Eine Harley-Davidson Flathead ist von Haus aus kein Kraftpaket. Doch mit Turboaufladung lässt sich aus dem altehrwürdigen Motor mehr Dampf rauskitzeln.

Wenn man Benny Akerlind fragt, wie man auf die völlig absurde Idee kommt, einen betagten Seitenventiler mittels Turbolader unter Druck zu setzen, wird er ohne Zögern Burt Monroe die Schuld geben. Denn schließlich war es „The World’s Fastest Indian“, die legendäre Maschine des Neuseeländers, die Benny zu seinem Umbauvorhaben inspirierte.

Turbo-Technik ist funktional und nicht unbedingt etwas für Ästheten, die das Schöne suchen

Er steht auf alte Seitenventiler, wie er unumwunden zugibt. „Ich bewundere jeden, der schnell auf einer Flathead unterwegs ist. Das ist ein echtes Kunststück und bei Monroes Indian kann man kaum glauben, dass dieses Teil einst über 300 km/h erreichte.“ Als er jedoch seinen Clubfreunden von seiner Idee erzählte, erntete er nur Kopfschütteln und puren Pessimismus.

Der VL-Rahmen von 1936 war an vier Stellen gebrochenen

„Das wird niemals funktionieren“, so die einhellige Meinung. Benny nahm’s als Ansporn. Schließlich hatte er von einer Indian Scout noch einen Korb voller Teile, die er irgendwann einmal gegen Harley-Parts getauscht hatte. Trotzdem schwankte er zwischen dem alten, an vier Stellen gebrochenen, 1936er VL-Rahmen mit Flathead-UL-Motor von Harley-Davidson aus dem Jahr 1940 und den Indian-Teilen.

Die Garrett-Turbine stammt aus einem Volvo 940 von 1990

„Es hat mich ein Schweinegeld gekostet, diesen verdammten Motor richten zu lassen, aber ich hätte noch mehr für den Aufbau mit Indian-Teilen bezahlt, die in den letzten Jahren extrem teuer geworden sind.“ Beim Turbolader entschied er sich dagegen für etwas zeitgemäßere Technik. Die Garrett-Turbine stammt aus einem Volvo 940 von 1990. Für die Umsetzung holte er sich Rat aus der Drag-Racing-Szene. „Ohne die zahlreichen Diskussionen mit den Racern, hätte ich mein Ziel kaum erreicht.“

Harley-Davidson Flathead – Läuft der Turbo?

Mit Veränderungen an Vergaser, Zylindern und einer Absenkung der Verdichtung, schaffte er es schließlich, den Turbo-Umbau zum Laufen zu bringen. „Die Verdichtung ist tatsächlich sehr niedrig. Doch ohne Änderung geht es nicht, der Motor würde ständig in Vorzündung gehen, klopfen, überhitzen und letztlich hochgehen. Der erste Start- und Fahrversuch war eine beängstigende Erfahrung und Benny fragte sich, ob er da nicht ein Monster gezüchtet hätte.

„Ohne die zahlreichen Diskussionen mit den Drag-Racern, hätte ich mein Ziel kaum erreicht“

Das Bike wollte ständig das Vorderrad lupfen und es war kaum möglich, die Kraft auf den Boden zu bringen. Als Ursache stellte sich ein defektes Wastegate-Ventil heraus, weshalb der überschüssige Ladedruck nicht entweichen konnte. „Heute fahre ich mit 0,7 bar Ladedruck, damals war es bestimmt das Doppelte“, erinnert sich Benny. Inzwischen läuft die Flatty sauber und rund und hat gut 300 Kilometer runter. Und mit geschätzten 60 PS statt ursprünglich 35, ist sie richtig kräftig geworden.