Kann man eine vernünftige Individualisierung seines Bikes nur mit Katalogteilen hinbekommen? Scott aus Arizona hat es mit einer Harley-Davidson Sportster ausprobiert …

Harley-Davidson schickte 1957 die Sportster-Baureihe ins Rennen, um sich in einem zu jener Zeit von den Engländern mit Triumph und BSA dominierten Marktsegment behaupten zu können. Stetig weiterentwickelt, wurde die Modellreihe oft missverstanden, als „Mädchen-Harley“ verpönt und sogar von der Company selbst hin und wieder auf eine Art und Weise vermarktet, die ihren Qualitäten kaum gerecht wird. Dabei schlug in der luftgekühlten Sportster das Herz eines Cafe Racers. Oder Scramblers. Oder beidem, wie Scotts Eigenbau aus der Wüste von Arizona eindeutig belegt.

Harley-Davidson Sportster als Cafe Scrambler

Ein Harley-Fan im eigentlichen Sinne war Scott nie. Obwohl der Mittvierziger in seinem Leben schon einige Motorräder besessen hat, an denen er stets eigenhän­dig Modifikationen vornahm, fand sich vor der Sportster nie eine Harley in seiner Garage. Als sich dann in seinem Kopf die Idee eines Umbaus nach dem Vorbild der britischen Cafe Racer festzusetzen begann, fing die Suche nach einer geeigneten Basis an. Scott fand, dass es für ihn an der Zeit war, nach zahlrei­chen europäischen und japanischen Bikes endlich einmal ein amerikanisches Eisen in seiner Garage zu haben. Seine Wahl fiel auf eine Sportster 883.

Die MAG-Group wird es freuen: Scott bediente sich reichlich aus dem Portfolio von Performance Machine und Roland Sands Design

Das Angebot an Teilen und Custom-Parts für die Sportster-Baureihe hat zwar über die letzte Dekade auch in den USA erheblich zugenommen, doch die Teileanbieter bleiben im Bezug auf den Stil eher konservativ, will heißen dem typisch amerikanischen Chopper-Stil treu. Hat man sich also in den Kopf gesetzt, ein so außergewöhnliches Konzept wie Scotts Cafe Scrambler ohne jede Menge Spezialanfertigungen zu realisieren, sieht man sich einer äußerst beschränkten Auswahl an Zubehör gegenüber.

Immerhin, die Inspiration kommt nicht aus dem Katalog

Einer der wenigen amerikanischen Customizer, die es erfolgreich geschafft haben, die Grenzen zwischen Stilen und Klischees zu überschreiten, ist der in Kalifornien beheimatete ehemalige AMA-250- GP-Champion Roland Sands. Mit seiner Firma Roland Sands Design (RSD) bedient er nicht nur die Retro-Harley-Szene, sondern realisiert auch im Auftrag namhafter internationaler Hersteller immer wieder grundlegend unterschiedliche Projekte vom Offroad-Bike bis hin zum Performance orientierten und vollverkleideten Straßensportler. In seinem Katalog wurde Scott fündig.

So hübsch kann das Serieninstrument arrangiert werden – dank des Tachohalters von Roland Sands

Man mag von der Vorgehensweise, ein Custombike zum größten Teil aus dem Katalog eines Herstellers zusammenzustellen, halten, was man will, doch Scotts Sportster ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass auch dieser Weg zu einem hervorragenden Ergebnis führen kann. Die Inspiration sollte dabei jedoch die eigene sein, und nicht aus dem Katalog kommen. Scott wusste von Anfang an, wie seine Sportster am Ende aussehen sollte.

Die Harley-Davidson Sportster zieht die Blicke auf sich

Sie sollte eine individuelle und ganz persönliche Mischung aus klassischem Cafe Racer und den Urahnen der heutigen Enduros, der Scramblern, sein. Wobei die Offraod-Einflüsse sich dann doch auf die Wahl der grobstolligen Pirellis beschränkt. In einem Staat wie Arizona, dessen südliche Hälfte aus Wüste besteht, ist es jedenfalls durchaus sinnvoll, eine Straßen­maschine zu haben, die nicht gleich auf jedem unbefestigten Weg oder Parkplatz stecken bleibt. Selbst wenn die Straßen und Highways in einem sehr guten Zustand sind, will man sich ja nicht vor dem angesagten Szene-Hangout blamieren.

RSD-Teile, wohin man schaut. Das Gesamt-Ensemble ist dennoch gut gelungen

Scotts Lucky 13 jedenfalls zieht unzählige Blicke auf sich, egal ob auf regelmäßigen Treffen in der Wüstenmetropole Phoenix oder vor einer der zahlreichen Biker-Bars. Scott selbst ist ebenfalls mit dem Ergebnis zufrieden und denkt nicht daran, seine Sportster so bald gegen ein anderes Bike zu tauschen. Obwohl er bereits ein Dutzend Motorräder besaß. Seine Lucky 13 ist in der Tat sein dreizehntes Motorrad. Insoweit hat sich die Wahl des Namens als richtig erwiesen.