Dan Carr aus Texas ist wohl der einzige Besitzer von gleich zwei wassergekühlten Knucklehead-Maschinen. Die Geschichte dahinter ist wahnsinn, die Motorräder auch. Wir zeigen eines dieser Bikes, angetrieben durch einen Petruzzi-Knucklehead und erzählen, was dahinter steckt.
Äußerlich ähneln sich die beiden wassergekühlten Knuckles von Besitzer Dan zwar auf den ersten Blick, doch es gibt große konstruktive Unterschied. Beim Drake-Motor, verbaut in einem Langgabler, sind Zylinder und Kopf komplett in einem Stück gegossen, sie lassen sich demnach nicht trennen. Das ist beim hier verbauten Petruzzi-Motor anders. Hinter dieser Entwicklung und ihrer Neubelebung steckt eine folgende interessante Geschichte. Joe Petruzzi gehörte Ende der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts zu den erfolgreichsten Fahrern im seinerzeit sehr beliebten Formel-Rennsport mit den so genannten „Midget Cars“.
Diese leichten Kisten auf vier Rädern wurden mit allem angetrieben, was der Markt hergab. Egal ob der Triebling nun aus dem Auto-, Motorrad- oder sogar Außenborderbereich kam. Die Firma Drake war mit ihren wassergekühlten Knuckles gut vertreten, allerdings krankten diese Motoren notorisch an Kühlmittelverlust und waren gerade durch die Bauweise der durchgegossenen Zylinder/Kopf-Einheit nicht gerade reparaturfreundlich. Hier kommt Joe Petruzzi ins Spiel. Der war nicht nur Fahrer, sondern hatte eine Ausbildung als Mechaniker und kam 1939 auf die verrückte Idee, seinen eigenen Motor zu konstruieren.
Petruzzi-Knucklehead mit Wasserkühlung
Er fertigte eigene Gussformen an und bearbeitete die gegossenen Rohlinge aus Stahl. Auch die Kolben und sogar die Vergaser entstanden in Eigenleistung. Die Arbeiten zogen sich ins Folgejahr, dann war der Motor einsetzbar. Von 1940 bis 1942 gewann das Petruzzi-Team die Meisterschaft, dann wurden die beliebten Rennen wegen des Kriegseintritts der USA ausgesetzt. Als nach dem Krieg die Rennen wieder aufgenommen wurden, kamen meist Motoren von Ford und Offerhauser zum Einsatz. Die wassergekühlten Vorkriegs-Knuckles gerieten in Vergessenheit. Von den wenigen Exemplaren, die Petruzzi fertigte, ist kein einziges erhalten geblieben.
Nun folgt ein Sprung in die Neuzeit. Vor einigen Jahren fand Ron Weber, ein auf alte Motoren spezialisierter Gearhead, Teile eines Vergasers mit der Aufschrift „Petruzzi, Fresno“. Neugierig geworden, suchte er nach Informationen. Dank Internet fand er Joe Petruzzis Enkel Mike, von dem er einiges über die Rennhistorie des Großvaters erfuhr. Wie sich herausstellte, war der große Joe zu diesem Zeitpunkt sogar noch am Leben. Telefonnummern wurden gewechselt und kurze Zeit später hatte Ron Weber den Sohn Joe Petruzzi Junior am Apparat. Von diesem kamen noch mehr Infos und die Info, dass sich die originalen Gussformen bei einem Neffen des Erbauers in Kalifornien befinden.
Ron setzte alles daran, die historischen Gussformen zu bekommen
Ron, daran interessiert, die Geschichte der Motoren fortzuführen, setzte alles daran, die historischen Gussformen zu bekommen. Und die bekam er schließlich auch. All diese Parts wurden nun zu einer Gießerei in Fresno verschickt, wo sich herausstellte, dass ein Teil fehlte. Doch auch hier war das Glück auf Rons Seite. Die Firma, bei der in Joe Petruzzis Auftrag seinerzeit vor dem Krieg die Originalmotoren gegossen worden sind, existiert noch immer und dort fand sich tatsächlich das vermisste Teil. Ron entschied sich aber, die Gehäuse nicht wie die Originale aus Stahl, sondern aus Aluminium gießen zu lassen. Das spart Gewicht und ist besser für die Kühlung.
Unterstützung beim Motorenbau fand Ron bei einigen Freunden, die wohl inzwischen mehr über Harley-Motoren vergessen haben, als mancher von uns je wissen wird. Und so wurde es möglich, dass nach über 70 Jahren wieder ein Petruzzi-Motor in Fresno seine markante Geräuschkulisse erklingen ließ. Leider erlebte der Urheber von alldem, Joe Petruzzi Senior, das nicht mehr. Wenige Tage vor der Präsentation starb er im gesegneten Alter von einhundert Jahren. Den ersten Motor setzte Ron in einen restaurierten Midget-Racer, den zweiten steckte er in einen Starrrahmen. Eine Kühlschlange im Hinterrad sollte die Kühlung übernehmen.
Der Petruzzi-Knucklehead hat Potenzial
Einen Satz „Upper Ends“ erhielt Dan „Bacon“ Carr, der ihn für seinen nächsten Aufbau nutzte und somit wohl als einziger Besitzer von gleich zwei wassergekühlten Knucklehead-Bikes gelten kann. Dan setzte die Wasser-Knuckle-Teile auf ein zeitgenössisches Motorgehäuse von 1941. Befüllt werden die 88 Kubikinches Brennraum durch einen S&S-Vergaser, der die Luft völlig ungefiltert ansaugt. Für die Zündung ist ein Morris Magneto zuständig, ausgeatmet wird durch eine links sitzende 2-in-1-Edelstahlanlage aus eigener Fertigung. Das Getriebe von 1946 wird per Hand geschaltet. Dank der Fußkupplung bleibt so die linke Seite am Lenker clean.
Die rechte Seite ist zur Zeit unseres Fototermins auch leer, da Dan es nicht geschafft hat, die am Vorderrad montierte Bremse rechtzeitig vor seinem Trip nach Daytona anzuschließen. Das sehen die Amis ja nicht so eng, aber hier wird er noch nachlegen müssen, weil er plant, das Bike im Sommer auf dem Rückweg vom Besuch der Sturgis-Rallye auf dem Salzsee von Bonneville zu testen. Der Motor bietet wohl einiges an Potential. Den starren Rahmen musste Dan etwas anpassen, damit der hoch bauende Motor hineinpasst. Solche Aktionen sind für den Betreiber von DC Choppers aber kein Problem. In der linken der beiden Panhead-Tankhälften befindet sich ganz konventionell der Benzinvorrat, rechts wird Kühlwasser gebunkert. Die hohe Platzierung ermöglicht die Nutzung des Thermosyphon-Prinzips, nach dem das heiße Wasser über den kleinen Kühler aufsteigt und dann gekühlt in den gekapselten Motor zurückfließt. Selbst in der texanischen Hitze kann Dan sein Bike täglich nutzen, ohne dass es überhitzt. Coole Sache.
Info | dc-choppers.com