Wie aus dem Nichts tauchte der damals in den USA und Europa unbekannte Japaner Ken Tabata mit der Travax 2011V in Sturgis auf und gewann die Custom-WM mit weitem Vorsprung.

Nichts sickerte vorher durch. Selbst Szenekenner wussten nichts von dem aufwändigen Projekt, das die gesamte Konkurrenz bei der World Championchip schockte. „Wieder so ein rollendes Kunstwerk, das man nicht fahren kann“, lauteten denn auch die ersten voreiligen Reaktionen.

Zweieinhalb Jahre Handarbeit für die Travax 2011V

Bei näherem Betrachten wird jedoch klar, das nichts dafür spricht, dass dieses Kunstwerk sich nicht gut fahren lassen sollte. Gerade auch, wenn man die Wurzeln des Erbauers kennt. Normalerweise beschäftigt sich Ken Tabata mit dem Bau von Rahmen und Fahrwerken für Sport- und Rennmotorräder und entwickelt für namenhafte Hersteller.

Kam, sah uns siegte: Ken Tabata entwickelt und baut im wirklichen Leben eigentlich knackige Street Nakeds auf Basis japanischer Vierzylinder

Seine „Travax 2011V“ entstand in zweieinhalb Jahren Arbeit in seiner Heimat Osaka. Als Basis nutzte Ken einen 93 cui S&S Motor, jedoch nicht, ohne ihn optisch dem Stil des Bikes anzupassen; die Rockerboxen zum Beispiel suggerieren, jeder Zylinder hätte zwei obenliegende Nockenwellen.

Selbst die Gabel hat Ken selbst konstruiert

Die geometrischen Daten des Fahrwerks könnten auch von einem Sportbike stammen. Mit einem Nachlauf von 25 Grad und einer selbst konstruierten Gabel, die auch beim Einfedern den Nachlauf nicht verändert, steht zügigen Kurvenfahrten nichts im Wege. Auch die Schräglagenfreiheit wird nur durch die Haftungsgrenze der Reifen festgelegt.

Ja, es ist schwülstig, und ja, es ist etwas arg barock! Aber es ist auch die ganz hohe Kunst der Metallbearbeitung

Da die Konstruktion größtenteils aus Aluminium besteht, ist das Bike erheblich leichter, als es auf den ersten Blick erscheint. Sicherlich hätte man den Rahmen auch schlichter gestalten können, doch Ken wollte etwas Besonde­res machen und hat alle Bauteile selbst gedreht, gefräst, gedengelt oder geschweißt. Selbst die Marchesini-Felgen, die er verwendete, weil sie durch ihr schlichtes Design nicht vom übrigen Design des Bikes ablenken sollen, hat er zusätzlich überarbeitet.

Die Handwerksarbeit sollte nicht durch Lack übertüncht werden

Dass solch eine Handwerksarbeit nicht mit Farbe übertüncht wird, versteht sich von selbst. Bewusst will Ken zeigen: Hier ist alles in Handarbeit entstanden, nichts durch Zinn oder Spachtelmasse verdeckt! Ebenso verlegte er ganz bewusst die Züge und Leitungen sowie andere technische Komponenten sichtbar offen. Dies soll sig­nalisieren, dass das Bike voll funktionsfähig ist.

Die Rockerboxen suggerieren einen Doppelnocker

Bei der Siegerehrung schien Ken sich schon damit abgefunden zu haben, nicht unter den Top-Platzierungen zu sein, nachdem die vorderen Plätze verkündet worden waren. Umso größer war seine Verwunderung, als sein Name bei Platz 1 aufgerufen wurde. In typisch japanisch zurückhaltender Art verbeugte er sich vor allen Anwesenden.

Mit der Travax auf den Custom-Thron

Lediglich seine Begleitung und Dolmetscherin, die nach der Siegerehrung allen Journalisten und Besuchern Rede und Antwort stand, konnte sich die Freudentränen nicht verkneifen. Ken musste sich erst einmal daran gewöhnen, von allen Seiten angesprochen zu werden, doch so ist das nun mal: Du kommst als No Name und plötzlich kennt dich die gesamte Custom-Welt.