Individuelle Harley-Chopper müssen kein Vermögen kosten. Leser Pfleiderer erzählt hier die Geschichte einer ehemals völlig heruntergekommenen Sportster 883, der er neues Leben einhauchte.
Auf der Suche nach einem Big Twin mit Starrrahmen älteren Baujahres fiel mir beim Durchforsten verschiedener Online-Angebote eine günstige Sportster 883 auf, die auch noch in unserem Wohnort angeboten wurde. Da meine Frau seit einem Spanien-Urlaub mit den dort häufig auftretenden Sporties liebäugelte, vereinbarte ich spontan einen Besichtigungstermin mit dem Anbieter.
Die Sportster 883 war in einem bedauernswerten Zustand
Wie sich herausstellte, war die XL zwar in einem guten technischen, dafür aber in einem optisch bedauernswerten Zustand. Weißer Rost blühte auf sämtlichen Aluminiumteilen, und auf den Stahl- und Chromteilen saß überall pickelig die braune Pest. Ein ordentlicher Preisnachlass half bei der Entscheidung und das Sporty-Baby wurde von liebevolleren Eltern adoptiert.

Nun begann ich mich erst mal mit der Historie der Sportster-Familie zu befassen und mir fiel beim Anschauen alter 70er Jahre-Biker-Movies auf, dass darin sehr viele Sporties zu sehen waren. Und da in diesen Zeiten auch das Choppen und Customizing seinen Ursprung nahm, kam für mich kein anderer als der Frisco Style in Frage. Unser Vermieter stellte uns freundlicherweise kostenfrei einen Raum über unserem Fotostudio zur Verfügung und so wurde das Bike mit drei Mann in den ersten Stock gehievt. Der Umbau konnte beginnen.
Die Sportster 883 wurde erstmal ordentlich abgespeckt
Da der originale Rahmen ziemlich kurz ist, sehen die meisten Umbauten, bei denen eine Sporty auf Big Twin getrimmt wird, eher wie Mutanten aus. Warum nicht zu dem stehen, was man hat und das Beste daraus machen? Das erworbene Exemplar war eines dieser Monster. Es war mit einem fetten Mustang-Tank mit Tankarmaturen versehen. Also wurde erstmal ordentlich abgespeckt, das Motorrad wurde komplett zerlegt.

Um das Bike optisch leichter wirken zu lassen, wurde der Rahmen silber pulverbeschichtet. Beim Kauf bekam ich zum Glück noch den originalen, zehn Liter fassenden Peanut-Tank dazu. Der Heckfender wurde gekürzt, der Kettenschutz verkleinert und gelocht. Die neuen Fenderstruts fertigte ein guter Kumpel komplett aus Stahl.
Sämtliche Alu-Teile wurden von Hand poliert
Das Lackdesign wurde festgelegt und es fand sich ein engagierter Lackierer, der einen günstigen Preis machte und trotzdem Spaß an der Arbeit hatte. Inzwischen wurde der Motor neu abgedichtet. Sämtliche Alu-Teile wurden von Hand zunächst grober und dann bis auf eine 1200er Körnung nass geschliffen und anschließend mit der Bohrmaschine poliert.

Diese Prozedur nahm einige Arbeitstage in Anspruch und verursachte heftigen Muskelkater an Stellen, die ich vorher noch gar nicht kannte. Um den Oldschool-Look abzurunden bekam die Gabel Faltenbälge montiert. Da das ganze Motorrad der alten Chopper-Philosophie entsprechend reduziert wurde, sollte wenigstens der Scheinwerfer ein kleines Detail-Highlight werden.
Die komplette Elektrik musste geändert werden
Wegen des kleinen Lampengehäuses musste die komplette Elektrik geändert werden, da diese vorher in der viel größeren Originalleuchte untergebracht war. Die Elektrik strickte ein weiterer guter Kumpel aus alten Zeiten um. Ein Mann, der schon seit 25 Jahren an seiner eigenen Panhead herumschraubt. So wurden durch dieses Projekt alte Freundschaften wieder lebendig.

Beim Montieren zeigte sich, das nach dem Kürzen des Fenders das Heck hoch wie bei einer Moto Cross-Maschine aussah. Deshalb wurde es mittels kürzeren Stoßdämpfern tiefer gelegt. Der Federweg ist selbst bei Fahrten mit Sozius immer noch ausreichend. Für eine noch niedrigere Sitzhöhe sorgt der komplett neu gefertigte Sattel.
Die Sportster 883 wurde TÜV-gerecht aufgebaut
Damit auch der neu erworbene Apehanger schön zur Geltung kommt, wurde die Schalterelektrik nach innen verlegt. Um Kabelstränge und Tachowelle zu vermeiden, kam ein elektronischer Tacho zum Einsatz, der zusammen mit den Kontrollleuchten seitlich am Motor sitzt. Da der angestrebte Look ohne Vorderradschutzblech besser wirkt, wird dieses nur für Sondereinsätze verwendet.

Ansonsten ist die Sporty TÜV-gerecht aufgebaut und wird im Straßenverkehr paranoiafrei geritten. Die vielen Stunden des Säuberns und Polierens sollen hier, wie die Kleinteile und die zahlreichen neuen Schrauben, nur am Rande erwähnt werden. Als ein Bekannter abends in der Kneipe in tiefstem Fränkisch „Na was macht s’ Bike?“ frug, war auch schon ein Name für den kleinen Chopper gefunden. Er wurde auf den Namen „Spike“ getauft.
Für solch ein Bike muss man kein Zahnwalt sein
Das Ziel, einen Chopper im Sinne der guten alten Zeit so billig wie möglich zu bauen, ist geschafft. Das Ergebnis zeigt, dass man kein Zahnwalt sein muss, um eine individuelle Maschine zu besitzen. Ein vierstelliger Eurobetrag langt locker!
Heißt das nicht fruggerte, die Vergangenheigt von frägte? Ich frog ja nur…
Boah, ja klar, für was haben wir eigentlich ein Lektorat früg ich mich? Wird aber trotzdem nicht geändert, weil irgendwie witzig.