Ein Customaufbau, der wirklich gut fahrbar sein soll, war Rolands Plan. Herausgekommen ist eine überaus elegante Harley-Davidson Sportster.

Automatisierungstechniker sorgen dafür, dass Maschinen oder Anlagen selbstständig und ohne Mitwirkung von Menschen laufen. Roland macht genau diesen Job. Er plant und baut Steuerungen, füttert Datenbänke und entwickelt Visualisierungen. Den Großteil seines Arbeitstages verbringt er vor dem Computer. Ausgleich findet er neben seiner Familie auch in der Garage. Das hier gezeigte Projekt spiegelt sein handwerkliches Talent und Können wider.

Wirklich erstaunlich, welchen optischen Effekt die Zylinderkopfzierdeckel, die einen auf XR750 machen, von EMD bewirken

Früher war Roland nie ein großer Fan von Harleys Sportster-Familie. Das änderte sich aber in den letzten Jahren, in denen er immer mehr Gefallen an den kleinen Harleys fand – immerhin ist das Herzstück, der ursprünglichste Motor der von der Motor Company bis vor Kurzem noch gebaut wurde. Der Evolution-Sportster-V2 wurde immerhin von 1986 bis 2022 produziert.

Harley-Davidson Sportster mit EMD-Motoroptik

So kam’s, dass sich der Österreicher auf dem Gebrauchtmarkt umsah und schließlich ein halbwegs unverbasteltes Basisfahrzeug zu einem guten Kurs fand, eine Nightster aus dem Baujahr 2010. Nur wenige Tage nach dem Kauf wurden auch schon die ersten Teile für die Änderung der Motoroptik geordert – Rockerboxen, Nockenwellendeckel, Pulley-Abdeckung und Primärkasten von EMD waren nach kurzer Zeit bereits da und wurden auch gleich montiert.

Stock sucks, hihi

Zeitgleich bekam auch der graue Motorblock eine Lackierung in einem freundlichen Harley-Texture-Black. Und damit es einen einheitlichen Farbton ergab, bekamen auch die EMD-Teile noch den gleichen Lack verpasst. Bis es mit dem Umbau allerdings weitergehen konnte, dauerte es dann aber noch seine Zeit. Dann begann das große Warten. Vier Monate musste Roland auf seine Sonderbestellung bei Performance Machine warten. Er nutzte die Zeit, um die grundsätzlich noch serienmäßige Sporty besser kennenzulernen und spulte über den Sommer etliche Kilometer damit ab.

Alu-Schmiedefelgen von Performance Machine

Im Herbst war es dann so weit. Das große Paket aus den USA kam in der Steiermark an und es stellte sich heraus: Das lange Warten hatte sich gelohnt. Die Alu-Schmiedefelgen, Bremsscheiben, Pulley und der vordere Bremssattel mit einer Sondereloxierung in der Farbe Grau waren perfekt verarbeitet und hatten zusätzlich auch noch den Segen des TÜV. Das Customprojekt von Rolands Harley-Davidson Sportster konnte wieder Fahrt aufnehmen.

Das Heck entstand auch in Handarbeit

Im selben Paket befanden sich auch noch die Einzelteile einer neuen Gabel einer 2016er Forty-Eight, die Roland wegen der fetten Optik und der guten Funktionalität (Gasdruck-Cartridge) unbedingt haben wollte. Um Geld zu sparen, wollte er die Gabel ebenfalls in den USA kaufen, was sich allerdings als etwas schwierig erwies, da die US-Harley-Händler scheinbar keine OEM-Teile mehr ins Ausland versenden. So wurden die Originalteile kurzerhand zu Verwandten in Kalifornien geordert, die diese dann mit dem Auto zu dem Händler brachten, bei dem auch die Teile von Performance Machine bestellt wurden.

Harley-Davidson Sportster mit Fahrwerks-Update

Damit das ganze Fahrwerk eine runde Sache wurde, bekam die Nightster noch die Alugussschwinge einer 2009er XR 1200 und die Stoßdämpfer einer 2016er Iron spendiert. Die XR-Schwinge war nicht einfach zu finden, da es diese selten als Gebrauchtteil zu kaufen gibt. Letztendlich wurde Roland bei eBay in Holland fündig, die dazu passende Achse fand er bei eBay Italien. Fehlende Teile wie etwa die Achsspanner wurden kurzerhand selbst angefertigt. Auch der hintere Bremssattelhalter für einen Vierkolbensattel und sämtliche Distanzen mussten neu angefertigt werden. Die erforderlichen Dreh- und Frästeile wurden von einem Kumpel nach den Zeichnungen von Roland angefertigt.

Die Tankflanken um die Zylinderköpfe zu ziehen, war von Anfang an Rolands Plan, denn: Stock sucks!

Sein Hauptaugenmerk legte der Automatisierungstechniker aber auf die Blechteile des Bikes. Es sollte alles möglichst selbst angefertigt sein, Katalogteile waren tabu. Generell sollte es ein anderer Stil werden, ein hochgelegter Peanut-Tank kam nicht in Frage. Der Tank sollte so flach wie irgend möglich über dem Motor sitzen, ja, sogar noch den Konturen der Zylinder folgen. Umgesetzt hat er das mit ein Millimeter dickem Stahlblech. Dabei waren auch Schwierigkeiten wie die Unterbringung der originalen Benzinpumpe oder des knappen Abstandes zwischen Einfüllöffnung und Oberrohr zu meistern. Nach rund neunzig Arbeitsstunden war der Tank fertig und vor allem dicht.

Fließenden Linien vom Tank bis zum Heck

Das Heck entstand auch in Handarbeit. Am gekürzten Heckrahmen fügte der Österreicher einmal mehr Stahlbleche aneinander, und so entstand ein Monocoque, das in einer fließenden Linie an den Tank anschließt und auch den Sitz nahtlos einbettet. Nach der ganzen Blecharbeit war der Frontfender, der ebenfalls aus einem flachen Stück Blech entstand, eine leichte Übung und auch schnell umgesetzt.

Ungewöhnlich und anders als die üblichen Tropfentanks. Und auch unten drunter ein kleines Meisterwerk

Handmade sind auch die Krümmer inklusive Hitzeschutzbleche aus Edelstahl, an denen der Endtopf von Vance & Hines ein perfektes Finish ergibt. Die gesamte Auspuffanlage erhielt dann noch eine Keramikbeschichtung, die selbst höchsten Temperaturen standhält. Neben unzähligen Kleinteilen, die Roland selbst anfertigte, wurden auch die Seitendeckel geschmälert und an die minimal mögliche Kontur des darunterliegenden Öltanks angepasst. Um die Umbaukosten ein wenig im Rahmen zu halten, versuchte er auch all jene Teile zwischendurch wieder zu verkaufen, die vom Serienbike abgebaut wurden. Immerhin war das alles außer dem Rahmen und dem Motor.

Explosionszeichnungen des Sportster-Motors

So fanden diese Teile auch wieder glückliche Besitzer in ganz Europa und nebenbei landeten ein paar Euro in Rolands Geldbörse. Zu guter Letzt wurde noch der Sitz von Rolands Kumpel Stefan bespannt und penibel an die Konturen des Monocoques angepasst. Den Paintjob überließ der Steirer seinem Freund Laschi von Airvolution. Auf den schwarzen Basislack kamen mit Blattsilber unterlegte, giftgrüne Konturen, an den Oberseiten der Teile wurden mit Luftpinsel und anderen Techniken originale Explosionszeichnungen des Sportster-Motors aufgebracht. Der Schriftzug „Stock sucks“ vollendete das ganze Werk.