Der 1200er V2-Motor einer Buell XB12 ist das einzige, was an diesem radikalen Eigenbau weitgehend serienmäßig ist.

Bei Lars Selander begann alles mit seiner Faszination für italienische Sportwagen der 50er Jahre, mit handgedengelter Alu-Karosserie wohlgemerkt. Schon über 30 Jahre ist es deshalb her, dass er begann, mit dem Leichtmetall zu experimentieren. Er baute bereits Fahrräder, Musikinstrumente und andere Motorräder aus Aluminium, bevor er mit der hier gezeigten Buell XB12 einen der Sieger der Norrtälje Bike Show schuf.

Wehmut wegen der verpassten Motorrad-Jahre

Der Name der Maschine, V-Mod, ist ein Wortspiel. „In meiner Sprache wird er ausgesprochen wie ‚vemod‘ (deutsch: Wehmut), weil es ein bisschen traurig ist, dass ich nicht bereits in jüngeren Jahren an Motorräder geraten bin“, sagt Lars, der als Spezialist für Röntgenuntersuchungen in Sundsvall im Norden Schwedens lebt.

Die Geburtsstunde der „V-Mod“ schlug, als Lars in einem Inserat den Motor einer Buell XB12 fand

Lars begann ungewöhnlich spät damit, seine Träume in die Tat umzusetzen, wenn man bedenkt, dass seine Begeisterung bereits in früher Kindheit geweckt wurde. Infiziert wurde er zu der Zeit, als sein großer Bruder anfing, Motorradmagazine zu lesen. Lars verschlang die jedes Mal gierig, sobald sein Bruder sie durchhatte. „Ich bin mehr oder weniger direkt von Donald Duck zu Motorradzeitschriften übergegangen. Meine Lieblinge waren die Sportmaschinen – Benelli, MV Agusta, Gilera, TT-Renner und die Factory Racer von Harley-Davidson wie die KR und XR.“

Seine feuchtesten Träume waren finanziell unerreichbar

Dennoch interessierte sich Lars mit zunehmendem Alter zunächst hauptsächlich für Autos. Erst die mit V8-Motor, später englische Sportwagen. Seine feuchtesten Träume waren jedoch finanziell unerreichbar – die bereits erwähnten italienischen Sportwagen mit in Handarbeit gefertigten Karosserien aus Aluminium. Die stammen aus jener guten alten Zeit, bevor an Fiberglas, geschweige denn an Carbon zu denken war. Lars’ Träume enstanden in Manufakturen wie Pininfarina, Scaglietti, Zagato oder auch bei Piero Drogo, der Sonderkarosserien für Ferrari fertigte.

Auch den Endtopf dengelte der Aluminiumkünstler selbst

Aber sich vom Internet inspirieren zu lassen, das kostete ihn gar nichts. Was dazu führte, dass er sich das Kultbuch „Metal Fabricator’s Handbook“ des Rennwagenkontrukteurs Ron Fournier zulegte. Sein erstes eigenes Aluminium-Projekt wurde ein Fahrrad im Design der klassischen amerikanischen Schwinn-Zweiräder. Kurz darauf folgte bereits ein Motorrad. Er setzte den Motor einer Yamaha XS 650 in einen von ihm stark modifizierten Aluminiumrahmen von Suzuki.  Danach baute er gleich eine ganze Reihe unterschiedlicher Musikinstrumente aus dem leichten Metall. „Musik ist meine zweite große Leidenschaft! Und das, obwohl ich selbst kaum spielen kann.“

Der Motor einer Buell XB12 dient als tragendes Element

Die Geburtsstunde der „V-Mod“ schlug, als Lars in einem Inserat den Motor einer Buell XB12 fand. Er begann zunächst auf Skizzen, einen Rahmen um den Motor zu entwerfen. Diese Zeichnungen vergrößerte er später und übertrug sie im Maßstab 1:1 auf Sperrholz. „Der XB-Motor war ja von Geburt an gewohnt, in einem Aluminium-Rahmen zu stecken, da wollte ich ihn nicht enttäuschen …“. Eine der wichtigsten Vorgaben für den Entwurf stand für Lars gleich von vornherein fest: „Wenn du mich fragst, ist das Hässlichste an einer Sportster, dass der Motor viel zu weit vorn im Rahmen hängt. Deshalb habe ich versucht, ihn so dicht wie nur irgend möglich am Hinterrad zu montieren.“

 

Konsequent gestylt: Versteifung an der oberen Gabelwippe

Der Motor fungiert bei Lars’ Konstruktion als tragendes Element im Chassis, das aus mehreren Einzelteilen besteht. Auf diese Weise ließ sich der Rahmen deutlich enger an den Motor schmiegen als in einteiliger Bauweise, die noch den Ein- und Ausbau des Antriebs zulassen muss. Der Heckrahmen der V-Mod wird direkt am Gehäuse des Getriebes verschraubt.

Buell XB12 – Kreismarmorierung als Entspannungstherapie

Die kreismarmorierte Oberfläche der Bleche entstand in Handarbeit. Lars legte dafür einfach ein Stück Schmirgelpapier auf seine Daumenkuppe und drehte es ein bisschen hin und her bis ihm das Ergebnis so gut gefiel, dass er es danach tausende Male auf dem gesamten Motorrad wiederholte – die perfekte Entspannungstherapie nach Feierabend.

Schöner Schein: Die Doppel-Duplex-Trommelbremse im Vorderrad macht einen auf Ceriani, ist aber in Wahrheit eine Replik aus Ungarn

Die Trapezgabel ist ebenfalls ein Eigenbau und entstand aus den gleichen 1,5 und 3 Millimeter starken Blechen wie der Rahmen. Bei so viel Eigenkonstruktion lief natürlich längst nicht alles wie geplant, immer wieder landeten Teile oder ganze Baugruppen auf dem Schrott, wie zum Beispiel die gesamte rechte Seite des Rahmens – alles auf Anfang bitte! Die vordere Bremse deutet indes auf die Liebe zu alten Rennmotorrädern hin. Es ist die ungarische Replik einer Vier-Backen-Trommelbremse von Ceriani. Lars mag Scheibenbremsen an seinen Motorrädern nicht besonders, weshalb er die hintere Scheibe aus einer 500er KTM unter einer Abdeckung verschwinden ließ.

„Am Handling habe ich nichts auszusetzen, schließlich wiegt das Ding fast nichts“

Die Reifenwahl mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen: Hinten dreht sich ein Metzeler, der ursprünglich auf ein Seitenwagenrad gehört. Und vorn rotiert ein merkwürdig anmutendes Pendant vom tschechischen Hersteller Mitas, der eher für seine Traktorenreifen bekannt ist. „Aber am Handling habe ich nichts auszusetzen, schließlich wiegt das Ding fast nichts. ich schätze kaum mehr als 140 kg, ich muss sie unbedingt mal wiegen.“ Das empfehlen wir auch, denn es dürften eher 50 Kilo mehr sein. Aber egal, darum geht’s ja auch nicht. Denn auch mit 190 Kilo ist die V-Mod ein sehr geiles Gerät geworden!