Lange Zeit konnte man mit Victorys nur cruisen, mal angesehen von dem Raumschiff „Vision“. 2010 hat die amerikanische Marke ihr Lieferprogramm um die Touring-Maschinen Victory Cross Country und Cross Raods erweitert. Beides sind heute empfehlenswerte Gebrauchtmaschinen …

Na, auf der Suche nach einem gebrauchten Tourer mit fettem V2? Eine Harley Road King oder vielleicht eine E-Glide im Visier? Für Freunde schrägen beziehungsweise futuristischen Designs gibt es durchaus überlegenswerte Alternativen von Polaris. Deren 2017 eingestellte Marke Victory hatte ab 2010 zwei spacige Touring-Modelle namens Cross Country und Cross Roads im Programm – quasi die Vorfahren der heutigen Touring-Modelle von Indian.

Die spacige Optik der Victory-Tourer trägt noch die Handschrift von Custom-Legende Arlen Ness

Beachtlich sind die Fahrwerksqualitäten der Victory-Tourer. Die Rahmen der Cross-Familie wurde komplett neu entwickelt. Anders als die Cruiser-Modelle Vegas, Hammer, Kingpin und Jackpot, die mit konventionellen Stahlrohrrahmen bestückt sind, kam bei den Touren-Modellen ein gegossener Rahmen zum Einsatz.

Victory Cross Country – Full Dresser mit Top-Fahrwerk

Guss bringt Steifigkeit, und Steifigkeit bringt Spurstabiliät. Und so zeigten sich diese Tourer im Fahrbetrieb auch in höchs­tem Maße souverän. Da gautscht, schwänzelt und wackelt nichts, auch nicht auf schlechtesten Straßen. Selbst der immerhin 360 Kilogramm schwere Full Dresser Cross Country verhält sich erstaunlich stabil, von der in dieser Fahrzeugkategorie immensen Schräglagenfreiheit ganz zu schweigen.

Victory Tourer Cross Country – Futuristischer Look, unendlich zuverlässige Technik

Da kratzt und schraddelt nichts, da ist Kurvenspaß pur angesagt, die stabile Upside-down-Gabel und die supersteife gegossene Aluminium-Kastenschwinge samt Zentralfederbein tragen ihr Scherflein zu den hervorragenden Fahreigenschaften bei. Die Vierkolben-Bremsen von Nissin haben großes Potential, mit den entsprechenden Belägen mutieren sie zu wahren Traum-Beißern. Apropos Kurvenspaß: Der ist garantiert durch den bekannt quicklebendigen, starken V2-Motor, der mit seinem modernen „Innenlayout“ (obenliegende Nockenwelle und vier Ventile pro Zylinder) aus den 1731 Kubikzentimetern reichliche 90 PS und ein bäriges Drehmoment von 148 Newtonmetern generiert.

66 Prozent weniger Spiel im Antriebsstrang

In keiner Fahrsituation fühlt man sich auf den Victorys untermotorisiert. Verbessert wurde der Motor ab Modelljahr 2011 hinsichtlich des Spiels im Antriebsstrang; exakt 66 Prozent weniger Spiel versprachen die Ingenieure. Neu war auch der Leerlauffinder im Getriebe. Eine spezielle Mechanik verhindert, dass im Stand vom ersten in den zweiten Gang durchgeschaltet werden kann. Wer im Stand den Ersten reinmacht und hochzieht, hat automatisch den Leerlauf drin – eine feine Sache!

Die normale Cross Roads war das Tourer-Einstiegsmodell

Die Cross Roads-Varianten Standard und Touring zielten unmittelbar auf Harleys Road Kings ab, und die mit einem wuchtigen Frontaufbau garnierte Cross Country war für Kunden gedacht, die sich im Harley-Bereich für eine E-Glide interessierten. Fahrdynamisch stecken die Victorys die damals aktuellen Twin-Cam-Harleys ganz klar in den Sack, und auch in den Wertungen Verarbeitung, Ausstattung und Komfort sind sie vorne.

Hohes Preisniveau auch bei gebrauchten Victorys

Dies war sehr wahrscheinlich mit ein Grund dafür, dass sich Victory erstaunlich selbstbewusst bei der Preisgestaltung gab. Der Einstiegs-Tourer Cross Roads, der ohne Lenkerscheibe und mit Leder-Bags kam, kostete neu 16.990 Euro. Das gleiche Modell mit Lenkerscheibe und festen, in Fahrzeugfarbe lackierten Koffern heißt Cross Roads Touring und kam auf 17.990 Euro. Für das voll gedresste Spitzen-Modell Cross Country waren 19.490 Euro fällig; insgesamt also ein Preisniveau, das schon erschreckend nah an Harleys Sphären heranreichte.

Die edlere Version der Cross Roads mit der Zusatzbezeichnung „Touring“ kam mit einem Aufschlag von 1.000 Euro serienmäßig mit einem großen Windschild, zwei in Fahrzeugfarbe lackierten Hartschalenkoffern und einem komfortableren, weil breiteren Soziussitz

Entsprechend hoch ist auch das Niveau für Gebrauchtmaschinen, unter 10.000 Euro geht nichts. Dafür gibt’s aber auch ein unendlich zuverlässiges Motorrad. „Die Motoren sind unkaputtbar! Einer unserer Kunden hat bereits mehr als 400.000 Kilometer runtergerissen und der Motor wurde noch nie geöffnet“ erzählt uns Peter Bader von H&B Motorcycles, offizieller Indian- und Victory-Service-Point im bayrischen Thannhausen. Und auch die Ersatzteillage ist entspannt. Wenn mal ein ABS-Sensor kaputtgeht, ist das kein Problem und die meisten Verschleißteile gibt’s im Aftermarket. „Lediglich bei einem defekten Tankgeber mussten wir mal ein paar Monate auf Ersatz warten, aber das ist die absolute Ausnahme“ sagt Peter, der noch immer fleißig dabei ist, Victorys umzubauen – auch wenn sich das Hauptgeschäft natürlich längst auf Indian verlagert hat.

Info | h-b-motorcycle.de