Dieser Clubstyle-Umbau einer Harley-Davidson Low Rider S setzt ungewöhnliche Akzente mit echter 24 Karat-Vergoldung.

Diejenigen Kunden sind den Customizern die liebsten, die mit ganz konkreten Umbauvorstellungen in den Shop kommen. Es spart allen Beteiligten Nerven und Zeit, wenn jemand genau weiß, was er will. So jüngst geschehen in Frankfurt am Main. Ein mehr als treuer Kunde und alter Freund der Frankfurt Factory zeigte den Jungs dort ein Foto aus einem amerikanischen Biker-Magazin, auf dem unschwer eine Low Rider im derzeit angesagten Clubstyle erkennbar war.

Harley-Davidson Low Rider S mit 124 Kubikinch

Die Maschine auf dem Foto trug eine typische Airbrush-Lackierung im Stil der japanischen Kamikaze-Flieger des Zweiten Weltkrieges sowie ganz ganz viel Bling-Bling mit in gold eloxierten Anbauteilen. So was in der Art wollte der Kunden haben, aber als absolutes Unikat. Als weiteres Muss stand im Lastenheft ein bäriger Motor mit einer Menge Leistung und wahnsinnigem Bumms. Über 200 Newtonmeter sollten es schon sein.

Durch die hoch sitzenden Mid Controls hat das Bike Bodenfreiheit ohne Ende

Aber das Wichtigste war: Alles am Bike musste legal sein; also eigentlich wie immer! Als Basismotorrad wählte die Frankfurt Factory eine Softail Low Rider S, die schon serienmäßig durchaus begeistern kann. Der vom Werk aus 114 Kubikinches große Motor bekam den 124-cui-Kit von H-D Rhein-Neckar-Racing verpasst.

138 PS und 209 Newtonmeter Drehmoment!

Größere Zylinder, andere Kolben, einen Screamin’-Eagle-Stage-I-Luftfilter, eine SE-Spezialnockenwelle mit Lagerplatte und verstärkte Kupplungsfedern bilden die Hardware, mittels Prüfstandsläufen und Powervision wurde das Mapping optimiert. Am Ende der Kur standen leckere 138 PS auf dem Diagramm. Mit TÜV wohlgemerkt! Motorenseitig war also schon mal alles gut.

Der Kit von Rhein-Neckar-Racing verschafft dem Motor über zwei Liter Hubraum und reichlich Drehmoment

Die Auswahl und die Komposition der Clubstyle-Teile fiel den erfahrenen Frankfurter Customizern erwartungsgemäß nicht allzu schwer, schließlich haben sie schon etliche Bikes in diesem Stil umgebaut. Was das Airbrush anging, taten sie sich ungleich schwerer. Der Knackpunkt war, das im gesamten Lackmotiv zum einen Oldschool-Flames absolut gesetzt waren, zum anderen aber die aufgehende Sonne ins Spiel gebracht werden musste. Airbrusher Bernhard musste so einige Entwürfe vorlegen, bis der Kunde eines davon abnickte. Bekanntermaßen sind Entwürfe vom Endresultat meist um einiges entfernt – also was, wenn es am Ende dann doch nicht gefällt?

Harley-Davidson Low Rider S mit 24-Karat-Vergoldung

Ein paar Praxistests mit Anbauteilen in Eloxalgold brachten auch nicht wirklich den erhofften Wow-Effekt, was letztendlich den Haus-und-Hof-Galvaniker der Factory, Metallveredler El Amraoui, auf den Plan rief. Der vergoldet übers Jahr immer Teile für Kunst- und Antiquitätenhändler des Rhein-Main-Gebiets – warum also nicht auch mal Motorradteile? Der Galvanik-Spezialist fragte nach, wie groß die Brocken seien, um die es ging, bekam einige Maße und gab das Okay.

Die Koffer sind Originalteile von der Softail Sport Glide

Der Kunde war von der Idee begeistert und so wurde eine 24-Karat-Vergoldung festgelegt. Da diese Bäder aus Kostengründen nicht riesig sind, passte der Lenker als größtes Teil nicht komplett in das Bad. Kurzerhand entschloss sich El Amraoui zu zwei Arbeitsgängen – die Lenkstange wurde einmal von links und einmal von rechts ins Bad gehängt. Der Übergang in der Mitte wurde übergangslos beipoliert, dass das Teil in zwei Tauchgängen vergoldet wurde, kann kein Mensch erkennen. Bei der Auswahl derjenigen Teile, die vergoldet werden sollten, mussten die Frankfurter mit Augenmaß vorgehen. Macht man zu viel, wirkt es schnell aufdringlich und kitschig, macht man zu wenig, wirkt es nicht.

Der Speziallack lässt sich ähnlich einer Glühbirne ein- und ausschalten

Von Airbrusher Bernhard kam dann noch die Idee, in die sehr dunklen Flames echten Goldstaub einzuarbeiten. Und da der Umbau von vornherein nicht als Low-Budget-Projekt angesetzt war, wurde auch dieser Vorschlag positiv beschieden. Und dann kam Bernhard noch mit einer weiteren Idee um die Ecke. In der US-Hot-Rod-Szene ist neuerdings sogenannter „leuchtender Lack“ der ganz hotte Shit. Es ist dies ein Speziallack, der sich ähnlich einer Glühbirne ein- und ausschalten lässt. Das hat nichts mit Fluoreszenz zu tun, zu der man Fremdlichteinwirkung benötigt, vielmehr geht es hier um einen regelrecht mit Strom betriebenen Lack. Das war das i-Tüpfelchen, das die Frankfurter für das exaltierte Projekt noch gebraucht hatten.

Der Über-Gag: Die Tankflanken tragen – tagsüber unsichtbar – einen leuchtenden Speziallack, den man bei Dunkelheit einschalten kann

Der US-Hersteller des Lacks stellte den Kontakt zu einer Firma in Hamburg her, die eine Art „Starter-Set“ zur Verfügung stellte und unserem Airbrusher in einem Schnelllehrgang die Handhabung beibrachte. Um es vorwegzunehmen: Bernhard musste einige Anläufe nehmen, bis die Seitenflächen des Tanks so kräftig leuchteten, wie sie es jetzt tun.

Für die beleuchtete Fläche gibt es verschiedene Action-Modi

Zusätzlich zu der Ein/Aus-Funktion gibt es auch eine Fernbedienung, mit der sich die Helligkeit sowie verschiedene Action-Modi für die beleuchtete Fläche einstellen lassen – etwa Pulsieren, Blinken, Stroboskop und etliche Gimmicks mehr. Unser Fazit: Mission completed! Umbau zum Clubstyler? Check! Großer Motor mit wuchtigem Bumms? Check! Oldschool-Flames? Check! Einzigartigkeit? Doppel-Check durch 24-Karat-Vergoldung und Leuchtlack!

Info | www.factorygroup.de