„Ich weiß nicht, was mich vor zehn Jahren geritten hat, die lokalen Anzeigen unserer Kleinstadtzeitung zu durchforsten, aber da war es plötzlich, dieses Inserat: „Harley-Rennmotorrad zu verkaufen“. Und was kam dabei raus? Eine Harley-Davidson XR 1000.“ Magnum Bob aus Florida erzählt.
„Die Anzeige „Harley-Rennmotorrad zu verkaufen“ elektrisierte mich. Ich dachte aber sofort, dass es sich wohl um eine dieser alten kleinen Aermacchi-H-D mit Zweitakt-Motor handeln würde. Doch ich sollte mich getäuscht haben. Als ich den Verkäufer anrief, stellte sich heraus, dass es um eine XR 1000 ging, mit der Straßenrennen gefahren worden waren. Offenbar war diese XR damals neu gekauft und dann sofort in ein Rennmotorrad umgebaut worden. Nach ihrer aktiven Zeit landete sie dann für Jahrzehnte unbeachtet in einer Scheune.
Man muss sich das mal vorstellen: Der Typ, dem ich das Bike abgekauft habe, hat es quasi als Schrottbestand bei einem Immobilienkauf miterworben und wollte die zerlumpte rostige Karre jetzt bloß raus aus seiner Garage haben. Wir einigten uns am Telefon auf einen Preis und ich versprach, sofort mit Bargeld in der Hand bei ihm aufzukreuzen. Glaubt mir, ich habe fast meine Schlappen verloren, ich konnte gar nicht schnell genug aus meiner Haustür rennen. Die achtzig Meilen Fahrt dorthin machten mich fast zum Nervenwrack. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon über dreißig Jahre lang im Custombusiness tätig und hatte buchstäblich mehr Harleys gekauft, verkauft, besessen und gebaut, als ich zählen kann.
Harley-Davidson XR 1000 mit typischem Zweifachvergaser
Indes, die XRs mit ihren Sandgussköpfen und den Zweifachvergasern waren für mich immer eine Art Heiliger Gral, und die Aussicht, dass ich endlich ein solches Prachtstück besitzen würde, machte mich so nervös und hibbelig wie ein frisch verliebtes Teeniegirl. Ein bezahlbares Objekt wie dieses zu finden, mit einem der coolsten Motoren, die Harley je gebaut hat, überstieg meine kühnsten Erwartungen. Die Fahrt dorthin glich entsprechend einem Dragster-Rennen an jeder Ampel. Ich war überzeugt, dass jedes Auto, das in die gleiche Richtung fuhr, versuchte, vor mir am Haus des Verkäufers anzukommen, um mir meinen Traum vor der Nase wegzuschnappen.
Doch es kam anders. Das Objekt meiner Begierde selbst befand sich dann in genau dem Zustand, wie ihn der Typ am Telefon beschrieben hatte: ziemlich verlottert, rostig und heruntergekommen. Aber es war eine XR 1000 und sie war komplett. Das Renn-Drumherum machte keinen sonderlich attraktiven Eindruck, alles kam einem so ein bisschen zusammengeschustert vor, aber das Bike besaß einige leckere Schmankerl wie etwa eine Gabel von Marzocchi und Magnesium-Räder von Marvic. Auf der Rückfahrt nach Hause barst schier mein Hirn vor lauter Ideen, was ich mit dem Bike alles anstellen könnte. Mein erster Impuls war, es als Straßenrennmaschine bestehen zu lassen, denn Öfen im Flat-Track-Style gab es schon zuhauf.
Harley-Davidson XR 1000 als cooler Roadracer?
Ich konnte mich nicht erinnern, bis dahin allzu viele coole Roadrace-XRs gesehen zu haben; außerdem hätte ich für diese Variante bereits die Stummellenker, den Tank, die Verkleidung, die Sitzbank und die Fußrastenanlage parat gehabt … das kam mir vor wie ein Kinderspiel. Allerdings, sobald ich zu Hause die erste Sitzprobe auf dem Renn-Wrack hinter mir hatte, war klar: Es bleibt kein Roadracer, es wird wohl doch in Richtung Flat Track gehen! Das Bike wurde komplett gestrippt und nach und nach schaute ich mich nach geeigneten Teilen um. Das brauchte alles Jahre, viele andere Projekte kamen und gingen, aber mit der XR ging es nicht so recht voran.
Ich konnte mich ewig nicht für eine Farbgebung entscheiden, doch dann kam der Zufall zu Hilfe. Für lächerlich kleines Geld konnte ich auf eBay ein Pärchen Racing-Stoßdämpfer von Penske ergattern und in dem Moment, als ich das Paket mit den Stoßdämpfern öffnete, wusste ich, dass das Schwarz, Gold und ein Hauch von Rot auf den Stoßdämpfern die Farbkombination war, die meine XR bekommen sollte. Eile beim Aufbau gab es zu keinem Zeitpunkt. Es war ein langfristiges Projekt, das schlussendlich zehn Jahre in Anspruch genommen hat. Das Wichtigste war immer, dass Form und Finish jeder einzelnen Komponente so perfekt wie möglich war.
Der seltene Motor wurde komplett zerlegt und neu aufgebaut
Mit wenigen Ausnahmen wurden alle Arbeiten wie Schweißen, Drehen und Fräsen, der Aufbau des Motors, Strahlen, Beschichten und Lackieren, die Pulverbeschichtung und die Montage in meiner kleinen Werkstatt durchgeführt. Der seltene Motor wurde natürlich auch komplett zerlegt und neu aufgebaut, obwohl es bei ihm eigentlich nur ein bisschen Kosmetik bedurft hätte. Die Innereien befanden sich in einem überraschend guten Zustand, dennoch habe ich die hochverdichtenden Rennkolben durch solche mit etwas niedrigerer Kompression ersetzt. Die montierten Rennnockenwellen übernahm ich ebenso wie die beiden riesigen 44-Millimeter-Mikuni-Vergaser.
Man würde erwarten, dass das Bike mit diesem Equipment auf der Straße fast unfahrbar ist, aber glücklicherweise ist das nicht der Fall. Zugegeben, es ist mit dieser radikalen Rennabstimmung vielleicht nicht der ideale Daily-Runner, aber für einen flotten Trip über die Hausstrecke ist das Bike ein Riesenspaß.“ Übrigens: Die Startnummer 13 ist eine Hommage an die Anfänge des Bikes als Rennmaschine. Es wurde sowohl in den Klassen AMA Super Twins als auch in der Formula Twins Novice mit der Startnummer 13 gefahren und errang unter seinem ursprünglichen Besitzer im Jahr 1985 den Titel eines regionalen Divisions-Meisters und 1986 sogar den nationalen AMA-Titel in seiner Klasse.