Anspruchsvolles Customizing findet sich eher selten an der Milwaukee-Eight. Die Goodfella von One Way Machine auf Basis einer Harley-Davidson Softail Standard ist deshalb ein ziemlich einsamer Kumpel.

Schon gewusst oder längst verdrängt? Reifen haben nicht nur einen Geschwindigkeitsindex, sondern auch einen Lastindex. Mit anderen Worten: Es gibt Reifen, für die ein Biker zu dick sein kann – und zwei Biker gar nicht erlaubt sind. Vor dem Problem steht, wer einer Milwaukee-Eight-Harley eine elegante Besohlung im neoklassischen Stil verpassen will. Julian von One Way Machine fand passende Reifen bei W&W, aber auch nur, weil sein Umbau nur für eine Person zugelassen ist. Der gute Kumpel „Goodfella“ ist also das Motorrad, und nicht, wer hinten sowieso nicht draufsitzen darf.

Die Milwaukee-Eight-Softails schrecken viele Customizer ab

So soll es sein, ein richtiger Biker wünscht sich nicht zwingend jemanden hinten drauf. Und manchmal besteht für einen Customizer die Lösung eines Problems nicht im Machen, sondern im Finden. Oder auch in seiner Findigkeit. Milwaukee hatte Drahtspeichenfelgen kurzzeitig aus dem Programm genommen, außer für die Pan America Special. Hier zeugte es von der Findigkeit eines Customizers, wenn er deren Felgen in einem Big Twin verbaute. One Way Machine wiederum behalf sich mit dem Auftreiben alter Harley-Felgen, nicht ohne die noch einmal neu und blitzblank bespeichen zu lassen.

Die Bates-Baja-Reifen passen ideal auf ein neoklassisches Motorrad

Das war’s aber auch schon mit dem Finden. Kommen wir zum Machen. Die Milwaukee-Eight-Softails schrecken viele Customizer ab. Zu viel an ihr ist unbekanntes Terrain, und zu viel ist schlichtweg nicht machbar. Das galt aber auch schon für die mit Einpritzanlagen befütterten Twin Cams. Nur wenige wagten es, diesen Bikes einen neuen Tank zu verpassen, weil zu viele Leitungen und Komponenten drin stecken, angefangen bei der Benzinpumpe.

Harley-Davidson Softail Standard – Problemzone Tank

Dabei ist das Problem lösbar. Das Innenleben des Tanks muss abgenommen werden, und danach „entwickelt“ man drumherum eben neu, so Julian. Ein Tank aus dem Katalog geht dann eben nicht, und ein Custom-Tank für eine Milwaukee-Eight-Harley bleibt noch immer ein Einzelstück. Eine gute Gelegenheit, vom Innenleben des Tanks ein paar Zentimeter abzunehmen und den Tank selbst damit flacher zu gestalten.

Der Sekundärantrieb ist auf Kette umgerüstet. Dazu kommt ein Driveside-Bremssystem

„Die meisten wagen sich da nicht ran“, sagt Julian und macht es allein schon deswegen. Sein Buddy Winston Yeh von Rough Crafts aus Taiwan hätte das gleiche mal an einer BMW R 18 probiert, da sei alles viel schlimmer gewesen. Da wird es zum Kinderspiel, die serienmäßig zugbetätigte Kupplung auf eine hydraulische Anlage umzurüsten. Musste das sein, fragen wir ketzerisch? Die zugbetätigte Kupplung ist doch weich genug. „So geht das Kuppeln eben noch ein bisschen leichter“, sagt Julian. Und überhaupt sei das grundsätzlich erst mal eine Frage der „Cleanness“.

Die Leitung der Kupplungshydraulik nur halb so dick wie der Bowdenzug

Tatsächlich ist die Leitung der Kupplungshydraulik nur halb so dick wie der Bowdenzug, und im Unterschied zum Zug lässt sie sich unter Tank und Sattel verstecken. So ist das mit hohen Ansprüchen. „Meine Kunden wollen das volle Programm.“ Deshalb kriegen sie auch gleich noch neue Lenkerschalter von Rebuffini, das sind die einzigen mit TÜV, die an das CAN-Bus-System der Milwaukee-Eights passen, und dazu eine Umrüstung auf Kettenantrieb mit Driveside-Bremse aus dem Hause One Way Machine.

Die Edelstahl-Krümmeranlage stammt von Vance & Hines. Sie ist mit einem Topf von Jekill & Hyde kombiniert

Wichtig ist auch ein einmaliges Soundsystem! Bei der Anlage handelt es sich um eine Kombination aus Krümmern von Vance & Hines sowie elektronisch geregelten Schalldämpfern von Jekill & Hyde, die erst mal aufeinander angepasst werden mussten. Das kriegt man so nicht von der Stange. Und den völlig legalen Radau, den dieses System macht, könnt ihr auf den Bildern leider nicht sehen. Auch nicht, wenn wir die Strecke im Tageslicht geschossen hätten.

Neoklassische Harley-Davidson Softail Standard

Die Location passt jedenfalls hervorragend zur neoklassischen Note der Goodfella. „Neoklassisch“, das ist nach Julian nicht zu verwechseln mit „Oldschool“. Oldschool nämlich wäre ein altes Motorrad in einem alten Umbau-Stil. Hier aber haben wir kein altes Motorrad, sondern eine aktuelle Milwaukee-Eight-Softail. Das ist die Harley, an die so viele Customizer sich noch immer nicht rantrauen.

Info |  onewaymachine.com