Vom gedrosselten Reiskocher zur vibrierenden Primadonna – eine wahre Geschichte über eine bühnenreife Schwarzwälder Biker-Karriere, in der Hauptrolle eine Victory Hammer.
Rottweil, Dauchingen, Trossingen. Freunde nennen ihn „der Lange“. Zwei Meter groß, Bart, noch in seinen Zwanzigern, Mechatroniker, Vierschichtbetrieb in der Fabrik, immer gut drauf. Ein richtiger Kumpel eben, mit dem man gerne ein paar Runden dreht. Seit seinem sechzehnten Lebensjahr kennt Kai Meßmer kaum etwas anderes als Motorradfahren. Es liegt dem Rottweiler im Blut. Ein rasantes Bike zwischen den Schenkeln, eine geile Tour durchs Donautal oder den Schwarzwald, das sorgt für den gewissen Kick. So dachte Kai Meßmer in seinem jugendlichen Leichtsinn. Doch es sollte völlig anders kommen …
Es beginnt erst mal sportlich. „Als Azubi konnte ich mir eine gebrauchte, sieben Jahre alte 125er-Aprilia leisten“, denkt Kai Meßmer an den Anfang zurück. Die Aprilia war ein sportliches Gerät mit rotem Rennsportdesign und dem stilisierten Löwenkopf auf den Flanken. Freimütig spricht er über seine damaligen Gefühle: „Irgendwie war ich zu groß dafür. Ich saß da drauf wie ein Affe auf dem Schleifstein. Das war das Problem bei den meisten Bikes, die ich danach ausprobiert habe.“ Es folgten einige andere Reiskocher. Schnelle, wendige asiatische Motorräder, die das Herz eines Teenagers höherschlagen lassen. Doch irgendwie sah es immer etwas peinlich aus: ein Zwei-Meter-Mann auf etwas zu kleinen Böcken.
Am Anfang stand die Drossel
Als Kai endlich achtzehn wurde, begann die nächste Misere. „Du bist erwachsen, darfst aber nur gedrosselte Maschinen fahren“, grummelt er kopfschüttelnd. Erlaubt sind 48 PS. Seine 1000er Suzuki ließ sich nur auf 34 PS herunterdrosseln. Mehr war bei der betagten Technik nicht machbar. Ohne Zwangsjacke leistete die Suzuki 160 PS. „Was für eine Verschwendung. Ein Supersportler, gedrosselt auf 34 PS. Einfach unmöglich, damit zu fahren“, schaudert es den PS-Fan. Kai Meßmer bekam einen dicken Hals und stieg um auf vier Räder. „Mein Erster war ein 530er-BMW. Der hat mir die Haare vom Kopf gefressen“, bedauert er heute noch. Inzwischen tut’s ein klappriger VW Golf, Baujahr 1997. Der sieht zwar nicht so männlich und sexy aus, kostet aber fast nichts.
Der reuige Sünder kehrte mit zwanzig Jahren zum Motorrad zurück. Jetzt sollte ihn eine Yamaha R1 glücklich machen. „Endlich wieder ‚normal‘ fahren.“ Kai kostete die 150 PS zwischen den Schenkeln richtig aus. Mit fünf Freunden war er so oft wie möglich auf Tour, frönte der Sehnsucht nach Speed, genoss den Kick und die Kurven. Es hätte ewig so weitergehen können. Wenn da nicht der Klassenkamerad gewesen wäre, auch ein eingefleischter Supersport-Jünger. Der hatte am Vatertag ein Bikertreffen besucht. Irgendetwas hatte ihn dort verändert. War es Zauber, Übermut, Verrat oder …?
Und dann kam die Victory Hammer
Jedenfalls fuhr dieser Kumpel kurz darauf mit einem neuen Bike vor, es handelte sich um eine blau funkelnde Victory Hammer mit 90 PS und mehr als 300 Kilo Gewicht. Damals der Inbegriff des modernen, bulligen amerikanischen Muscle Cruisers. Eine Kampfansage des Polaris-Konzerns an die Kollegen aus Milwaukee. Der Klassenkamerad hatte einfach Tatsachen geschaffen, ohne seine Freunde zu informieren. Die Maschine hatte er spontan bei Volker Sichler erstanden. Der betreibt in Dauchingen am Rand des Schwarzwalds eine Manufaktur für Custombikes, die seit dreißig Jahren als Hollister’s MotorCycles in der Szene bekannt ist.
Dazu gehört ein Stützpunkt für die Marken des Polaris-Konzerns, Indian und damals eben auch noch Victory. Der „Lange“ tippte sich erst mal an die Stirn: „Was ist das? Damit kann man doch keine Kurven fahren.“ Doch als der Kumpel seine Neue startete, war’s um ihn geschehen. „Es war dieser Sound.“ Da ist der Gefühlsmensch Kai Meßmer ganz ehrlich. „Mein Zwerchfell begann zu flattern.“ Die Victory Hammer zu hören veränderte alles. Liebe auf den ersten Blick? Die zierliche Supersportlerin einfach stehenlassen? Jedenfalls waren die Proportionen, die zwei wuchtigen Zylinder und die breiten Reifen nicht zu verachten. Und natürlich dieses abgefahrene, erotische Vibrato.
Victory Hammer – Inbegriff des Muscle Cruisers
„Wir sind ein paar Tage später auf die Alb hoch gefahren. Ich bin den ganzen Tag hinter ihm geblieben, nur um diesen Sound zu hören.“ Die Tour endete bei Hollister’s. Dem frisch Verliebten war etwas mulmig: „Der Volker denkt bestimmt, da kommt noch so ein Reiskocher-Fan auf den Hof und will ’ne Victory haben. Wer kauft sich in meinem Alter einen Cruiser?“ Der Sinneswandel widersprach jedenfalls dem Weltbild treuer Biker. Und tatsächlich wäre das erste Date fast geplatzt, denn Volker Sichler hatte keine passende Victory Hammer mehr im Laden. Kai Meßmer war immer noch zu groß – oder die Maschine zu klein. Er hätte ein Modell mit vorverlegten Fußrasten benötigt.
Doch Biker kennen und vertrauen sich. Also schickte Volker Sichler den neuen Kunden zu seinem alten Kumpel Lothar Banholzer nach Rottweil. Der Wirt des Goldenen Bechers hatte nämlich gerade eine Victory Hammer erstanden – eine mit vorverlegten Fußrasten. „Ich kann doch nicht zu einem Wildfremden gehen und ihn fragen, ob ich mal sein Bike ausprobieren darf“, dachte sich Kai Meßmer. Jedoch, in einer perfekten Liebesgeschichte ist das kein Hindernis. Lothar Banholzer schaute dem jungen Kerl in die Augen und überreichte den Schlüssel. Kai Meßmer: „Ich war platt. Seine Maschine war neu. Die hatte erst achthundert Kilometer auf dem Tacho. Nach der Probefahrt habe ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht gekriegt. Es war wie nach einem Orgasmus. Ich war reif.“
Eine perfekte Liebesgeschichte
Es musste sofort eine nagelneue Hammer sein. Das gleiche Serienmodell, das der Kumpel fuhr – nur mit schwarz-roter Lackierung. Die Fußrasten ließ er noch umbauen. Dann begann die Hochzeitsreise. Doch wie das so ist: Nach einiger Zeit verlangte die rassige Geliebte nach einem Lifting. Die glitzernden Custombikes bei Hollister’s weckten besondere Sehnsüchte. Besonders ein Custombike namens „Red Tribe“ mit seinem rot-schwarz-silbernen Gothic Style inspirierte den jungen Bike-Konvertiten. Kai fragte den Customizer, ob der nicht ein wenig Hand anlegen könne, dem stolzen Ritter stand der Sinn nach extravaganten Accessoires. Etwas mehr Rot ohne Schnörkel, ein bulligerer Tank, ein stärkerer Sattel, luftdruckunterstützte Stoßdämpfer, ein tiefergelegtes Heck mit knackig kurzem Fender und einiges mehr stand auf der Wunschliste.
Das Projekt startete an Weihnachten. Kai Meßmer erhielt Hausverbot, das hat Tradition bei Hollister’s. Wer sein Bike von Volker Sichler veredeln lässt, bekommt es erst wieder zu sehen, wenn der Meister sein Werk vollendet hat. Auch der Schweizer Farbenmagier Klaus Beutler erhielt freie Hand. Als Schöpfer dreidimensionaler Airbrush-Effekte und Hollister’s Design-Partner zauberte er Märchenhaftes auf Tank, Schutzbleche und Verkleidungen. Kunde Kai erfuhr davon nichts. Vier Wochen später gab’s die Bescherung. Im Kesselhaus Trossingen – einer denkmalgeschützten Location – stieg die Hollister’s Show. Jeden Winter bringt Volker Sichler die toten Dampfturbinen des Kesselhauses zum Zittern, wenn er hier neue Bikes blitzen und donnern lässt.
Happy End im Kesselhaus
Kai Meßmer, an diesem Tag als Special Guest anwesend, bekam wieder das Zwerchfellflattern. Sehnsüchtig erwartete er seine Victory zurück. Konnte Volker Sichler seine Vorstellungen noch toppen? Dann geht’s endlich los: Hardrock heizt ein, Scheinwerfer gleißen. Dem Dunkel der Kulisse entschwebt eine allmächtige Primadonna in samtrot schimmernder Garderobe, lässig gesteuert von Mone Sichler. Die Frau des Customizers übernimmt die Rolle der Glücksbringerin. Vornehm vibrieren die „Jekill & Hyde“-Endtöpfe. Ein 250er-Heckpneu auf einem hochglanzpolierten Rad trägt die Diva in die Szene. Am Heck funkeln LED-Blinker wie Diamanten. Kai fällt fast auf die Knie, reißt die Hände vors Gesicht, umarmt den Customizer, jubelt und berührt ehrfürchtig die vollendeten Kurven. Kais Glück ist vollkommen.
Info | hollisters.de