Dieses phänomenale Bike war DREAM-MACHINES-Magazine-Award-Sieger: Ein wahres Custom-Kunstwerk aus Mailand auf Basis eines Harley-Davidson Knucklehead in einem 30er-Jahre VL-Rahmen.

Andrea Radaelli ist nördlich der Alpen noch ein relativ unbekannter Name – außer bei Customizern und Spezialisten, die die italienische Szene fest im Auge haben: Nach drei aufeinander folgenden „Best of Show“-Siegern bei der EICMA Custom, Design-Arbeiten für Ducati und mehreren außergewöhnlichen Custom-Kreationen auf Basis verschiedenster Hersteller ist „Radikal Chopper“ eine gefragte Adresse für extrem detaillierte Umbauten und Restaurationen.

Die Sitzposition entspricht der Original-Boardtracker-Position der 20er Jahre

Motorrad-Design liegt den Italienern einfach im Blut. Egal ob futuristische Gefährte oder Retrostyle-Bikes, in Italien treibt man die Liebe zum Design gerne ins Extrem! Was „Abnormal Cycles“ und „Punto di Fuga“ in den letzten Jahren zelebrierten, wird von der Edelschmiede „Radikal Chopper“ aus Mailand in neue Sphären gehievt: Detail-Verliebheit bis in die kleinsten Teile! Seit 2010 hat Andrea Radaelli bereits BMW-, Kawasaki-, Triumph- und Ducati-Custombikes in Szene gesetzt – jedes für sich ein Schmuckstück.

Harley-Davidson Knucklehead

Mehrere Harleys veredelte der Metallspezialist ebenfalls in rollende Kunstwerke. Doch die hier gezeigte 1947er Knucklehead im Boardtrack-Racer-Stil der späten 20er Jahre ist seine bisher aufwendigste Arbeit. Das liegt auch an der Ausstattung: Blattgold, Gravuren, Kupfer, Messing, ja sogar Edelholz- und Perleneinlagen finden sich an dem Motorrad, das ganz offensichtlich ohne Kompromisse geplant und gebaut wurde.

Jedes Detail an diesem Ausnahmemotorrad spricht für sich. Schauen Sie sich die Halter und den Federmechanismus des Sattels an

Die Abwesenheit jeglicher Beleuchtung und lediglich eine hydraulische Bremse am Hinterrad lassen den Zweck erkennen: Ein Boardtrack-Kunstwerk, das eine Hommage an die „klassischen“ Harleys der 20er und 30er Jahre ist. Das beginnt schon mit der Wahl des 1930er-VL-Rahmens, der als Einrohrrahmen erst einmal für den Knucklehead-Motor von ChopWorks vorbereitet wurde. Die VL-Rahmen waren normalerweise für die wesentlich niedriger bauenden „Flatheads“ gebaut und nicht für den erst 1936 vorgestellten OH-Zweiventiler.

Boardtrack Racer No Limit Knucklehead 1947

Der Rahmen für das Projekt fand sich bei einem Bekannten in Kanada – viele der Teile wurden in aller Welt zusammengesucht und aufwendig überholt. Rat Bike Service renovierte das komplette Triebwerk. Luca Braschi gravierte die originalen Knuckle-Cover, deren typische Schrauben mit Messingeinsätzen veredelt wurden. „Boardtrack Racer No Limit Knucklehead 1947“ zieht sich als Schriftzug über jede der vier Kipphebel-Schrauben.

Umwerfend: Originale alte Knuckle-Rockerboxen, graviert von Luca Braschi

Mit Morris-Zündmagnet und dem originalen Linkert-Vergaser zeigt sich die ganze Schönheit der alten Technik. Die kupfernen Ölleitungen sind das Tüpfelchen auf dem „i“. Das Getriebe stammt aus dem Jahr 1946 und wurde von „Low Ride“-Chefredakteur Guiseppe Roncen zum Projekt beigesteuert, Baker-Kickstarter-Übersetzung inklusive. Das Kickerpedal ist aus Edelholz geschnitzt. Die modernste Komponente des Bikes ist der eineinhalb Zoll breite Riemenantrieb zwischen Motor und Getriebe – die dazu passende Trockenkupplung ist eine Eigenanfertigung von Andrea, sie besitzt eine eigens für den Korb gegossene Druckplatte.

Period Custom mit Harley-Davidson Knucklehead

Die Vorderradgabel ist eigentlich typisch für die F- und J-Modelle mit IoE-Motoren – und mittlerweile bei W&W Cycles als Reproduktion erhältlich. Originale sind inzwischen gesuchte Sammlerstücke … oder Altmetall. Auch bei Boardtrack-Racern kam diese Bauart zum Einsatz. Den Lenker im Racer-Stil bog Andrea selbst – die Sitzposition entspricht der der Original-Boardtracker der 20er Jahre, sie ist nicht unbedingt fürs Reisen geeignet.

Das gesamte Bodywork besteht aus Aluminium

Das gesamte Bodywork ist aus Aluminium handgefertigt. Anvil’s Disciples hämmerten Tank, Öltank (ein Kunstwerk für sich) und Fender, teilweise verziert durch Holzeinlagen von AD Kustom Furnitures. Koordination und Anfertigung der zahllosen Details wie Sitzaufnahme, Auspuffanlage, Ölleitungen, Fußrasten, Messing-, Kupfer- und Perlmutteinlagen oblag Mastermind Andrea Radaelli. Über den Zeit- und Kostenaufwand schweigt sich der Meister aus, aber das Wissen, dass es sich vorwiegend um authentische Teile handelt – sichtbar auch an der möglichst original belassenen Oberfläche von Motor- und Getriebeteilen – lässt den Wert für dieses rollende Kunstwerk deutlich nach oben schnellen. „Mein Ziel war ein ‚Period Custom‘, ein veredeltes Motorrad im Stil der damaligen Zeit“, erklärt Andrea seine Kreation. 

Info | Radikalchopper.blogspot.it