Nach mehr als 20 Jahren erscheinen DREAM-MACHINES und CUSTOMBIKE ab sofort in einem neuen Verlag. Unsere langjährigen Kollegen Katharina Weber und Carsten Heil haben sich die Lizenzrechte gesichert, um DREAM-MACHINES und CUSTOMBIKE wieder an den Markt zu bringen. Fragen und Antworten zum Neustart.

Nach 40 Jahren seines Bestehens musste der Huber Verlag, bei dem DREAM-MACHINES und CUSTOMBIKE erschienen, Insolvenz anmelden. Wie kam es dazu?

Carsten Heil: Um es einfach auszudrücken: Der Verlag war schlicht zu groß geworden. Als Katharina und ich in den 90er Jahren dort angefangen haben, waren wir eine kleine, eingeschworenen Truppe von etwa einem Dutzend Enthu­siasten, die bis hin zum Etikettieren der Aboauflage alles selbst gemacht haben. Am Ende waren wir über 70 Angestellte, brachten zwischenzeitlich neun Magazine raus und haben uns mit dem riesigen Onlineshop, den Großveranstaltungen, den ganzen Heftproduktionen samt Betreuung der Internetseiten, einer Modellagentur und einigen eher skurrilen Projekten verzettelt. Diesen ganzen Apparat am Laufen zu halten, hat das Geschäft letztlich nicht hergegeben, am Ende stand die Zahlungsunfähigkeit.

Katharina Weber: Dass eine Insolvenz ein ziemlich schmutziges Geschäft sein kann, dürfte hinlänglich bekannt sein. Aber wie das bei uns abgelaufen ist, war doch ziemlich heftig. Als der Huber Verlag Anfang Februar Insolvenz anmeldete, sah die Sache zunächst gar nicht so dramatisch aus. Es sollte ein Investor gefunden werden, der den Verlag als Gesamtes übernimmt und ihn wieder in sichere Fahrwasser bringt. Wir haben weiter unsere Magazine produziert, alles war eigentlich wie immer. Als allerdings die Suche nach einem Investor endgültig fehlgeschlagen war, ging es auf einmal ganz schnell.
Am 26. Juni erfuhren wir in einer Betriebsversammlung, dass der Verlag zum 1. Juli geschlossen wird, wir allesamt unsere Jobs verlieren und die Arbeit an unseren Magazinen mit sofortiger Wirkung einstellen müssen. Uns blieben letztlich drei Tage Zeit, unsere Büros zu räumen und uns arbeitslos zu melden. In meinem Fall ist es zum Beispiel so, dass ich nach 24 Jahren meinen Job verloren habe, de facto fristlos, ohne jegliche Abfindung, mit knapp 200 Überstunden und jeder Menge Resturlaub auf dem Personalkonto. Und ich bin da absolut kein Einzelfall.

Katharina Weber und Carsten Heil waren langjährige Angestellte des Huber Verlages in Mannheim und führen nun gemeinsam die „Garage21“, in der DREAM-MACHINES und das Schwestermagazin CUSTOMBIKE erscheinen

Nach so langer Zeit so ein bitteres Ende, das schmerzt sicher …

KW: Das tut es. Aber richtig ärgerlich war, dass uns keine Möglichkeit gelassen wurde, uns von unseren Kunden, Partnern und vor allem Lesern vernünftig zu verabschieden. Es gab die Magazine ja quasi über Nacht nicht mehr, also keine Chance, sich in den Heften zu erklären. Uns blieben am Ende nur unsere Social-Media-Kanäle, um zu informieren. Aber dort erreicht man natürlich längst nicht alle.

CH: Die Verlierer in der Sache sind am Ende wir als ehemalige Arbeitnehmer, genauso wie die treuen Kunden des Huber Verlags, der immerhin über vierzig Jahre existiert hat und in all der Zeit die Magazine immer pünktlich in den Handel und zu den Abonnenten geliefert hat.

Der Insolvenzverwalter hat uns mitgeteilt, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Adressen an uns weitergegeben werden dürfen

Apropos Abonnenten, was passiert mit den bisherigen Abos?

CH: Der Insolvenzverwalter hat uns mitgeteilt, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Adressen an uns weitergegeben werden dürfen, wir dementsprechend auch die alten Aboverträge nicht übernehmen dürfen. Angeblich wurde einem Teil der Abonnenten Geld zurückerstattet, je nach Zahlungsform. Ob aus der Insolvenzmasse am Ende noch Geld zurück an ehemalige Abonnenten fließt, wissen wir nicht.
So etwas widerspricht komplett dem Gebahren des alten Verlags, der dies­bezüglich immer sauber agiert hat.
Wer weiß, wie wichtig Abonnenten für Magazine wie unsere sind, kann sich vorstellen, wie hart es ist, nun bei Null zu starten. Da wird noch einiges an Arbeit nötig sein, um den entstandenen Vertrauensverlust wieder gut zu machen – auch, wenn wir als Blattmacher normalerweise mit diesen Vorgängen überhaupt nichts zu tun haben.

Wie kam es dazu, dass ihr die Titel CUSTOMBIKE und DREAM-MACHINES übernehmen konntet?

KW: Tatsächlich war das im ersten Schritt vor allem eine Bauch- und Herzensentscheidung. Schnell wurde uns außerdem klar, dass wir nicht wollen, dass unsere Magazintitel in die Hände von windigen Investoren oder Mainstream-Medienunternehmen geraten – was durchaus zur Disposition stand. Zum Glück konnten wir aufgrund unserer sauberen Verlagsvergangenheit schnell eine Einigung über die Lizenzrechte erzielen, die nun unbefristet in unseren Händen liegen. Damit begann der Startschuss zum Neustart der Magazine. Seit vier Monaten arbeiten wir Tag und Nacht daran, alles aus eigener Kraft auf den richtigen Weg zu bringen. Zum Glück erfahren wir dabei viel Unterstützung von unseren Lesern, genauso wie von Customizern, Motorradhändlern, Schraubergemeinschaften und vielen mehr.

CH: Wir sind gute Freunde und kennen uns seit über zwanzig Jahren. Wir waren beide langjährige Angestellte des Huber Verlags und teilen nicht nur die Leidenschaft für die Motorradszene, sondern auch die für gedrucktes Papier. Am 1. September haben wir unsere Firma, die „Garage21 GmbH“ gegründet, die wir gleichberechtigt führen und unter deren Dach unsere Magazine erscheinen werden. Unser kleines Team haben wir sorgsam zusammengestellt, mit allen haben wir schon im alten Verlag viele Jahre lang zusammengearbeitet.

Die Magazine erscheinen nun unter dem Dach der Garage21

Damit verbunden war der Umzug von Mannheim nach Hockenheim?

CH: Ja, wobei zwischen altem und neuen Verlag kaum mehr als zehn Kilometer liegen. Wir haben ein Büro in Steinwurfweite zum Hockenheimring gemietet. Nicht, dass wir jetzt ständig Rasten schleifen wollten, aber die Luft dort ist so wohltuend inspirierend. Vor allem während der NitrOlympX …

Wie geht es online weiter?

CH: Auch was das angeht, sind wir ein Opfer der Insolvenz geworden – die alten Webseiten wurden einfach abgeklemmt. Aber wir wissen natürlich, dass ein gutes, digitales Angebot genauso wichtig ist wie starke Printtitel. Wir sind mit CUSTOMBIKE und DREAM-MACHINES pünktlich zum Heftstart wieder online. Die Seiten wurde komplett neu aufgebaut und werden täglich mit neuen Artikeln gefüttert. Dazu haben wir natürlich noch einige Ideen für die Zukunft unserer Online-Aktivitäten, aber jetzt steht erstmal die Basisarbeit bezüglich des Aufbaus unserer Firma und dem Restart unserer Printmagazine im Vordergrund. Je schneller wir da in der Spur sind, desto schneller können wir auch digital nachlegen.

Die Garage21 liegt in Steinwurfweite zum Hockenheimring. Hier werden CUSTOMBIKE und DREAM-MACINES im monatlichen Wechsel produziert

Wie seht ihr generell die Entwicklung im Printbereich?

KW: Nicht so kritisch wie viele andere. Und ich hätte sicher nicht Haus und Hof verpfändet und wäre dieses enorme Risiko eingegangen, wenn ich nicht an gedruckte Magazine glauben würde. Tatsache ist, wir haben in Deutschland einen der größten und stärksten Zeitschriftenmärkte weltweit. Gerade im Nischen- und Special-Interest-Bereich, in dem sich unsere Magazine bewegen, sieht es nicht so düster aus. Zwar haben auch wir in den letzten Jahren Leser verloren, aber bei Weitem nicht in der Menge wie Magazine in anderen Sparten. Wir sprechen eine gefestigte Szene an, die sich den Luxus einer handwerklich gut gemachten Informationsquelle gern leistet, die Magazine sammelt und immer wieder auch in alten Ausgaben blättert. Alles Dinge, die Facebook, Instagram und Co. nicht bieten können, weil man dort doch letztlich schon heute vergessen hat, was man gestern noch mit einem Daumen nach oben geadelt hatte. Gerade weil sich die Welt der Informationen immer schneller dreht, ist der Griff zum Magazin nicht nur herrlich oldschool, sondern eben auch eine echte Konstante.

CH: Vielleicht werden sich die Vertriebswege für Zeitschriften irgendwann ändern müssen. Es ist ja auch nicht mehr zeitgemäß, 25.000 Hefte zu drucken und an möglichst viele Tankstellen, Supermärkte und Kioske zu stellen, um später die Hälfte davon in den Müll zu schmeißen. Wenn man sich heute ein LED-Lämpchen für vier Euro aus China nach Hause schicken lässt, kann man sich wohl auch seine Zeitschrift vom Postmann liefern lassen. Und vielleicht produziert man in ein paar Jahren nur noch für einen exklusiven Kreis an Abonnenten oder macht nur noch zwei richtig fette Ausgaben im Jahr? Wir werden sehen …

Wir hatten zwar Gespräche mit potentiellen Investoren und Großverlagen, aber uns war schnell klar, dass wir komplett unabhängig bleiben wollen

Ihr habt den ungewöhnlichen Weg eines »Crowdfunding« gewählt, um die Magazine wiederzubeleben. Was hat es damit auf sich?

KW: Eine Firma zu gründen, Magazine zu produzieren und drucken zu lassen und alles auf den richtigen Weg zu bringen, kostet eine Menge Geld. Wir beide haben weder fette Sparkonten, noch rennen dir die Banken die Türen ein, wenn du aus der Arbeitslosigkeit heraus ein Unternehmen gründen willst. Wir hatten zwar Gespräche mit potentiellen Investoren und Großverlagen, aber uns war schnell klar, dass wir komplett unabhängig bleiben wollen. Crowdfunding, also die Unterstützung der Masse, ist da eine gute Möglichkeit, benötigtes Kapital zu beschaffen. So haben wir unsere Kampagne, über die man sich schon die ersten Heftabos sichern konnte, im August gestartet.

CH: Wir wussten am Anfang nicht, ob unsere Kampagne erfolgreich werden würde. Das waren also schon fünf nervenaufreibende Wochen, bis das Ergebnis feststand. Aber am Ende hatten wir knapp 1000 neue Abonnenten, was wirklich beachtlich ist, wenn man bedenkt, dass da ja noch kein Verlag gegründet war. Neben den finanziellen reinen Einnahmen war das vor allem auch ein absolutes Votum für den Erhalt unserer Magazine, was uns sehr stolz macht. Denn unseres Wissens nach ist unsere Aktion ein ziemliches Novum in der traditionellen, deutschen Magazinlandschaft.
Letztlich hat die Motorrad- und Custom­szene eindrucksvoll entschieden, dass unser Weg mit der Insolvenz des alten Verlages noch nicht zu Ende ist und dass es sich lohnt, für Motorrad- und Printkultur zu kämpfen. Und es gibt uns alle Kraft, mit euch gemeinsam neu durchzustarten. Wir sehen absolut optimistisch in die Zukunft und werden noch viel Spaß miteinander haben, versprochen!