Er brachte Harley-Davidson Deutschland nach oben: Klaus Zobel war der Chef der Company in Deutschland von 1976 bis 2000.

Im Jahr 1939 wurde Klaus Zobel in Fulda geboren, in Köln wuchs er auf. Dort machte er eine Lehre als Autoschlosser und schließlich seinen Meisterbrief. Im Jahr 1969 landete er bei „Eysel Motorsport“ in Langenselbold östlich von Frankfurt. Eysel Motorsport war damals  Generalimporteur für Harleys in Deutschland. Dort wurde Zobel Betriebsleiter. Seine Arbeitsbedingungen waren bestens. Trotzdem sah er kaum eine Perspektive für sein berufliches Vorwärtskommen. Er machte sich selbständig.

Von Mörfelden aus leitete Klaus Zobel die Geschicke der Company

Im Jahr 1976 erhielt Klaus Zobel einen Anruf von Harley-Davidson, damals noch unter der Regie von AMF. Die Company fragte an, ob er die deutsche Niederlassung von Harley übernehmen wolle. Seitdem war er „Managing Director“, also Geschäftsführer von Harley-Davidson Deutschland. Kurz nach dem „Management-Buy-Back“ zog Harley Deutschland nach Mörfelden. Zobel nennt das übrigens „Buy-Out“ und hat damit genauso recht. Von Mörfelden aus leitete Zobel die Geschicke der Company bis zum Jahr 2000.


Wir sprachen mit Klaus Zobel über Harley-Davidson gestern und heute

DM: Klaus, du bist nun 84 Jahre alt. Harleys standen schon zu deiner Zeit in dem Ruf, Motorräder für alte Männer zu sein. Ist das Alter der Harley-Fahrer ein Problem oder eine Herausforderung?
Zobel: Ein Problem würde ich das weniger nennen. Harley fahren bedeutete früher ruhig zu fahren, nicht superschnell. Außerdem war eine Harley nie billig zu erwerben. Man musste also schon über ein gewisses Einkommen verfügen. Unabhängig davon musste sich Harley-Davidson natürlich schon immer darum kümmern, dass auch Nachwuchs dazukommt. Mein Eindruck ist übrigens, dass der durchschnittliche Harley-Fahrer heute eher jünger ist als zu meiner Zeit.

Heute kann man sich eine Harley wohl schon in jüngeren Jahren leisten?
Richtig. Als ich im Jahr 1976 „Managing Director“ wurde, haben wir nach meiner Erinnerung an die 80 Motorräder im Jahr verkauft, dann kam im Jahr 1981 das Management-Buy-Out …

Biker-Legende und Kultautor Oluf Zierl und Klaus

Heißt das nicht „Buy Back“?
Nein, ich kenne es als „Buy-Out“, denn es war ein Herauskaufen aus dem AMF-Konzern, nicht ein Zurückkaufen. Zu Beginn der Achtziger hatte ich jedenfalls eine Jahresplanung angefertigt und kam auf 999 Motorräder, die im Jahr verkauft werden würden. Für diese Zahl hatte ich mir jeden einzelnen Händler sorgfältig angeschaut und seine Lage eingeschätzt. Aus Amerika folgte natürlich die Frage, wie ich ausgerechnet auf diese Zahl komme. Dann hieß es: Okay, wenn du 1000 Einheiten schaffst, gibt’s was Besonderes.

Das gab es dann auch?
Das gab es dann auch! Es war eine achttägige Privatreise mit meiner Frau im Anschluss an eine Dienstreise nach Milwaukee.

In den 80er und 90er Jahren waren viele der typischen Harley-Fahrer noch echte Rebellen. Und heute?
Rebellen … gibt es das heute überhaupt noch, Rebellen? Ich glaube nicht.

Klaus Zobel: „Wir hatten nie Probleme mit Bikern oder Rockern“

Zu deiner Zeit boomte es in der Harley-Szene, die ersten Männer im festen Berufsleben konnten sich eine neue Harley-Davidson leisten. Gleichzeitig wurde die Company von vielen Harley-Bikern für alles Übel und zunehmende systematische Polizeikontrollen abgewatscht. Wie lebte es sich damit?
Dem kann ich absolut nicht zustimmen, weder Harley-Davidson in Milwaukee, noch wir als Niederlassung hatten je Probleme mit Bikern oder Rockern, im Gegenteil!

Also keine schlaflosen Nächte? Oder warst du mit der Hassliebe der selbsternannten „echten“ Harley-Biker zur Company schon vertraut?
Das hat mir keine schlaflosen Nächte bereitet. Ich habe auch keine Hassliebe der sogenannten „echten“ Harley-Fahrer wahrgenommen. Wir hatten sogar mal einen Hells Angel als Angestellten. Es gab allerdings gewisse Spannungen, als die Harley-Davidson Owners Group gegründet wurde. Nicht nur mit den Rockern, weil denen das mit dem Rocker-ähnlichen Rückenanzeichen der HOG nicht schmeckte, sondern auch vom Harley-Davidson Club Deutschland, der Konkurrenz befürchtete.

Klaus Zobel war bis 2000 Managing Director bei Harley-Davidson Deutschland. Danach war er „Director European Affairs“, 2003 ging er in den Ruhestand

Du warst aber auch nach deiner Zeit als Managing Director noch aktiv?
Im Jahr 2000 wurde ich noch „Director European Affairs“. Damals konnte ich einiges verhindern, in Brüssel zum Beispiel geplante zusätzliche Hubraumbeschränkungen für Führerscheinanfänger. Dafür bedankte sich dann sogar BMW bei mir! Das habe ich noch bis 2003 gemacht.

Und dann echter Ruhestand? Gibt es sowas für einen Manager?
Absolut! Ab und zu wurde ich mal eingeladen, aber aus dem Geschäft habe ich mich komplett zurückgezogen.

Klaus Zobel: „Ich bin immer die großen Tourer gefahren“

Gab es für dich mal ein anderes Motorrad als Harley?
Mein erstes Motorrad war eine Vespa, direkt nach meiner Lehre. Aber für eine Vespa muss man sich nicht entschuldigen, die ist auch ein Kult-Kraftrad. Und bei Eysel war ich noch nicht ganz angekommen, da hatte ich mir schon eine Electra Glide gekauft.

Was fährst du heute privat? Immer noch Electra Glide?
Vor sechs Jahren, im Alter von 78, hat mich ein Autofahrer vom Motorrad geholt. Die E-Glide war Totalschaden, für mich ging es glimpflich aus. Das war für mich ein Zeichen. Es war übrigens eine Electra Gilde Ultra Anniversary von 2003. Ich bin immer die großen Tourer gefahren.

Klaus mit einer von Willie G. Davidson im Jahr 1984 unterzeichneten Urkunde

Hattest du im Alter keine Probleme, die großen Tourer noch zu halten?
Das war für mich nie ein Problem.

Hast du nun andere private Hobbys?
Ich hatte mal ein Boot, das hab ich inzwischen verkauft. Ich fahr gerne nach Spanien, drei Monate im Jahr sind wir da unten und genießen es.

„Das einzige, was aus Asien kam, waren Jacken und T-Shirts“

Das fällt fast schon unter Globalisierung. Deshalb gleich die nächste Frage: Im Zuge der Globalisierung muss niemand sich mehr dafür rechtfertigen, wenn er in Asien fertigt. Früher war das nicht denkbar. Oder gab es früher auch schon Fertigungen von Harley-Teilen in Asien?
Nein, nicht, dass ich es wüsste. Das einzige, was zu meiner Zeit aus Asien kam, waren Jacken und T-Shirts.

Dem Evo-Motor wird eine Konstruktion durch Porsche nachgesagt, dem V-Rod-Motor auch, an den Stammtischen wird beides heftig diskutiert. Was ist wirklich der Fall?
Die Konstruktion des Evo war von Harley-Davidson. Porsche hatte zu der Zeit nur den Auftrag, etwas zu entwickeln, damit die Harleys leiser werden. Damals hatte Porsche die Sportster dazu gebracht, dass die auf die zulässigen 80 dB kommt. Den V-Rod-Motor hat auch Harley gemacht. Das mit den Gerüchten von Porsche ging damals rum, aber das stimmt nicht. Als die erste V-Rod fertig war, war ich in Milwaukee. Willie G. hatte mir dort das Motorrad gezeigt. Da bin ich die gefahren. Das war schon ein gewaltiger Entwicklungssprung. Damals dachte ich, ich werd’ nicht mehr …

Gibt es heute eine Harley, der du nicht deinen Segen geben würdest?
Es tut mir furchtbar leid, dazu kann ich nichts sagen, weil ich die nicht mehr kenne.

Mindestens einmal in der Woche geht’s runter in den Keller zum Billard. Natürlich unter einem Lampenschirm von Harley-Davidson

Auch nicht die LiveWire?
Die nehme ich auf jeden Fall zur Kenntnis. Das ist ein Trend, an dem keiner vorbeikommt. Man muss sie zumindest anbieten. Das hätte ich auch gemacht.

Die wassergekühlte V-Rod war die erste Harley, das für einen Aufschrei in der Szene sorgte. Heute werden Pan America, Sportster S und Nightster mit Wasser gekühlt, ohne das äußerlich zu verbergen. Viele Milwaukee-Eights hatten vorher schon eine heimliche Kopfkühlung. Kannst du damit leben?
Ja, damit kann ich sehr gut leben. Ich würde mir aber wahrscheinlich keine Wassergekühlte kaufen, sondern eher die traditionelle Luftgekühlte.

„Vergesst um Gottes Willen nicht die Tradition!“

Harley muss schon immer Neues schaffen, ohne den alten Mythos zu zerstören. Was ist heute die größte Herausforderung?
Ja, der alte Mythos muss unbedingt erhalten bleiben. Ich würde zu den neuen Managern also sagen: Macht weiter so, wie ihr es jetzt macht! Aber vergesst um Gottes Willen nicht die Tradition!

Bist du froh, dich selbst darum nicht mehr scheren zu müssen?
Würde ich so nicht sagen. Ich habe den größten Teil meines Lebens mein Hobby zum Beruf gemacht. Aber man muss eben irgendwann mal einen Schlussstrich ziehen.

Info | harley-davidson.com