Nach Jahren des Niedergangs war in Daytona diesmal wieder richtig die Hütte voll. Selbst Covid-19 war nicht flott genug, um die Biker aufhalten zu können

In ihrer Freizeit würde sie bevorzugt islamische Terroristen erschießen und Schwänze lutschen, sagte der Cowboy. Er hat sicher recht, denn er redet von der durchgeknallten Schabracke, die auch weit jenseits des Rentenalters mit außerordentlich großer Begeisterung beim Wet-T-Shirt-Contest performt. Mittels großflächig auf ihrem welken Schwabbelbauch aufgemaltem Hinweis sucht sie ganz nebenbei nach einem veritablen Fucker. Die sind so anders, die Amis.

Eher zum Fremdschämen – der Wet-T-Shirt Contest

Titten und kollektives Gegröle

Wir befinden uns auf der Main Street in Daytona Beach, genauer in Dirty Harry’s Saloon. Gerade hat die 79. Bike Week begonnen. Beim Anblick der übergewichtigen Trümmerlotten, die sich gerade unter dem kollektiven Gegröle der besoffenen Meute Eiswasser über die Titten gießen lassen, glaube ich ein Stück weit angekommen zu sein auf der diesjährigen Bike Week. „What can I do for you, Honey?“, säuselt die rattenscharfe Thekentussi. Jacky, please!

Großer Gott – ohne Worte

Ein lärmender Tross des Wahnsinns

Durch die Main Street rollt derweil der lärmende Tross des Wahnsinns: Schwarz, weiß, Frau, Mann, jung, alt, dick, doof – gerne auch mit Tier. Das Highlight 2020: Ein E-Glide-Gespann mit zweiachsigem Anhänger und großem Schlagzeugaufgebot samt Mega-Soundanlage obendrauf. Im Beiwagen chauffiert der Honk tatsächlich ein ausgewachsenes lebendes Pony – für den armen Unpaarhufer sicher ein Fest für alle Sinne … als wäre die Soundkulisse hier nicht ohnehin schon kaum auszuhalten.

Schlagzeug, Soundanlage … und ein Pony

Bikervolk wie beim Jüngsten Gericht

Die Harleys bollern wie blöd, die Langschwingen-Hayabusen röhren sich einen ab, während jeder zweite Bagger noch für zusätzliche High-End-Beschallung sorgt. Sweet Home Alabama versus Snoop Doggy Dogg. Von rechts tauchen zwei komplett Irre auf, die einen riesigen Schilderturm buckeln, der wenig dezent darauf hinweist, dass bald Judgement Day sei und Gott dann über uns richten werde. Diese Botschaft wird natürlich per Megafon aufs völlig uninteressierte Bikervolk gebrüllt; sie geht dennoch komplett unter, nach Erlösung steht hier gerade niemandem der Sinn.

Auch Stangentanz funktioniert während der Fahrt

Nerviger Scheiß mit Stützrädern

Wo wir gerade bei nerviger Scheiße sind: Was sollen diese Armaden aus Dreirädern auf der Bike Week? So viel Gebrechlichkeit kann es auf der ganzen Welt nicht geben, dass es dieses scheinbar unaufhörlich steigende Aufkommen an Trikes erklären könnte. Nichts gegen einen klapprigen Biker, der sein Bike nicht mehr richtig halten kann und lieber mit ’nem Servicar unterwegs ist als sich in ein SUV zu setzen. Aber auch Leute, die das Gleichgewicht eigentlich noch halten können müssten, fahren scheinbar freiwillig mit Stützrädern. Am schlimmsten sind diese Slingshots mit einem Rad hinten und Autoachse vorn: Die Dinger sehen aus wie ein Raumschiff aus einer Zeit, die niemals kommen wird, verkaufen sich aber wie blöd. Immerhin verdient der Polaris-Konzern damit richtig Asche und kann sich so sein Motorrad-Hobby leisten und schön fett in Indian investieren. Schon beeindruckend, wie sich die Marke in den paar Jahren seit dem Comeback etabliert hat. Kaum eine Bikerhood, in der nicht ein oder zwei Chiefs oder Scouts am Start sind.

Kraut-Meeting immer Donnerstags 12 Uhr

BMW does America

Geht es nach BMW, wird sich da demnächst auch reichlich Big-Boxer-Wummern hinzugesellen. Mit ihrer neuen Cruiser-Linie wollen die Bayern ganz groß bei der Easy-Rider-Fraktion aufschlagen. Zur Einstimmung haben sie das aktuelle Concept-Bike auf einen alten Dodge Pickup geschnallt und kommentarlos an diverse Hot-Spots gestellt. Gelungene Aktion, die Mühle war stets umlagert.

Stand der Dinge: 34 Zoll vorne

Bagger-Mania mit 34 Zoll

Apropos Trends: Die Bagger-Mania hält an, inzwischen sind wir bei Vorderrädern mit 34 Zoll (!) angekommen. Zusätzlich scheint es vorne jetzt auch in die Breite zu gehen, wir haben nicht wenige 180er Schlappen gesehen, die in der Forke klemmten. Die Vielfalt an Frontverkleidungen und spacigen Koffer-Topcase-Kombinationen scheint unermesslich. Auch der Clubstyle ist unübersehbar weiter auf dem Vormarsch. Beide Touring-Typen werden natürlich gerne mit einer ordentlichen Lightshow mit farbigem LED-Laser-Hastenichgesehen-Licht nachgerüstet … wem’s gefällt.

Swap-Meets Richtung Tomoka-Farms

Fressen, Saufen, Mucke und Mopeds

Wem es nicht gefällt, der macht sich auf in Richtung Tomoka Farms zum Swap Meet. Dort gibt es alles für Panheads, Shovels und Evos. Vom Stirnrad für eine 66er Ölpumpe über durchgenudelte Stoßdämpfer bis zum halbfertigen Rollin’ Chassis lässt sich hier stundenlang in alten Brocken stöbern, wenn einem der Bike-Week-Trouble auf den Sack geht. Mal abgesehen davon, dass Motorradfahren in Florida mangels Berge und Kurven ziemlich öde ist, bleibt für Langeweile keine Zeit. Unzählige Nester im Umkreis von gut 100 Kilometern sehen sich als Teil der Bike Week und buhlen mit Bikeshows, Swap Meets und „Special-Events“ um das erlebnishungrige Bikervolk. Allen gemein sind vollmundige Ankündigungen, vieles stellt sich aber als reichlich erbärmlich heraus. Am Ende ist es überall das Gleiche: Fressen, Saufen, Mucke und Mopeds, abends Lagerfeuer. Eigentlich geil!

Geile Konstruktion

Auf zum Achzigsten!

Wie überhaupt diese 79. Bike Week ein sonniger Knaller war, der lange in Erinnerung bleiben wird. Vielleicht auch, weil es für unbestimmte Zeit die letzte große, unbeschwerte Moped-Sause war. Also dann, hoffentlich bis zum Achzigsten im nächsten Jahr: 5. bis 14. März. So das Corona-Virus will …

Erst am letzten Tag schlug Corona zu …

 

 

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