Es ist ein Stück weit unglaublich, was R&R Customizing aus einer braven Harley-Davidson Street Bob gezaubert hat. Obwohl, mit Zauberei hat das eigentlich gar nichts zu tun, sondern mit viel Akribie und Know-how.

Thomas Voll aka Rosti, der Mann hinter R&R, ist ein Getriebener. Er ist stets auf der Suche nach der geileren Form, der besseren Funktion, der ästhetischeren Optik. Mit die besten V-Rod- und Buell-Umbauten, die ich kenne, stammen von Rosti. Was dieser Mann baut, hat nicht nur Hand und Fuß, es hat auch Qualität und es sieht in aller Regel auch noch umwerfend gut aus. So gesehen habe ich sofort „Hier!“ gerufen, als ich das Angebot bekam, sein Dyna-Projekt mal zu fahren.

Das perfekte Gerät für alle, die auf Harley nicht nur cruisen wollen

Richtig gelesen: Dyna-Projekt. Denn wie oben schon erwähnt, hat sich Rosti als eingefleischter Leistungsjunkie in den letzten zwanzig Jahre überwiegend mit den kräftigsten Harleys beschäftigt, eben mit V-Rods und Buells. Die Marke Buell allerdings ist ihm und uns leider ebenso „abhanden“ gekommen wie die V-Rods. Aber die Company hat ja noch andere Modelle, die sportliche Zuwendung vertragen. Die Dynas beispielsweise, hier in Gestalt der Street Bob. Und wie man es von Rosti gewohnt ist, macht er keine halbe Sachen.

Harley-Davidson Street Bob in der alten Dyna-Version

Mit der beschaulichen Basis-Street-Bob hat seine „FXD-R“ nichts mehr zu tun, vielmehr steht da ein herrlich durchgestylter Muskelprotz vor einem. „Hinter dem Umbau steht der Gedanke, unsere Fahrzeuge nicht nur optisch zu verändern, sondern vor allem auch das Fahrverhalten zu verbessern“, erklärt der gelernte Werkzeugmacher. „Vor allem die Reduzierung der ungefederten und rotierenden Massen stand im Fokus unseres Schaffens.“ Was uns schon mal den Einsatz der bildhübschen Kineo-Speichenräder erklärt.

Schräglagen machen null Problem, weil das Heck durch die längeren Hyperpro-Dämpfer um 25 Millimeter gelupft wurde

Total in die Vollen ging die Umbauschmiede, was die Federelemente angeht. Hier setzt Rosti vollständig auf die Produkte der niederländischen Spezialisten Hyperpro. „Alle Stoßdämpfer werden für uns nach unseren Vorgaben angefertigt. Problemlösungen werden kooperativ in einer Weise behoben, wie wir das von keinem anderen Hersteller kennen“, freut sich Rosti. „Die vielfach einstellbare 49-Millimeter-Gabel an der Dyna beispielsweise ist extra auf meinen Wunsch hin entwickelt worden.“

Harley-Davidson Street Bob mit mehr Schräglagenfreiheit

Auch am Heck sitzt hochkarätige Hyperpro-Ware. Die Federbeine sind mit Bedacht 25 Millimeter länger gebaut worden, um zum einen die Schräglagenfreiheit zu erhöhen, zum anderen durch die Erhöhung des Hecks einen etwas steileren Lenkkopfwinkel zu generieren, was den Nachlauf leicht verkürzt und das Handling positiv beeinflusst. Die Dämpfer sind in Zug- und Druckstufe vielfach einstellbar, selbstredend kann auch die Federvorspannung verstellt werden. Und wer es noch einen Ticken höher mag, kann über justierbare Befestigungsaugen nochmals 10 Millimeter rauskitzeln.

Die Schwinge soll noch durch eine leichtere Alu-Schwinge ersetzt werden

Doch wie fährt sie sich, die R&R-Dyna? Beim Aufsteigen fällt zunächst auf, wie leicht sich das Bike anfühlt. Die Sitzhöhe ist für etwas größer gewachsene Mitteleuropäer perfekt, die Fußrastenposition passt. Nach dem Druck auf den Anlasserknopf bekommt man genau das, weswegen man Harley fährt: gieriges Schlürfen aus dem Einlasstrakt, sonores Donnergrollen aus dem (nicht ganz StVZO-konformen) 2-in-1-Auspuff. Der Twin Cam selbst ist mechanisch völlig original belassen, lediglich das Einspritz-Mapping wurde auf die offeneren Komponenten der Einlass- und Auslassseite abgestimmt; und das mit erstaunlichem Erfolg.

Voll einstellbares Hyperpro-Fahrwerk

Das Ding ging echt ab wie Schmidts Katze, was beweist, dass man Harley-Motoren mit einigermaßen überschaubarem Aufwand mächtig auf die Sprünge helfen kann. Bei der ersten Fahrt erwies sich das Fahrwerk erwartungsgemäß als Waffe, bloß mit dem viel zu straffen Heck konnte ich mich partout nicht anfreunden. Kein Problem bei diesen Dämpfern. Schnell die Liste des Fahrwerkssetups rausgekramt, geschaut, wie die R&R-Jungs die Druckstufe voreingestellt hatten und mit einem Kreuzschlitzschraubendreher satte 11 Clicks in Richtung weicher gestellt. Danach hat es astrein gepasst. Das Setup des Frontends war super und jetzt zeigten die Hyperpros auch hinten, was sie können.

Astreine Sache: Der ergonomisch abgeschrägte Luftfilter von RSD bringt Platz fürs rechte Fahrerbein

Passend dazu gibt’s allerfeinstes Bremsenmaterial von Galfer und Brembo. Unterm Strich ein absolut geiler Hammer! Wenn ich nicht schon genügend Motorräder besäße, die hier wäre eine Kandidatin für meine Garage. Das perfekte Gerät für Menschen, die nicht einsehen wollen, dass man mit Motorrädern aus Milwaukee nur cruisen kann.

Info | r-r-customizing.de