Manchmal musst du sieben Mal hinfallen und acht Mal aufstehen, um zu erkennen, dass du dein Traumbike möglicherweise nicht über den allgemein üblichen Weg des Kommerzes kaufen kannst. Denn auch wenn sich diese Harley-Davidson Softail nahezu perfekt präsentiert, ist mit ihr doch eine recht ungewöhnliche Geschichte voller Schweiß, Enttäuschungen und unvorhersehbarer Klippen verbunden.

Als Teilhaber einer Werbeagentur besitzt Gregor nicht nur ein sehr feines Gespür für gesellschaftliche Strömungen, sondern steht allem Neuen mit einer ausgesprochen offenen Haltung gegenüber. Was Motorräder angeht, so ist er klarer Fan der kalifornischen Subkultur.

Harley-Davidson Softail statt Sportster Forty-Eight

Seine ersten Harley-Erfahrungen brachte er auf einer Sportster Forty-Eight hinter sich, angesichts seiner Körpergröße aber nicht so ganz das Wahre. So kaufte sich Gregor eine 97er-Softail und richtete seinen Focus anschließend auf die angesagten Schrauberbuden des Ruhrpotts.

»Ich habe Lehrgeld bezahlt. Bis meine Harley wirklich so aussah und lief wie gewünscht, verging dann doch etwas mehr Zeit als eigentlich geplant«

Auf diversen Treffen knüpfte erste Kontakte und es schien, dass sich seine Vorstellungen mit Hilfe der Schrauber vor Ort verwirklichen lassen würden. Soweit der Hintergrund unserer Geschichte. Eine Einleitung, die überflüssig gewesen wäre, hätte es nicht in der Folge Probleme in der Umsetzung von Gregors Vorstellungen gegeben.

Harley-Davidson Softail im Powerplant-Stil

Absurderweise bildete dabei gerade die Klarheit dieser Vorstellungen den zentralen Punkt, der sich in der Folge entwickelnden Probleme. Gregor wusste sehr genau, wohin die Reise gehen sollte, fühlte er sich doch von den Bikes von Powerplant Choppers inspiriert – die angestrebte Formensprache war damit klar.

Wer nicht ewig reparieren will, sollte bei der Suche nach einer Basis eine Entscheidung zugunsten eines modernen Motors fällen. Dass man auch darum ein feines Motorrad stricken kann, beweist die Softail eindrucksvoll

Was nun genau zwischen Gregor und dem Kopf der Werkstatt, die sich Georg zur Umsetzung seiner Ideen ausgesucht hatte, quer lief, lässt sich in der Rückschau nur schwer sagen. Auch wenn man sich dort gegenüber Gregors Ideen anfangs durchaus offen zeigte, sollte der Aufbau sehr schnell eine andere Richtung einschlagen.

Harley-Davidson Softail – Fahrmaschine mit Abstimmungsproblemen

Statt eine möglichst einfache und zuverlässige Fahrmaschine auf die Räder zu stellen, nahm das Projekt schnell an komplizierter Technik und damit einhergehenden Abstimmungsproblemen zu. Spätestens aber zu dem Zeitpunkt, an dem die Powerplant-Vorlagen von der Pinnwand des Customizers verschwanden und sich stattdessen die Idee eines Bikes im Frisco-Stil entwickelte, wäre für Gregor der Zeitpunkt gekommen gewesen, auf die Bremse zu treten.

Bei Boss Performance Cycles in Hamminkeln entstanden Hingucker wie Auspuffanlage und Tank, andere Teile sind gute Katalogware. Für eine alltagstaugliche, zugelassene Harley darf man sich zum Beispiel beste PM-Bremsen gönnen

Die Tatsache, dass er diesen Zeitpunkt ungenutzt verstreichen ließ, sollte ihn zwar einiges an Euro kosten, ihn jedoch gleichzeitig mit einer Reihe unbezahlbarer Szeneerfahrungen belohnen. Das äußere Erscheinungsbild der Softail sollte optisch an die nun angestrebte Linie angepasst werden.

Glänzende Oberflächen wurden von Hand mattiert

Dazu wurden zunächst alle glänzenden Oberflächen und Deckel des Motors und des Getriebes gestrahlt und danach von Hand mattiert. Auch die Behandlung des Rahmens kann im Rückblick als mild bezeichnet werden. Zwar wurden alle überflüssigen Anbaupunkte sowie die Fenderstruts entfernt, doch wurde darauf geachtet, alle Arbeiten möglichst unsichtbar zu erledigen.

Die zurzeit gerade bei Oldschool-Umbauten gern genommenen »Electroline«-Scheinwerfer gibt es mittlerweile als neue Retroteile zu kaufen

Bei der Frage, den Rahmen mit Kunststoff zu beschichten oder in ein schwarzes Lackkleid zu tauchen, wurde der samtigen Oberfläche des Lacks der Vorzug gegeben. Da sich die ausführende Werkstatt vor allem für ihre Blecharbeiten rühmt, war es eine Selbstverständlichkeit, dass Tank, Öltank und Heckfender auf der hauseigenen Werkbank entstehen sollten.

Harley-Davidson Softail mit klassischem Tropfentank

Den Reigen dieser Arbeiten eröffnete ein Tank in klassischer Tropfenform. Extrem schmal gehalten und hoch auf dem Rahmenoberrohr angebracht, zitiert er die Formensprache des anvisierten Frisco-Stils – gefolgt vom ebenfalls schmalen Heckfender.

Anders sieht’s beim Tankdeckel aus, der ist eine handwerkliche Einzelleistung. Im Zusammenspiel passen Kaufteile und aufwändig gearbeitete Details aber wunderbar zusammen

Beides wurde mit einer eigens für dieses Projekt entwickelten Oberflächengestaltung versehen und anschließend mit Candylack und zahllosen Klarlackschichten versiegelt. Die vom Lackierer benötigte Zeit wurde zur Herstellung eines Edelstahlöltanks genutzt, der zwar die Form eines klassischen Horse-shoetanks aufnehmen, sich jedoch auf Grund seiner abgeänderten Linienführung wesentlich harmonischer in den Rahmen einfügen sollte.

Ansprechender Mix aus Edelstahl und Messing

Die ebenfalls aus Edelstahl gefertigte Auspuffanlage wurde danach ebenso wie die Produktion aller noch erforderlichen Halterungen als eine der leichteren Übungen betrachtet. Wie bereits an den anderen von Hand gefertigten Teilen, kam auch hier ein die Sinne des Betrachters ansprechender Mix aus Edelstahl und Messing zum Einsatz.

Der Tank in klassischer Tropfenform. Extrem schmal gehalten und hoch auf dem Rahmenoberrohr angebracht, zitiert er die Formensprache des anvisierten Frisco-Stils – gefolgt vom ebenfalls schmalen Heckfender

Der ursprüngliche Gedanke einer stark modifizierten Springergabel wurde zugunsten der wesentlich klareren Linie einer schmalen Telegabel wieder aufgegeben. Bei den Abmessungen der ebenfalls eigens für dieses Projekt angefertigten Gabelbrücke orientierte man sich an den schmal bauenden Sportstergabeln der 70er Jahre.

Unzulänglichkeiten in den Fähigkeiten der Werkstatt

An dieser Stelle zeigten sich dann auch die ersten Unzulänglichkeiten in den Fähigkeiten der ausführenden Werkstatt. Statt sich direkt einer Sportstergabel zu bedienen, wurde eine eigens zu fräsende Gabelbrücke in Auftrag gegeben, die dann auf Grund falscher Maße dreimal gefräst werden musste, um am Ende nicht nur an der nicht passenden Bremsanlage, sondern auch an der fehlenden TÜV-Bescheinigung scheitern sollte.

Um die Bodenwellen in San Francisco lässig zu nehmen, setzen Friscochopper auf einen kurzen Radstand, ein größeres Vorderrad oder eine etwas längere Gabel sowie einen Lenker in moderater Höhe. Dazu ein feiner, zuverlässiger Motor und schon ist das Thema perfekt für den Alltag auf deutschen Straßen adaptiert

Dabei stellte der Ärger um die Gabel jedoch nur die Spitze des Eisberges dar. Der Aufbau zog sich nun bereits über eineinhalb Jahre hin und nach zahlreichen, nicht gehaltenen Terminen lagen auf beiden Seiten die Nerven blank.

Harley-Davidson Softail – Projekt gescheitert

Irgendwann sah sich Gregor gezwungen, die Zusammenarbeit zu beenden und das Projekt mit Unterstützung von Timm Lösenbeck in dessen Zweiradschmiede zum Abschluss zu bringen. Die Begutachtung der bereits geleisteten Arbeiten wurde von dem erfahrenen Schrauber lediglich mit einem Achselzucken und der Feststellung kommentiert, dass hier einiges zu korrigieren sei. Und so machte man sich erneut an die Arbeit. 

Die Harley-Davidson Softail Frisco Chop ist leichter als eine Serien-Sportster mit Fuel-Injection

Neben dem Problem mit der Gabel, die von Timm letztendlich einfach durch eine originale Sportstergabel ersetzt wurde, sollten in der Zweiradschmiede in den kommenden Wochen alle TÜV-relevanten Teile geändert, angepasst oder auch komplett neu gefertigt werden.

Am Ende das Projekt in die eigenen Hände genommen

Darüber hinaus begann Gregor unter Anleitung eines bereits in den Ruhestand getretenen Harleyschraubers die ein oder andere Aufgabe in Eigenarbeit abzuarbeiten. Fragt man Gregor nach dem Fazit des ganzen Projektes, dann stellt sich für ihn die Tatsache, dass er das Projekt am Ende in die eigenen Hände genommen und zum Abschluss gebracht hat, als positiver Entwicklungsprozess dar.

Sehr hübsch: Fender und Rücklicht stammen von Boss Performance Cycles

Vieles hätte man sich ersparen oder auch deutlich anders machen können, doch um das zu erkennen, benötigte es Zeit und auch Erfahrung. Dass Gregor innerhalb dieses Entwicklungszeitraums nicht die Lust an seinem Projekt verloren hat, spricht für seine Persönlichkeit.

Eine alte Shovel soll nun in Eigenregie aufgebaut werden

Die Tatsache, dass er sich darüber hinaus inzwischen eine alte Shovel in die Garage gestellt hat, um diese in Eigenregie aufzubauen, betrachten wir als Beleg dafür, dass Gregor als aktives Mitglied in der bunten Welt der Custombikes angekommen ist.