Ful Floteing, was um Himmels Willen soll das sein? Vertippt, verlesen, verwechselt? Mitnichten. Ful Floteing ist genial und schnell erklärt: Die orthografisch seltsame Wortschöpfung (korrekt müsste es „Full Floating“ heißen), was so viel wie „voll schwimmend“ oder „voll schwingend“ bedeutet, ist vermutlich aus urheberrechtlich Gründen erfunden worden.

„Ful Floteing“ ist ein Kunstwort, dass sich rechtlich schützen ließ, was für allgemeine Sprachbegriffe nicht möglich war. Und so verbogen die Marketing-Füchse von Harley-Davidson halt die Sprache ein bisschen, erschufen ihre eigene und ließen sich die sehr auffällige Wortschöpfung schützen.

Und was steckt jetzt dahinter? Ein Schwingsattel!

Bereits in den Zehnerjahren des 20. Jahrhunderts machte Harley-Davidson neben vielen anderen Entwicklungen auch eine besonders revolutionäre Erfindung auf dem Motorradsektor: der „Ful Floteing“-Schwingsattel verwandelte  die damals noch durchweg mit starrem Rahmen ausgestatteten Motorräder von bockigen Knochenschüttlern zum recht bequemen Reisegefährt. Nach der Einführung dieses patentierten Schwingsattels konnte man nun auch größere Strecken problemlos bewältigen.

Der Schwingfedersattel „Ful Floteing“ war eine Neuheit und wurde patentiert. Er wurde bis in die 60er Jahre verbaut

Zunächst glich der Sattel noch eher dem eines Fahrrads. Doch schon in den späten 20er Jahren tauchte der ultrabequeme breite Solosattel auf, der später noch zusätzlich gepolstert wurde. Dieses einmalige Komfortkonzept behielt Harley bis in die 80er Jahre bei. Wie funktioniert „Ful Floteing“? Im Mittelrohr des Rahmens sorgt eine 35 Zentimeter lange Spiralfeder für einen bis zu 10 Zentimeter langen Federweg und lässt die Sattelstütze unvergleichlich weich auf- und abgleiten.

Ful Floteing ist eine künstliche Wortschöpfung

Sattel- und Sitzrohr funktionieren dabei wie bei einer Teleskopgabel. Der Sattel, der zusätzlich am vorderen Ende über einen Gelenkhebelarm am Rahmen fixiert ist, fängt somit harte Stöße und Schläge ab, die mit den üblichen Sattelfedern durchaus noch heftig zum Fahrer durchdringen. Und Schlaglöcher gehörten bis in die 50er Jahre durchaus zum üblichen Inventar auf den amerikanischen Landstraßen.

An diesem Sattel kann man schon die Entwicklung hin zum späteren „Buddy Seat“ erkennen

„Man gleitet damit wie ein Schiff über Wellen“ – so beschreiben frühe Werbeaussagen das neue Fahrgefühl. Später wurde nie mehr viel Federlesens um diese geniale Sitzfederung gemacht. Sie war einfach fester Bestandteil der Bikes aus Milwaukee. Harley war längst das komfortabelste Reisemotorrad der Welt geworden. Und der Sitz war ein Teil dieser Erfolgsgeschichte.