefergelegt und fünf Zentimeter verlängert – die Geometrie wurde bestimmt durch das riesige 26-Zoll Vorderrad und ein 18-Zoll-Rad im Heck. Beide Räder sind ausgestattet mit der Beringer „Inboard“-Scheibenbremse. Diese Bremsen werden normalerweise zum Verzögern von Sportflugzeugen eingesetzt, Fred hat sie in einem seiner früheren Projekte erstmals in die Custombike-Szene eingeführt.

Kommandostand: sehr reichlich bestücktes Cockpit

Eine pneumatische Gabel von Arlen Ness vorn und Legend Air-Stoßdämpfer hinten heben und senken die Maschine um sieben Zentimeter. Genügend Leistung stand auf der Wunschliste des Kunden ganz oben. Man entschied sich für eine Turbo-Aufladung des ohnehin schon serienmäßig 1.690 ccm großen Motors. Für optimiertes Ansprechverhalten wurde der Lader so nah wie möglich an den Ein- und Auslassventilen montiert – mit 135 PS und 145 Nm am Hinterrad kann sich das Ergebnis sehen lassen!

Crossover-Tourer – Ein Dragger? Ein Baggster?

Deshalb wurde auch eine Kevlar Clutch von Barnett verbaut, um dieser Kraft gewachsen zu sein. Das neue Baker 7-Gang-Getriebe soll die Kraft gleichmäßig ans Hinterrad leiten. Betrachtet man die niedrige Silhouette der Frontverkleidung und den niedrig angebrachten Lenker, kann man dieses Bike eher als ein Crossover von Dragster und Bagger betrachten: So in etwa ein „Dragger“ oder ein „Baggster“?

Très chic: Schnittiges Heck mit mittigen Doppelauspuffenden

Die komplette Elektronik und Bowdenzüge sind weitestgehend versteckt. Die Bagger-Komponenten wie auch die Trittbretter stammen vom „Master of Customizing“ Arlen Ness. Fred adaptierte Arlens „Extreme Bagger Kit“ – bestehend aus Koffern und Heckteil – und baute sie für seine Bedürfnisse um. Die Auspuffführung durch die Packtaschen beschränkt den verfügbaren Raum für Gepäck, was sich auf Tour sicher bemerkbar machen wird.

Eine komplette Batterie von Instrumenten

Die modifizierte Lenkerverkleidung umfasst einen ultra-modernen Porsche 997 Scheinwerfer: Passend gekippt und gekürzt ist im Inneren der Electra-Glide-Verkleidung eine komplette Batterie von Instrumenten angeordnet: Benzin, Luftdruck, Geschwindigkeit, Drehzahl, Spannung, Batterie, Turbo-Ladedruck und Öltemperatur und der Zündschlüssel. Die Schalter sind in den Lenker eingelassen oder es sind Kippschalter mit Auslösesicherung in Militär-Standard verbaut – alles ausgelegt auf Zuverlässigkeit und Lebensdauer.

Turbo mit Ladeluftkühler

Die Lackierung, im markanten L2G8 Porsche-Grün gehalten, ist nach „Ferdinand“ Porsche benannt. Man muss kein Spezialist deutscher Sportwagen-Geschichte sein, um den typischen Turbo-Schriftzug auf den Packtaschen wiederzuerkennen. Mit einer Reiseroute von LA über den Arlen Ness-Shop in Dublin via Route 66 nach Milwaukee – und dann weiter nach New York wird der nordamerikanische Kontinent durchquert. Ausgenommen Afrika, werden Touren über jeden Kontinent führen: 60.000 Kilometer sind geplant. Ein harter Test für „Ferdinand“ – aber wer Fred Bertrand kennt, weiß, dass dieses Bike den Trip bestehen wird.

Info | krugger.net