Dieser Chopper wird von einem Eigenbau-V2 angetrieben, dessen wesentlichen Teile eigentlich zum Fliegen bestimmt sind.

Lock Baker ist ein handwerklich begabter Allrounder. Die Fertigungstiefe der in seiner Firma Eastern Fabrications (kurz E-Fab) hergestellten Bikes ist sehr hoch. Fast alle Arbeiten führt der Metallkünstler selbst durch. So entstehen pro Jahr nur ein bis zwei Fahrzeu­ge, die es aber in sich haben.

Starrrahmen-Chopper mit Eigenbau-V2

Bei jedem neuen Projekt versucht Lock, seine vorangegangenen Arbeiten zu übertreffen und sich weiterzuentwickeln. Dieser hehre Anspruch brachte ihn dazu, einen kompletten Motor selbst zu bauen; schließlich wird erst dadurch die „Custom“-Idee in Gänze umgesetzt. Als die Entscheidung getroffen war, ging es um deren Realisierung.

Der weit zurückversetzte Tank betont das luftige cleane Frontend

Fest stand, es sollte ein V-Twin werden. Aber kein gewöhnlicher. Bei Continental Motors, einem Hersteller von Flugzeugmotoren, fand er die Zylinder, Kolben und Köpfe eines Flugzeug-Boxermotors. Ein passendes Evo-Style-Gehäuse kam von Delkron. Viel Zeit verschlang die Berechnung zusätzlicher Komponenten am Computer.

Eigenbau-V2 mit 95 Kubikinch

Auf deren Basis lieferte Redline Racing die speziell angefertigte Nockenwelle. Edle Pleuel von Carillo und eine Evo-Kurbelwelle vom Spezialisten Truett & Osborn vervollständigten die Innereien. Lock selbst verbrachte viele Stunden an seiner Drehbank, um Parts wie etwa einen speziellen Hubzapfen zu fertigen. Mit einem Volumen von 95 Kubikinch (1.557 ccm) kommt der von Lock „Continevo“ genannte Motor einem klassischen Harley-V2 recht nahe.

Das Upper-End des Eigenbaumotors stammt von einem ursprünglich für Leichtflugzeuge gebauten Triebwerk

Allerdings ist er ein Bastard aus zwei Konzepten. Das auf Harley-Maßen basierende Delkron-Gehäuse ist langhubig ausgelegt, die Zylinder des ehemaligen Flugzeugmotors aber kurzhubig. So stellt der gering verdichtete Motor nur rund 45 PS und rund 80 Nm Drehmoment bei vergleichsweise hohen 5.000 U/min zur Verfügung.

Der Eigenbau-V2 lief fast von Anfang an problemlos

Nach vielen Tests und dem Experimentieren mit unterschiedlichen Konfigurationen war der Part „Antrieb“ erledigt. Locks Kommentar zu der Entstehung: „Beim Bau eines eigenen Motors kommt ein Mann dem Austragen eines Kindes am nächsten. Wenn das Teil dann zum ersten Mal gestartet wird und tatsächlich Töne von sich gibt, ist das so ein bisschen wie der erste Schrei des eigenen Kindes nach der Geburt.“ Der Motor lief fast von Anfang an problemlos, nun konnte der Rest des Bikes angegangen werden.

Jeder Zylinder wird von einem eigenen Vergaser versorgt. Jedoch: Wegen der niedrigen Verdichtung ist die Leistungsausbeute vergleichsweise überschaubar

Den Rahmen konstruierte Lock nach seinen Wünschen und den Erfordernissen des Motors. Sein Lieblingsmaterial ist Edelstahl. Der bietet viele Möglichkeiten: Sauberes Arbeiten vorausgesetzt, kann auf zusätzlichen Lack verzichtet werden. Aber genau dies fordert den Künstler heraus. Bis auf wenige Parts wie die 35er Harley-Gabel und die Bremsen, die von PM kommen, stammt alles aus eigener Fertigung. Selbst die Naben seiner Räder drehte Lock selbst, speichte diese mit Morad-Felgen ein und garnierte das Ergebnis mit schicken Metze­ler-Gummis.

Blinker oder Tacho sucht man vergebens

Egal ob Tank, Lenker, Fußrasten oder Auspuff, alles made by E-Fab. Auch der gefederte Sitz inklusive Lederüberzug entstand in Eigenregie. Die Fußkupplung, der Verzicht auf eine vordere Bremse und der innenliegende Gaszug sorgen für einen aufgeräumten Lenker; wie überhaupt nur die wichtigsten Bauteile am Bike zu finden sind. Blinker oder Tacho sucht man vergebens. Leider haben wir es da in Europa nicht so einfach.

Die Fußkupplung und der Verzicht auf eine vordere Bremse halten den Lenker clean. Auch sonst ist nur das Wichtigste am Bike verbaut

Als besonderer Leckerbissen darf der spiegelnde Tank angesehen werden. Der ist nicht etwa verchromt, vielmehr ist der aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzte Spritbehälter aus Aluminium in stundenlanger Fleißarbeit spiegelblank poliert worden. Das ist Metallbearbeitung auf höchster Stufe, auf die Lock mit Recht stolz ist. Bei Eastern Fabrications, der Name weist auf die frühere Lage der Firma im Nordosten der USA hin, werden übrigens nicht nur Bikes gebaut. Lock fertigt auch Messer als Einzelstücke. Er ist eben vielseitig begabt.

Info | easternfabrications.com