Der Spanier Sergio Bayarri ist mit einem Prototyp seines V2 Eigenbau-Racers auf den Bonneville Salt Flats angetreten.
Visionäre lassen sich nicht aufhalten: Nicht durch widrige Umstände, nicht durch technische Probleme, nicht durch ein Absacken des Motorradmarktes und nicht durch Standortnachteile. Cadiz, an der südlichsten Spitze von Spanien unweit von Gibraltar gelegen, ist wohl nicht gerade ein günstiger Ausgangsort, um die europäischen Bikeshows zu bereisen. Doch das kümmert Sergio Bayarri ebenso wenig wie die Entfernung zu den Bonneville Salt Flats, von deren Besuch er ebenfalls träumte.
Bonneville Salt Flats als Ziel
Träume aber können wahr werden – und für seinen ersten „Best of Show“-Sieg musste Sergio gar nicht weit fahren: Knapp einen Monat nach Fertigstellung des Bikes gewann die „Flying Sbay“ die Llunatica Bikeshow in Benicassim – und damit das Ticket zum World Championship nach Sturgis. Von dort aus sind es nur 800 Meilen nach Bonneville. Für jemanden, der aus Cadiz kommt, keine Entfernung …
Sergios Ziel war, das beste Sportbike mit 45° V-Twin zu bauen. Den passenden Treibsatz fand er im Programm von Custom Chrome Europe: Der V-Twin von RevTech bietet viel Leistung zum günstigen Preis. Um den Radstand so gering wie möglich zu halten – die Fahrwerksgeometrie ist angelehnt an einen Ducati Supersportler – verlegte Sergio das Getriebe nach oben und möglichst nahe an den Motor. Deshalb musste natürlich ein eigener Primärantrieb konstruiert werden: Kürzer, kompakter – und mit einem Riemenspanner, der die Verwendung eines Riemens in Serienlänge möglich macht. Der Endantrieb zum Hinterrad geschieht per Rollenkette.
Stabilität und Leichtbau standen im Lastenheft
Das futuristische Fahrwerk ist vollkommen auf Stabilität und Leichtbau ausgerichtet: Im oberen Rahmenrohr – gebogen aus 5 mm starkem, 90 mm Durchmesser dickem Aluminiumrohr – ist auch der Ölvorrat für den Motor beheimatet. Für den Biegevorgang dieses Bauteils entwickelte Sergio eine eigene Maschine. Schon die Fertigung des Rahmens verschlang über 100 Arbeitsstunden. Um Passgenauigkeit zu gewährleisten und Toleranzen beim Schweißen so gering wie möglich zu halten, sind alle übrigen Rahmenkomponenten CNC-gefertigt.
Alle Achsen – Räder, Schwinge, Gabelbrücken – stellte Sergio zwecks Gewichtsersparnis aus Titan her, die Schraubverbindungen sind aus hochfestem Edelstahl. Leichtgewichtig ist auch der Tank, dessen Kohlefaserhälften die Bordelektrik und Batterie verdecken. Alle Kohlefaser-Komponenten sind in eigenen Formen entstanden und im eigenen Ofen „gebacken“. Die Tanks sind druckgetested und halten auch strengen Sicherheitsvorschriften Stand.
Die massive Kurbelwelle allein wiegt schon 21 Kilogramm
Die ersten Testfahrten fanden auf dem Moto-GP Kurs in Jerez statt: „Wir wollten kein Bike bauen mit dem man gegen die Ducatis oder die Yamaha R1 antreten kann, aber das Resultat ist nicht weit davon entfernt“, schwärmt Sergio. „Die Performance ist 1A, dank der Gewichtsreduzierung. Mit dem verfügbaren Drehmoment kommt man quasi im dritten und vierten Gang um die Strecke.“ Das hat allerdings seinen Preis: „Schikanen und schnelle Schräglagenwechsel bedürfen allerdings einigen Kraftaufwandes“, berichtet Sergio, „die massive Kurbelwelle mit 21 kg Gewicht (etwas 1/10 des Fahrzeuggewichts!) produziert Kreiselkräfte die erst einmal gewuppt werden müssen…“
Der Fahrspaß ist dennoch riesig, selbst im 2. und 3. Gang lupft man problemlos das Vorderrad. Nach wenigen Runden auf dem Grand Prix Kurs tastet man bereits mit den Knien die mögliche Schräglage ab. Bremsen und Stoßdämpfer sind nur vom Feinsten: Galver „Wave“ Scheiben mit Brembo-Zangen stoppen das Leichtgewicht schnell und sicher. 264 km/h wurden bei den Testläufen in Jerez gemessen.
Drei Meilen nur geradeaus – so schnell wie möglich!
All dies spielt auf dem Salzsee von Bonneville nur bedingt eine Rolle: Hier geht es nur geradeaus – dafür aber so schnell wie möglich! Für „Newcomer“ und Schnupperfahrer gibt es bei den BUB Speed Trials die Klasse „Run what you brung“, in der man für eine geringe Startgebühr über die 3-Meilen Distanz brettern kann. Eine Meile Anlauf, eine Meile Messung, eine Meile Auslauf, also das volle Bonneville-Feeling. Das macht süchtig nach mehr: „Wir hatten die üblichen Anpassungsschwierigkeiten der Salzsee-Newcomer und Probleme mit dem fünften Gang. Aber die familiäre Atmosphäre und der Zusammenhalt der Racer hier ist einzigartig“, begeistert sich Sergio.
Die Faszination der einmaligen Rennkulisse packte auch den toughen Spanier: „Das war nur der Auftakt, wir kommen auf jeden Fall wieder nach Bonneville“, bekräftigt Sergio, doch zunächst steht die Fertigung der ersten Serienmaschinen auf dem Programm. Die Bestellungen kommen mittlerweile bis aus Australien – und man kann sicher sein, dass Sergio schon die nächsten Designs im Hinterkopf hat. Wie es in der Natur der Spanier liegt, wird er auch diesen Stier bei den Hörnern packen.
Info | sbaymotorco.com