Es müssen nicht immer Apparate mit ellenlangem Radstand und Massen von Stahlblech sein. Diese Harley-Davidson Sportster von Kodlin kann auch schlank.

„Die musst Du unbedingt mal fahren“, lud mich Fred Kodlin ein. Das war im Casino in Velden, während der European Bike Week in Faak. „Klar, Du bist ein bisschen zu groß für ’ne Sportster. Das tut dem Fahrspaß aber keinen Abbruch“, sprach Fred und bot mir an, das Bike in den Rhein-Neckar-Raum zu bringen. Gesagt, getan, und so fühlten wir dieser schlanken Harley-Davidson Sportster in „unserem Wohnzimmer“, im Kleinen Odenwald östlich von Heidelberg, auf den Zahn. Dort fahren wir seit über 35 Jahren Motorrad, wir kennen dort jede Ameise mit Vornamen.

Trotz breitem Hinterrad fährt sich die Kodlin-Sportster deutlich handlicher als eine serienmäßige 883 Iron

Doch zunächst mal zum Motorrad selbst: Die beiden Kodlins, Sohn Len ist ja schon einige Jahre volle Kanne mit an Bord der Custombike-Schmiede, haben wenig von der ehemaligen Iron 883 übriggelassen. Genau genommen nur den Rahmen, und selbst den haben sie noch an den unschönen Stellen hübsch verputzt und hinter den Stoßdämpferaufnahmen rigoros gecuttet. Um von dem nicht unerheblichen Leergewicht von 255 Kilo herunterzukommen (soviel wiegt eine Iron serienmäßig), wurde im nordhessischen Borken eigens eine schicke neue Schwinge aus Rundrohren entwickelt.

Von der Iron 883 blieb wenig übrig

Die bildschöne Upside-down-Gabel stammt vom italienischen Spezialisten O.D.C., die sportiven Leichtmetallräder von RevTech gibt’s bei CCE. Das Ergebnis der Kur: über 20 Kilo Gewichtsersparnis. Das Spritfass war zwar am Anfang ein Teil von Drag Specialties. Allerdings haben die Metallwerker aus Borken Hand und Schweißbrenner angelegt und den Tank hinten verlängert. Das Heckteil entstand, wie der rassige Bugspoiler, ebenfalls aus Metall. Anmerkung: Tank, Heckteil und Spoiler können inzwischen als Kaufteile auch einzeln bei Kodlin geordert werden.

In dieser Konfiguration macht die Sportster ihrem Namen Ehre

Richtig speziell ist auch der hauseigene M-Lenker, in ihn ist ein LCD-Instrument sehr sauber integriert. Die LED-Frontlampe hat genau den richtigen, weil kleinen Durchmesser, am Heck genügen winzige All-in-One-Leuchten von Highsider. Ein Top-Mattlack mit coolem Striping trägt viel zum edel-sportlichen Erscheinungsbild der Ex-Iron bei. Apropos Ex-Iron: 883 Kubikzentimeter waren mal. Jetzt stampfen 1200 S&S-Kubik den Harley-Beat, generös unterstützt durch einen hauseigenen Luftfilter, eine Kodlin-Auspuffanlage und ein neues Einspritz-Mapping.

Harley-Davidson Sportster auf den Punkt gebracht

Und wie fährt das? Klare Antwort: Ziemlich geil. Bereits im Stand fällt die Abmagerungskur des Chassis sehr positiv auf. Und zieht man am Kabel, geht die mit S&S-Parts aufgemöbelte 1200er spürbar besser als die 1200er Serienvariante aus Milwaukee. Mag sein, weil sie freier atmet, mag sein, weil sie besser gemappt ist und mag auch sein, weil das Bike einfach leichter ist. Leistung jedenfalls vermisst man nicht, Kodlin spricht von 79 PS.

Das Leergewicht wurde um über 20 Kilogramm reduziert

Auch das Rolling Chassis taugt richtig gut. Zwar sind die Reifen etwas breiter als in Serie, dafür haben wir hinten jetzt ein 18-Zoll-Rad, das perfekt mit dem vorderen 19-Zöller harmoniert. In Verbindung mit den montierten modernen Niederquerschnitts-Radialreifen kann man sich über spielerisches Handling freuen. Auch die gänzlich anderen Federelemente funktionieren prima. Unser Fazit: Diese Harley-Davidson Sportster ist schlicht und einfach auf den Punkt gebracht, sie wird ihrem Familiennamen mehr als gerecht. Bloß, die Spiegel, Fred, die brauchen höhere Auslegerarme. Die habe ich bei jedem Kuppeln und Bremsen mit dem Knöchelschutz meiner Handschuhe gestreift. Aber das, liebe Leser, sind nun wirklich echte Peanuts.

Info | kodlin.com