Mitten in einem zunehmend fernostfeindlichen Amerika machte Harley-Davidson in den 30er- und 40er-Jahren ebendort in Japan prächtige Geschäfte – ganz entgegen dem stets recht selbstbewusst und aggressiv eingeforderten Patriotismus. Verständlich, dass alle Geschäfte der Company in Fernost „top secret“ waren. Wie Harley-Davidson da hineinschlitterte, ist eine ebenso erstaunliche wie lehrreiche Geschichte.
Das Engagement von Harley-Davidson in Fernost begann eigentlich schon sehr früh in der Firmengeschichte, nur konnte man es damals wahrlich noch nicht als Abenteuer bezeichnen. Wie der amerikanische Chronist Harry W. Sucher erzählt, soll zwischen 1912 und 1917 die kaiserliche japanische Armee bereits einige wenige Harley-Davidson-Seitenwagenmodelle gekauft haben. Wobei zu bemerken wäre, dass sich die Company schon damals wunderte, dass bei dieser Bestellung die zu dieser Zeit übliche Ersatzteilorder seitens der Japaner schlichtweg nicht getätigt wurde.
Kein Wunder, dass Harley misstrauisch wurde
Anfang der 20er-Jahre – genauer 1922 – existierte in Japan die Importfirma „Nippon Jidosha KK“ des Barons Okura, die einige J-Modelle mit elektrischer Ausrüstung bestellte. Auch 1923 bestellte diese Firma einige Dutzend Maschinen nach. Und auch diese Order erging ohne eine Ersatzteilbestellung!
Zu eben jener Zeit, also 1923/24, bemühte sich die amerikanische Im und Exportfirma Charles Gable Company in San Francisco, die über gute Geschäftsverbindungen in die Mongolei verfügte, bei Harley-Davidson um eine Alleinvertretung für den Lizenzverkauf von Harley-Davidson-Motorrädern in Ulan Bator. Gleichzeitig bestellte sie eine Ladung Harleys über ein damals von der Company gefordertes Bank-Akkreditiv. Auch diese Sendung wurde ohne Ersatzteile geordert. Kein Wunder, dass Harley bei der Überprüfung der Angaben der Charles Gables Company misstrauisch wurde.
Harley Davidson Japan – Suche nach neuen Märkten
Und nun betritt jener berühmte Alfred Richard Child die Szene, den das Management der Company nach einigen erfolgreichen vorherigen Tätigkeiten beauftragte, in Japan und Fernost nach neuen Absatzmärkten zu suchen. Dazu muss man sagen, dass sich Alfred „Rich“ Child zu einem zuverlässigen und ergebenen Vertrauten der Firmenbosse entwickelt hatte und ständig in direktem Kontakt mit Walter und Arthur Davidson stand, um deren Weisungen – meist bedingungslos – auszuführen.
1923 legte ein verheerendes Erdbeben den Osten Japans in Trümmer, infolgedessen eine hohe Nachfrage von leichtgängigen Transportmitteln in den zerstörten Gebieten entstand. Dabei stellte sich heraus, dass Motorräder mit oder ohne Beiwagen die idealen Fahrzeuge waren, um in den Trümmerlandschaften die Versorgung der Bevölkerung und den Wiederaufbau zu bewerkstelligen. Dumm war nur, dass es in dieser Zeit in ganz Japan keinen Motorradhersteller gab. Was Wunder, dass Charles Gable den damaligen Exportleiter von Harley-Davidson, Eric von Gumpert, dringend um die Generalvertretung für den ganzen Fernost-Markt bedrängte. Aber Harley hatte ja bereits einen festen Vertrag mit dem bereits genannten japanischen Auto-Konzern Nippon Jidosha, und nun war auch noch Rich Child dort als Generalbevollmächtigter der Company eingesetzt.
Baron Okura erwies sich als arroganter Wichtigtuer
1924 gab es dann durch eine unglückliche politische Entscheidung der Amerikaner einen gewaltigen außenwirtschaftlichen Knall: Der US-Kongress begrenzte die Einwanderungsrate aus Japan, was von den Japanern als ein Affront gegen ihr Land empfunden wurde und eine äußerst feindliche Atmosphäre zwischen den beiden Ländern nach sich zog.
Im Juli des gleichen Jahres tauchte Alfred Rich Child in Yokohama auf und wurde von Baron Okura eingeladen. Harley-Davidson war ziemlich sauer über den schleppenden Verkauf der Motorräder und irritiert darüber, dass die Firma Nippon Jidosha um keinen Preis Ersatzteile bestellen wollte. Harley-Davidson gab zu bedenken, dass zu einer vernünftigen technischen Wartung und Pflege Ersatzteile unabdingbar sind. Baron Okura erwies sich als arroganter Wichtigtuer und Alfred Richard Child brach kurzerhand die erfolglosen Gespräche ab.
Prächtige, aber doch illegale Geschäfte
Er hatte aber inzwischen herausbekommen, dass Charles Gable unerlaubterweise Harley-Motorräder nach Japan einführte und schwarz verkaufte. Schlimmer noch: Die Firma Nippon unternahm nicht nur nichts dagegen, sondern steckte mit Mr. Gable unter einer Decke. Gemeinsam machten sie mit den nunmehr in Japan so sehr benötigten Motorrädern zwar prächtige, aber doch illegale Geschäfte. Child kabelte nach Milwaukee, man möge doch bitte alle Verbindungen zu Gable sofort kappen, was die Firmenleitung auch prompt umsetzte.
Soweit so schlecht, aber der umsichtige Mr. Child hatte schon etwas Neues eingefädelt. Auch noch im Jahr 1924 traf er sich mit Repräsentanten des großen Pharmakonzerns Sankyo Co. Limited in Muromachi/Tokio und schloss im Auftrag von Harley-Davidson einen Abkommen über eine neue Harley-Vertretung in Japan ab, der er als Managing-Director vorstand: Die „Harley-Davidson Sales Company of Japan“. Schließlich war alles mit Sankyo in trockenen Tüchern und die neue Firma in der Kyobashe-Straße in Ginza/Tokio wurde vom Sankyo-Konzern kapitalisiert. Rich Child bekam auf alle Geschäfte eine fünfprozentige Provision, eine vertraglich abgesicherte Basis, die von nun an bis zum Ende der japanischen Unternehmungen bestand, und die auch von Harley-Davidson absolut korrekt eingehalten wurde.
Harley-Davidson Japan – Erfolgreiche Exportgeschichte
Immer noch 1924, ein sehr bedeutendes Jahr der Exportgeschichte, bestellte die neue Firma sogleich 350 Big-Twins, die meisten mit Seitenwagen. Das war ein beachtlicher Auftrag, zu dem noch Ersatzteilbestellungen im Wert von 20.000 Dollar und Händler-Spezialwerkzeuge für 3.000 Dollar dazukamen. Kurzum, der neue Deal lief prächtig und Alfred Rich Child fuhr kurzerhand mit dem Schiff nach Vancouver, um sich dort mit Arthur Davidson zu treffen, der ihm zu seinem Erfolg gratulierte. Dann fuhr er mit dem Factory-Parts-Manager Harry Divine zurück nach Japan, wo das neue Auslieferungs- und Montagewerk erfreulicherweise bereits im Entstehen war.
Inzwischen kamen die neuen 1925er Modelle mit dem modernen Tropfentank (designed von Arthur Constantine) bei der Harley-Davidson Sales Company of Japan an. Rich Child kurbelte als „Hans-Dampf-in-allen-Gassen“ den Verkauf in Japan mächtig an und schon bald hatte die einzige Konkurrenz, die aus wenigen importierten Indians bestand, kaum noch was zu melden. Später wurde auch der zuverlässige 74-cui-Motor als Antrieb für die typischen Dreiräder verwendet, die in Japan gebaut wurden und von einem dortigen Hersteller bis dahin mit einem viel kleineren 500er JAP-Motor bestückt worden waren.
Als Harley-Davidson Japan in der Hand hatte
Da der Sankyo-Konzern besonders gute Beziehungen zur japanischen Regierung, genauer gesagt zum japanischen Militär hatte, wurden große Kontingente von Harleys sowohl an die Armee als auch an die Polizei und den Postdienst verkauft. Außerdem, und Dank dieser guten Kontakte, fanden viele Harleys ihren Weg nach China, zu deren War-Lords und schließlich auch zum Nationalistenführer Chiang Kai-shek; man spricht von 200 Stück.
Aber auch das Geschäft in Japan boomte: Firmenvertretungen in Osaka und Fukuoka sowie 400 mehr oder minder kleine Service-Klitschen und Händlerverkaufsstellen (meist Familienbetriebe) überzogen ganz Japan. So lief alles eigentlich zur vollen Zufriedenheit auf beiden Seiten, allerdings gab es immer öfter Ärger bezüglich Transportschäden, denn die hölzernen Kisten, in denen Harley-Davidson seine teilzerlegten Maschinen in Milwaukee verpackte, wurden beim Ausladen in den Überseehäfen ziemlich rau behandelt. Rich Child forderte daraufhin eine bessere Verpackung und bekam sie auch.
Große Probleme nach dem Börsencrash
Dann, im Herbst 1929, ereignete sich die Katastrophe: Am 25. Oktober, dem sogenannten Schwarzen Freitag, crashte die Börse und riss die Welt in eine noch nie dagewesene Wirtschaftskrise, die bis 1932 anhielt. Die direkte Folge war, dass der Dollar fast um ein Drittel seines Wertes gegenüber dem Yen fiel. Die unmittelbare Auswirkung davon war, dass sich mit einem Schlag der Importpreis aller Harleys glatt verdoppelte. Der geniale Alfred Rich Child fand aber auch hier einen Ausweg. Sein Vorschlag war tiefgreifend und bis dahin auch für Harley-Davidson unvorstellbar: eine Lizenz-Produktion von Harley-Motorrädern in Japan. Es muss die außerordentlich prekäre Lage der Company nach dem Börsencrash gewesen sein, die die Firmenmanager schließlich veranlasste, diesem aberwitzigen Plan zuzustimmen.
Harley lieferte aus Milwaukee Blaupausen und überzählige Fertigungsmaschinen, die wegen der schlechten Nachfrage der Motorräder überflüssig in Wisconsin herumstanden. Der Sankyo-Konzern ließ sich darauf ein, das für damalige Verhältnisse ungewohnte Geschäft mit 75.000 Dollar zu finanzieren. Eine neue Firma wurde gegründet: die Harley-Davidson-Factory in Shinagawa. Es gab allerdings eine vertragliche Auflage von Harley: Die in Japan produzierten Motorräder durften nur in Japan selbst verkauft werden. Aus Milwaukee kam als neuer Chefingenieur der altbewährte Fred Barr nach Shinagawa und von Sankyo wurde Mr. Sakurai, der in der bisherigen Firma bereits tätig war, zum Engineering-Supervisior benannt.
Der Deal war streng Geheim
Großzügig wurden aus aller Welt noch weitere Werkzeugmaschinen für die neue Fabrik eingekauft, aber es dauerte noch fast sechs Jahre, bis die erste japanische Harley verkauft werden konnte – es war zugleich das erste in Japan produzierte Motorrad. Bis zu diesem denkwürdigen Jahr 1935 wurden aus den USA jedoch weiterhin 74 cui SV- und VL-Modelle importiert und zusätzlich noch 21 und 30,5 cui Einzylinder-Motoren, die vor allem für die Trikes der japanischen Produktion vorgesehen waren.
Kleine, aber bedeutende Anmerkung am Rand: Aus Angst vor politischen Konsequenzen hielt Harley-Davidson den ganzen profitablen Fernost-Deal streng geheim. Man darf sich heute verwundert fragen, wie sie wohl die daraus resultierenden Einnahmen gegenüber ihrer Steuerbehörde deklariert haben mochten.
Harley-Davidson Japan – Keine Chance für die EL Knucklehead
1935/36 gab es zum ersten Mal Ärger mit dem Sankyo-Konzern. Der Grund: Als die neuen EL mit dem 61-cui-Knucklehead, auf deren Vertrieb Harley größten Wert legte, in Japan eintrafen, testete sie der Sohn von Rich Child mit dem Ergebnis: absolute Katastrophe! Nach hitzigen Debatten beschloss Sankyo, die Verträge mit Harley-Davidson betreffend des Lizenzbaus der EL zu kappen, ihr Generalvertreter in New York, Mr. Kusanobu, ließ das Harley-Management wissen, dass Sankyo keine EL zu produzieren gedenke, jedoch die alten, zuverlässigen und gut in den japanischen Markt passenden 74- und 80 cui-Seitenventiler weiterbauen würde.
1936: Es kam, wie es kommen musste. Harley-Davidson kündigte alle Verträge mit dem Sankyo-Konzern auf und erklärte sich damit einverstanden, dass Alfred Rich Child eine neue, und diesmal eigene exklusive Harley-Davidson-Importfirma gründete: die „Nichiman Harley-Davidson-Sales“, zuständig für Japan, Korea, Nordchina und die Mandschurei – alles damals von Japan besetzte Gebiete.
Rikuo – König der Landstraße
Absolut ungewöhnlich dabei war, dass auf alle Orders dieser neuen Firma ein Zahlungsziel von 90 Tagen gewährt wurde. Importiert und verkauft wurden original amerikanische 74- und 80 cui-Seitenventilmodelle der VL- und UL-Serien und natürlich auch die neuen, nunmehr nachgebesserten EL-Modelle. Und wie schon gehabt, die 350- und 500 ccm-Einzylindermotoren für die beliebten japanischen kommerziellen Dreiräder.
Sankyo indes heimste ohne jegliche Skrupel die Fertigungsstraßen in Shinagawa ein, baute die alten Seitenventiler weiter und nannte sie nun „Rikuo“, was soviel bedeutet wie „König der Landstraße“. 1937 putschte sich in Japan das Militär an die Macht. Colonel Fujii, der die bisherigen Geschäfte mit der Armee und Sankyo koordiniert hatte, verstaatlichte kurzerhand die Fabrik in Shinagawa, zahlte – das muss man fairerweise sagen – Alfred Richard Child aus und verwies ihn dann samt seiner Familie mit einem Ultimatum des Landes. Mit Familie und einem stattlichen Betrag verließ der politische Flüchtling, nachdem er seine beiden schönen Residenzen noch gewinnbringend verkauft hatte, mit Frau und Kind auf einem Dampfer Japan. Es war das Ende des Fernost-Abenteuers von Harley-Davidson.
Export nach Australien und Neuseeland
Der Rest der Story ist nicht sonderlich erfreulich. Obwohl er es sich erhofft und auch erbeten hatte, bekommt Alfred Rich Child keinen Job bei seiner geliebten Firma und ist verbittert über die schroffe Verlautbarung der Firmenleitung in Milwaukee, er hätte sich ja ohnehin geschäftlich gesundgestoßen. So jobbte er ein wenig als Fernost-Exportleiter bei Lockheed/Bendix und wurde nach seinem Ausscheiden 1944 in der „Reassembly-Division“ Generalimporteur von BSA in New Jersey.
Und wie ging es in Japan weiter? Die Rikuo wurde weitergebaut, aber inzwischen steckte Japan voll in Kriegsvorbereitungen und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nun im Werk Shinagawa auch jene Torpedos fabriziert wurden, die japanische Flugzeuge bei ihrem Überfall auf Pearl Harbor abwarfen. Abgesehen davon hatten die Japaner keine Hemmungen, die Rikuo auch nach Australien und Neuseeland zu exportieren. Ab 1937 wurde die mit dem 1200er VL-Motor bestückte Rikuo nur noch in der Militär-Version „Typ 97“ gebaut. Bis 1942 sollen angeblich 18.000 Stück im Solo- und Seitenwagen-Outfit gebaut worden sein. Ab 1950 wurden auch noch schlechte Kopien der 750er- und 1200er-Panhead gebaut, die hauptsächlich bei der japanischen Polizei Verwendung fanden, sowie einige 500er Model C mit Kardanantrieb.
Die späte Rache von Rich Child
1959 stellt Rikuo die Produktion der total veralteten Motorräder ein, und die neue japanische Motorradindustrie war auf dem Weg, die Welt zu erobern. Eine kleine historische Randbemerkung: Es gab noch eine andere Harley-Kopie in Japan. Die Kurugane Company baute in Hiroshima von 1937 an eine 1200er-VL-Kopie. Das Werk wurde 1945 durch die Atombombe zerstört. Es folgte ein Nachspiel, dass man auch unter den Begriff „Späte Rache“ stellen könnte. Anfang 1951 erbat sich Harley-Davidson bei der US-Handelskommission einen Zollschutz für die immer bedrohlicher werdende Einfuhr englischer Motorräder, die aufgrund des Marshall-Plans mit einem nur achtprozentigen Zoll in die USA eingeführt werden konnten. Bei einem Hearing im Juli 1951 vor der staatlichen Handelsregulierungsbehörde, dem „Select Senate Committee on Tarifs“ in Washington packte Alfred Rich Child all seinen Groll in vernichtende Statements, die er als Sprecher der BMDA (British Motorcycle Dealer Association) vor dem Senatsausschuss losließ.
Er hatte seine Demütigung nach der Rückkehr aus Japan nicht vergessen und wurde am Schluss sogar persönlich: Entgegen der offiziellen Lesart der Company verkündete er, Firmenmitbegründer William A. Davidson sei in Schottland geboren – was stimmte! Die Harley-Rechtsanwälte legten vehementen Protest ein, gaben aber kleinlaut nach, als Rich Child Beweise dafür forderte, dass William A., wie behauptet, in den USA geboren wäre.
Das letzte Kapitel
Abschließend, aber nicht unbedingt rückschließend, sei gesagt, dass der damals beantragte Zollschutz von der Trade-Commission nicht gewährt wurde, und das war ein weiterer schwerer Schlag, den Harley-Davidson einstecken musste. Um das Fernost-Abenteuer aber endgültig abzuschließen, soll nicht verheimlicht werden, dass Richard Child (Alfred Richard Childs Sohn) nach dem Zweiten Weltkrieg die „Balcom Trading Company“ in Takanawa/Tokyo gründete, eine Vertretung für BMW-Automobile und Harley-Davidson-Motorräder. Obwohl er jedes Jahr nur einige 100 Harleys verkaufte, war er damit einer der Mitbegründer der heute bemerkenswert großen Harley-Szene Japans.
Alfred Richard Child: Der Macher
Eine illustre, sehr interessante Persönlichkeit aus dem Umfeld von Harleys Export-Managern war zweifelsohne der Außenseiter Alfred Richard Child. Child war ein kaufmännisches Genie, ein Ass der Logistik, Selfmademan, Weltenbummler, Abenteurer und begeisterter Harley-Fahrer. Als Sohn eines Marineoffiziers in England geboren und dort in einer Kadettenanstalt streng erzogen, riss er im Jahr 1907 aus und heuerte als Schiffs-Steward auf der Mauretania an.
Mit nur drei Dollar in der Tasche erreichte er New York und schlug sich zunächst als Liftboy, Hausmeister und Butler eines reichen Gutsbesitzers durch. Damals fuhr er noch eine Indian, später jedoch begeisterte er sich immer mehr für die Marke Harley-Davidson und fuhr mit einem 1914er Harley-Gespann als Kurzwarenhändler übers Land. Ab 1915 war er als Offizier in Staatsdiensten bei der US-Küstenwache, wo er einem Fahrradteilehändler zu einem erfolgreichen Geschäft verhalf. Der vergaß ihn nicht und machte Richard Child nach dem Ersten Weltkrieg zum Gebietsverkaufsleiter. Als sein Mentor sein Geschäft aufgab, bewarb sich Child erfolgreich bei Harley-Davidson. Er wurde zunächst Gebietsverkaufsleiter für die Südstaaten.
Von Kapstadt nach Kairo
Später schickte ihn die Company nach Südafrika, wo er, mit reichlich Kredit und Vollmachten ausgestattet, die gesamte Vertragshändlerschaft des Burenlandes auf Vordermann brachte und damit Indian und Excelsior in diesem lukrativen Exportland das Wasser abgrub. 1921 durchquerte Child mit einem Harley-Gespann ganz Afrika von Kapstadt bis nach Kairo und verkaufte auf der Reise rund 400 Harley-Motorräder mit und ohne Seitenwagen an Missionare und Stammesfürsten. Zum Erstaunen aller wurden diese Maschinen auch tatsächlich termingerecht ausgeliefert. Nach diesen zum Teil wilden Abenteuern hatte er Harleys Bosse davon überzeugt, der richtige Mann zu sein, um den fernöstlichen Exportmarkt, vor allem in Japan, neu aufzustellen. 1922 reiste Alfred Richard Child ins Land der aufgehenden Sonne.