Was kommt dabei raus, wenn sich ein japanischstämmiger Kalifornier tief mit der Geschichte der Chopper befasst? Eine Harley-Davidson ULH im Stil der South Bay der frühen 70er Jahre. Und die lässt den Unterkiefer runterklappen.
„Ich wollte schon immer so einen Gooseneck-Chopper bauen“, Aki von Hogkillers in Kalifornien will eines jedoch gleich klarstellen, „… einen mit richtigem Gooseneck und nicht mit so einem Turtleneck …“ Er kann es nämlich absolut nicht ausstehen, wenn Rahmen mit nur wenig und auch noch kerzengerade vorgereckten Lenkköpfen von vielen Leuten – fälschlicherweise – als Gooseneck bezeichnet werden.
Harley-Davidson ULH – Hogkiller
Den hier gezeigten Chopper hat Aki Sakamoto für sich selbst gebaut, und zwar mit einem Gooseneck wie aus dem Lehrbuch. Gearbeitet hat er daran ausschließlich in seiner Freizeit. Und es kam ihm ewig vor, bis er auf der Straße rollte. Alles hatte damit angefangen, dass er einen seitengesteuerten 1340-ccm-ULH-Harley-Motor auf dem Swapmeet in Davenport kaufen konnte. Zusammen mit dieser ultralangen Springergabel, im Dick-Allen-Stil der South Bay, nahm sein Plan Gestalt an.
„Die Springer stammt noch aus den Siebzigern. Keine Ahnung, um wie viel die länger ist. Die Kumpel meinen, sie müsse von Dick Allens Schweißer Fats gebaut worden sein, worauf dezente Unterschiede hinweisen.“ Weil Allen wegen Drogenvergehen und Unfällen immer mal wieder außer Gefecht gesetzt war, hatte es Nachbauten auch von seinen Freunden gegeben.
Aki choppte, änderte, fügte neue Rohre ein und heftete alles grob zusammen
Die Historie des Chopperbauers ist dem aus Fukuoka City in Japan stammenden und in Kalifornien lebenden Aki nicht fremd. Schließlich hatte er ja nach seiner Immigration eine Zeitlang bei Jesse James gearbeitet. Schon dort wurde er tief mit Hintergrundwissen versorgt. Wie die Kerle in den sechziger und siebziger Jahren bockte er also seinen Rahmen in der Werkstatt auf, choppte, änderte, fügte neue Rohre ein und heftete alles grob zusammen, passend zur Gabel und zum angepeilten Stil.
Doch während sie früher die finalen Schweißarbeiten genauso rustikal beendeten, kam Akis Rahmen auf die Rahmenlehre, wo er fertiggeschweißt und an entsprechenden Stellen für Spannungsfreiheit nachtemperiert wurde. „Für das Gooseneck nahm ich Rohre mit 28,5 mm Außendurchmesser und drei mm Wandung bei den Unterzügen und 38 x 6 mm-Rohre für das Oberrohr. Die Blechversteifungen am Hals sind aus 1,5-mm-Stahlblech. Tank, Schutzblech und Heckverkleidung aus 1,3-er Blech gearbeitet.“
Harley-Davidson ULH mit One Piece Frame
Aki hatte als Basis für den Rahmen einen 1953er H-D Starrrahmen verwendet. Er nennt das Ergebnis »One Piece Frame«, weil alles zusammen – Rahmen, Benzintank, Öltank und Schutzblech – verschweißt, verzinnt und bis zur Perfektion geglättet ist. Für das glättende Bodywork konnte er auf seinen Freund Hitoshi aus Orange in Kalifornien zählen. Aki betont aber nachdrücklich: „Alles, was wir selbst erledigen konnten, haben wir auch hier erledigt. Und wirklich immer erst am Feierabend. Am Tag sind nämlich die Kundenbikes in der Mache. Schließlich wirft der Laden noch nicht so viel ab.“
Und Werbung geht am besten von Mund zu Mund. Deswegen nehmen die Hogkillers auch an möglichst vielen Bikeshows teil. „Das ist dann wie ein hell erleuchtetes Schaufenster, das Kunden anzieht. Ich versuche einfach mit geringstem finanziellen Einsatz zu überleben.“ Aki arbeitet an Vollaufbauten, Reparaturen und Wartung. Die Elektrik, neue Kabelbäume und vor allem die versteckt verlegten Strippen gelten als seine Spezialität.
Kabelbinder gibt es für Aki ihn nicht
Er mag es, an Details zu arbeiten, auch wenn es mal nur simple Clips sind, die letztlich den Unterschied ausmachen. Kabelbinder? Die gibt es für ihn nicht. Das hat er von Jesse James gelernt. Bei seinen Komplettaufbauten laufen die Kabel immer in angeschmiegten Rohrleitungen, die am Rahmen verschweißt sind. Absolutes Neuland sind für ihn die Website und der Onlineverkauf von Teilen.
Aber nur so kommt genügend Geld herein. Eigene Projekte, wie der Gooseneck-Chopper, gehen bei Hogkillers eigentlich nur Lowbudget. Klar, deshalb wurden auch Getriebe samt Motor komplett im Haus überholt – wenn schon das Verchromen so saumäßig teuer war. Früher, in den Sechzigern, da soll ja an jeder Straße eine Verchromerei gewesen sein und die Kosten niedrig. Aber wenn’s denn Period Correct sein soll … und genauso korrekt sollte Akis Chopper einen 5.00-16-Reifen hinten und einem 2.25-17 vorn tragen.
Harley-Davidson ULH mit einer guten und einer bösen Seite
Doch einen 17er-Gummi in dieser Größe mit klassischem Profil, optisch passend zum hinteren Pneu, suchte er in den USA vergebens. „Den konnte ich in Japan auftreiben, wo sie noch an 50-ccm-Mopeds und Kleinmotorrädern verbaut werden. Mein Kumpel Tanner Goldbeck – der schon mit mir zusammen bei West Coast Choppers gearbeitet hatte – machte die Airbrushs.“ Aki wollte eine gute und eine böse Seite. Der Begriff „Jawbone“ – Unterkiefer – kam ihm dabei in den Sinn.
Er hatte gehört, dass Kannibalen ihn als Trophäe und Amulett ansahen, als Sinnbild für das menschliche Leben: Gut und Böse, Liebe und Hass, Coolness und Angst, Beruhigung und Erschrecken. Nach etwas Brainstorming legten sich Aki und Tanner auf „Temptation“, also die Versuchung, und „Salvation“, die Erlösung, fest. Was Tanner dann überzeugend umsetzte. Die alles versiegelnden, matten Klarlackschichten legte abschließend wieder Kumpel Hitoshi auf.
Lässt sich das Ding überhaupt fahren?
„Ich bin total hingerissen über das Ergebnis. Wenn ich jetzt irgendwo damit auftauche, fallen den Leuten die Unterkiefer herunter. Dann überfallen sie mich mit Fragen: Lässt sich das Ding überhaupt fahren, wie kommst du damit zurecht? Gut, sowas war ja zu erwarten.“ Und Aki Sakamoto kann antworten, er war mit seinem Bike auf dem Freeway und „bei den erlaubten 75 Meilen (120 km/h) gab’s keine Probleme.“
Info | hogkillers.com