Manche nennen sie »Jammer’s Heckteile«, andere reden von »Crazy-Frank-Fendern«, der Hersteller selbst nennt seine Blechkreationen »CFE Rear End Connections«. Dies ist die Story über den Hardcore-Biker Crazy Frank und seine legendären Schutzblech-Ikonen.

April 2019. Frank steht am Ausgangstor, wirft noch einen letzten Blick zurück auf das US-Bundesgefängnis. Hier im »Federal Correctional Institution, Terminal Island«, auf dem letzten Zipfel einer Frachthafen-Insel zwischen San Pedro und Long Beach in Kalifornien, hat er – Frank John Salcido – die letzten Jahre gesessen. Früher gab’s hier den Brotherhood Raceway Dragstrip, jetzt nur noch den Knast, Kräne, Container und Tausende von zwischengelagerten Toyotas. Insgesamt sechzehn Jahre hat der Mann, der in der Bikerszene als »Crazy Frank« bekannt ist, verbüßt – ohne Begnadigung oder Bewährung. Die Welt, von der er so lange abgeschottet war, hat ihn wieder.

Es kursierten nur vage Gerüchte über Franks Verbleib

Jahrelang bleibt unsere Suche nach Frank ergebnislos. Es kursieren nur vage Gerüchte über seinen Verbleib. Veröffentlichungen im Internet führen uns schließlich zu Jeff Martin und seiner Shovelhead, die einen Crazy-Frank-Fender angebaut hat. Jeff kennt Tina, die Tochter des verschwundenen Herstellers. 2014 beginnt Jeff Briefe an Frank zu schreiben. Er und sein Kumpel Mike Nash halten seitdem die Verbindung. Jeff ist es auch, der uns im Sommer 2019 Crazy Franks Telefonnummer vermittelt. Unser US-Kontakt Michi Wegener kann endlich ein Treffen mit ihm vereinbaren. Lange, lange vor uns war die US Federal Drug Enforcement Administration (DEA) auf der Suche nach diesem Kerl. Doch fangen wir von vorn an und gehen zurück in die Sechzigerjahre.

Crazy Franks bekannter Chopper, wie in der März/1980 Ausgabe von Street Chopper gezeigt: Der Rahmen ist um fünf Zoll nach vorn verlängert mit einem leichten Gooseneck, 40 Grad Lenkkopfreckung und ungefähr um zwei Zoll höher in der Front. Die sechszehn Zoll längere Dick-Allen-Springer, der CFE-Fender und ein Paughco-Mustang-Tank sind beliebtes Zubehör. Das Auspuffrohr ist ein zurechtgestutzter Harley-Topf

Frank ist Metallfacharbeiter und fährt in seiner Freizeit Street-Racing. Für 360 Dollar bekommt er eine golden lackierte Knucklehead in die Hände. Erste Fahrversuche mit »Suicide«-Kupplung und »Jockey Shift«-Handschaltung führen zu einem unkontrollierten Wheelie, der mit hocherhobenem Vorderrad im Garten des Nachbarn endet. Weil dieser ihn den verrücken Frank nennt, ist sein Spitzname gefunden und bleibt erhalten.

Harten Kämpfen geht der eher kleine Crazy Frank nicht aus dem Weg

Auf der Arbeit lernt »Crazy Frank« ein Mädchen kennen, ihr Bruder ist Mitglied beim Galloping Goose MC. Frank fährt mit ihnen und ordnet sich in die Gemeinschaft ein. Es ist ein wilder Haufen, Bruderschaft wird gelebt. Harten Kämpfen geht der eher kleine Crazy Frank nicht aus dem Weg. Er erwirbt sich Respekt, ist zeitweise Presi seines Chapters.

Noch auf Starrrahmen: »Im Bild links Crazy Frank, daneben Valley Ken und der dritte hieß wahrscheinlich Bob Irgendwie … bin mir nicht sicher«, so Zeitzeuge Joe Hurst, der uns dieses Bild zukommen ließ

Frank kennt den Chopper- und Szeneguru Dick Allen und dessen Kumpane. Wie Dick Allen repariert und baut auch Frank Chopper und ersinnt praktikable Lösungen für die Haltbarkeit und leichteren Zugang bei Reparatur und Wartung. Die langen Fahrten, zu anderen Chaptern des Clubs außerhalb Kaliforniens, sind kein Zuckerschlecken auf einem alten Harley-Starrrahmen. Frank mag lieber Hinterradfederungen an Harleys – aber nicht deren biederes Aussehen.

1976 wird Crazy Frank Enterprises offiziell gegründet

Er sucht nach einer ansprechenden Alternative für neuere Harley-Davidson-Big-Twin-Rahmen, ohne Komforteinbußen, wie sie bei Starrrahmen hinzunehmen sind. Also legt er das Heck seiner Shovelhead tiefer, entwirft und baut dazu einen neuen hinteren Fender. Seitliche oben überstehende Kanten, auch am hinteren nach oben gerichteten Fortsatz, fassen an seiner Kreation den Stufensitz ohne zusätzliche Halterung, sodass er bei Bedarf leicht abnehmbar ist. Zudem kann in dem blechernen Schutzblechaufbau hinten eine Sissybar verankert werden, und es ist dort ein trendiges Cat-Eye-Rücklicht eingefasst. Darunter findet sich gerade soviel Platz, um ein amerikanisches Kennzeichen anzubringen. Frank liefert dazu passende Sitzbänke und eine Zeichnung mit Maßen, wie durch eine Abänderung der Hinterradschwinge die Harley tiefer gelegt werden kann. Jetzt – 1976 – wird Crazy Frank Enterprises (CFE) offiziell gegründet. Mit ins Lieferprogramm kommen anschweißbare Lenkkopfrahmenpartien zum Recken und Stretchen von Harley-Davidson-Rahmen.

»Jammer’s« CFE Fenders: Nach den Veröffentlichungen in »Street Chopper« kann Frank seine »Rear End Connections« im JAMMERS‘S-HANDBOOK Katalog unterbringen und die – für ihn kostenlos – doppelseitigen Anzeigen in »Easyriders« schalten. Jahrelang ist CFE dick im Geschäft.

Der Chopperbauer und Journalist Bob Clark entdeckt und fotografiert Franks Chopper, der alle genannten Attribute aufweist und mit einer 16-Zoll-DickAllen-Springergabel recht radikal wirkt. Bob veröffentlicht seinen Artikel 1979 in der Januarausgabe von »Street Chopper« und legt dabei den Fokus auf die Vorstellung der Heckteile.

Frank schafft es sogar, seine Fender in »Jammer’s Handbook« unterzubringen

Diese »Rear End Connections« sind bald extrem beliebt. Schon 1980 gibt es sie auch für Sportster-Modelle, für Harley-Davidson-Starrrahmen und sogar für die Honda 750 Four. Frank schafft es sogar, seine Fender in den Versandhandelkatalog von »Jammer’s« unterzubringen. Gut vier Jahre boomt das Geschäft. Dann werden Hersteller zunehmend in Produkthaftung genommen. Doch am härtesten trifft die Customizer die Tatsache, dass Harley neue Modelle herausbringt: die Softails …

JAMMERS‘S-HANDBOOK-Katalog …

Fast über Nacht bricht Frank das Geschäft weg. Die Biker kaufen lieber die neuen Softails, als ihre alten Böcke umzubauen. Chopper? Das war gestern! 1985 kauft und betreibt Crazy Frank eine Bar und sucht noch einen anderen Weg zum Geld: Drogen scheinen ihm der einfachste, lange geht das gut. Sogar sehr gut! Bis in den späten 1980ern seine Tätigkeiten der US Federal Drug Enforcement Administration auffallen: In Form von Lieferungen bestimmter Chemikalien an die Firma »Crazy Frank Enterprises«. Im April 1989 schließlich lässt die Behörde eine verschlossene United-Stor-All-Lagergarage in Sylmar öffnen. Sie ist auf den Namen Salcido angemietet. Gefunden werden chemische Substanzen, die allesamt zur Herstellung von Methamphetamin taugen. Es wird fotografiert, die Schließfachgarage aber wieder verschlossen.

Frank wird verhaftet, verurteilt und für sechzehn lange Jahre weggesperrt

Die Droge, die in den USA seit 1970 verboten ist, wird unter den Bezeichnungen »Crystal Meth« oder »Ice« bekannt. Ab sofort steht Frank J. Salcido unter Beobachtung. Im August finden Beamte in dem Lager auch Waffen und anderes belastendes Material, was zu einer Verhaftung und Anklage wegen Herstellung und in Umlaufbringung von Methamphetamin führt. Frisch verheiratet befindet sich Frank Salcido im langsam arbeitenden Mahlwerk eines US-Gerichts, das bekanntlich anders funktioniert als hier bei uns. Verfahrensfehler und gewitzte Anwälte zögern den Prozess hinaus. 1993, auf Kaution frei, haut Frank nach Mexiko ab. Nur seine Frau Dolores und engste Clubmitglieder wissen, wo er sich seit der Flucht aufhält. Nicht einmal seine Kinder James, Frank und Tina wissen, wo er ist.

Ende der Siebziger, Anfang der 80er Jahre sind die Crazy-Frank-Heckteile extrem beliebt in der Customszene

Nach der Jahrtausendwende fällt Crazy Frank bei einem Grenzübergang auf. Die Fahrzeugpapiere lauteten nicht auf den Namen, der in seinem gefälschten Pass eingetragen ist. Im Auto findet sich Marihuana, das er für gewisse Leute über die Grenze bringen soll. Er wird verhaftet, verurteilt und für sechzehn lange Jahre weggesperrt. Mit dem Revival der Chopper und der Hinwendung zur »Alten Schule« finden sich immer mehr Leute, denen so ein »Crazy-Frank-Schutzblech« gefallen würde. Doch abgeschottet von der Außenwelt bekommt Frank davon lange Zeit nichts mit. Das ändert sich erst, als sich Jeff Martin und Mike Nash um ihn bemühen und ihm von Nachbauten seiner Teile erzählen. Noch bevor Frank wieder frei ist, fragen sich die beiden, wie sie ihren Freund wieder auf die Beine bringen könnten.

Der Club übergibt Frank die alten Schweißlehren für die »Rear End Connections«

Als Frank schließlich entlassen wird, ist sein Comeback bereits angekurbelt. Er hat nämlich keine Rente zu erwarten und ein weiterer harter Schlag trifft ihn, als drei Tage nach seiner Freilassung seine Frau Dolores stirbt. Frank braucht definitiv Hilfe. Die kommt zunächst vom Galloping Goose MC. Das Haus, in dem er heute mietfrei leben kann, gehört einem Member seines Clubs. Sie geben ihm auch sowas wie eine minimale Clubrente. Und der Club hat noch Weiteres für Frank parat: Sie übergeben ihm die – damals aufgekauften – alten Schweißlehren, die für die Herstellung der originalen »Rear End Connections« notwendig sind. Schon seit Januar dieses Jahres ist außerdem dafür gesorgt, dass das CFE-Markenzeichen und die CFE-Fender durch Copyright geschützt sind. Anbieter von Nachbauten, wie die Flake Kings aus Holland, die bisher mit »Keep ’m swinging!« für ihr Produkt warben, stellen daraufhin ihre Nachbauaktionen ein.

Und jetzt kommen sie wieder, wie die aktuellen Umbauten aus Deutschland …
… und hier von Prism Supply/USA zeigen

Frühzeitig kontaktiert Nash seinen langjährigen Kumpel und einen der Veranstalter der legendären Born Free Show, Mike Davis. Er hat die Idee, in die 2019er Ausgabe der Show ein spezielles Crazy-Frank-Showcase zu integrieren. Mike findet die Idee gut, will aber mindestens ein halbes Dutzend Chopper mit Crazy-Frank-Heckteilen auf dem Platz haben. Am Tag X stehen schließlich neunzehn crazy gefrankte Chopper auf dem Gelände. Und der »Verrückte Frank« ist als Ehrengast mittendrin.

Crazy Frank is back!

»Frank hatte keine Ahnung was Born Free ist und was ihn erwartet. Er fragte nur, ob es dort Essen gibt und Bier … und ob er etwas mitbringen soll«, erklärt Nash die Situation vor der Show. Etwas nervös geht der 75- jährige Frank also am 22. Juni 2019 auf das Showgelände. Er präsentiert seine Schutzbleche, verkauft neue CFE-Kappen und CFE-Shirts mit dem originalen, alten Design und redet, erzählt, erklärt … mit einem zunehmend sicherer werdenden Lächeln. Crazy Frank ist zurück!