Diesen Evo Racer baute die Schweizer Customschmiede Classic-Cycles live auf der Bühne in Bad Salzuflen. Shop-Chef Belà Börden erzählt uns hier die Entstehungsgeschichte.
Nachdem wir uns entschlossen hatten, die Einladung zum European Biker Build-Off anzunehmen, begann das Brainstorming, was wir denn so bauen sollten oder wollten. Da wir unseren „Gegner“ kannten, wussten wir: Die Messlatte liegt hoch! Nach etlichen Diskussionen haben wir uns entschieden, unseren eigenen Starrrahmen zu verwenden.
Vernünftiger Budget-Rahmen für den Evo Racer
Dadurch wollten wir das Motorrad im Nachhinein auf die Straße bringen, ohne Probleme mit dem Behörden zu bekommen. Wichtig war uns auch, in einem vernünftigen Budget-Rahmen zu bleiben; es sollte keine Material- und Geldschlacht werden. Vielmehr war Handarbeit und Individualität unser Ziel.
Ein Motorrad mit der Optik einer alten Rennmaschine, aufgerüstet mit moderner Technik, guter Gabel und Doppelscheibenbremsen, hydraulischer Kupplung, einem überarbeiteten RevTech-Motor, der gut anspringt und viel Druck untenraus bringt. Rücklichter und Blinker sollten vorhanden, aber optisch versteckt sein. Alltagstauglichkeit war uns wichtig!
Evo Racer mit RevTech-Motor
Also haben wir einen Rahmen aus dem Lager genommen und angefangen, Teile wie Räder, Gabelteile, Motor und Getriebe zusammenzutragen. Das Resultat sollte ein filigranes, mit vielen Löchern und auf Leichtbau getrimmtes Motorrad werden. Das Moped war vor meinem inneren Auge fast schon fertig, als mich die ersten Probleme in die Realität zurückrissen.
Der erste Rückschlag war, das meine Wunschräder nicht in die V-Rod Gabel passten. Dieser herbe Rückschlag wurde mit einem großen Glas „Ricola“ verdaut (gemeint sind nicht die Kräuter-Bonbons). Also wieder zurück ins Lager auf der Suche nach Teilen. Bekanntlich passt in eine V-Rod-Gabel ein V-Rod-Rad.
Das Thema Tank war eine nicht zu unterschätzende Aufgabe
Glücklicherweise hatten wir noch einen Satz da, aber ohne Bremsscheiben, das war mir in diesem Moment aber völlig egal. Beide Räder eingepasst, Motor, Getriebe und Öltank eingebaut, jetzt konnten wir uns ein grobes Bild machen. Dann gab es einen Ricola … als Belohnung!
Das Thema Tank war eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Mit Pappkartons haben wir zunächst verschiedene Formen ausprobiert, bis wir endlich etwas hatten. Jetzt entstand die Grundform des Tanks aus Stahlblech. Er wurde zur Ansicht immer wieder hingehalten und angepasst, bis wir zufrieden waren. Da der Tank an seiner Oberseite gerade verlief, wollten wir mit der aufwändigen, eingelegten Keilnut mehr Dynamik und Stabilität in den Tank bringen.
Ricola als Trostspender nach herben Rückschlägen
Beide Schutzbleche wurden auf gleiche Weise mit einer mittigen Keilnut gefertigt. Es gab natürlich auch Teile, die nach stundenlanger Arbeit als nicht passend verworfen wurden. Nach solch herben Rückschlägen musste Ricola als Trostspender herhalten. Fakt ist: Das tatsächliche Motorrad entfernte sich konzeptionell immer mehr von dem, was ich mir am Anfang vorgestellt hatte, aber es gefiel uns allen.
Zu unserem Glück konnten die Jungs von NLC die uns noch fehlenden V-Rod-Teile liefern, die wir dann nach unserem Geschmack bearbeitet haben. Somit konnten wir uns langsam den Kleinteilen widmen wie Sattel, Fußrasten, Lenker, Tacho und dergleichen mehr.
Evo Racer mit schnittiger V-Rod-Lampe
Als Lampe war von Beginn an die schnittige V-Rod-Lampe gedacht. Nur deren Standardhalterung war uns zu simpel. Also haben wir aus Rundstahl und Büchsen eine neue Halterung gemacht, die dann etwas später zusätzlich als Aufnahme für die Lenkerverkleidung herhalten musste. Solche Details wurden immer direkt während des Schraubens am Motorrad entschieden.
Wegen des Starrrahmens war ein gut gefederter Sitz ein Muss. Etwas Neues, Gutes sollte es sein. Die Idee mit der Umlenkung kam mir recht schnell. Für den Sattel brauchten wir von der Idee bis zum fertigen Resultat gut 25 Stunden Arbeit.
Ein seitlicher Kennzeichenhalter kam nicht in Frage
Als die Blecharbeiten an Tank, Schutzblechen und dem Spoiler fertig waren, machten wir uns an die Nummerschildhalterung mit Licht und Blinkerhalter, da wegen des deutlich erhöhten Luftwiderstands ein seitlicher Kennzeichenhalter nicht in Frage kam. Wir entschieden uns für eine Rohrversion. Mit den zusätzlichen Abdeckblechen wollten wir die hintere Bremse verstecken und zugleich die schmalen LED-Rücklichter und Blinker montieren.
Somit sieht man von der Seite nichts, nur von hinten ist alles gemäß Vorschrift. Trotzdem … nach weiteren Ricolas und intensiver Betrachtung des Bikes fehlte mir das gewisse Etwas. Mit Klebeband habe ich provisorisch einen Besenstiel am Heck angeklebt und hatte plötzlich ein zufriedenes Grinsen im Gesicht. Also Rohre besorgt, meine Rollerblades um zwei Räder ärmer gemacht und ab ans Schweißgerät. Kurze Zeit später war sie fertig, die Wheelie Bar. Befestigungstechnisch ist die Bar schnell demontierbar, denn sie dient nur zu Showzwecken.
Erinnerungen an die Ära der alten Rennmaschinen
Es gab auch Dinge, die wir vor Ort in Bad Salzuflen entscheiden wollten. Der Auspuff zum Beispiel. Bei BSL haben wir zwei Anlagen bestellt, um dann vor Ort zu entscheiden, welche wir verwenden. Die Farbgestaltung haben wir Marcus Pfeil überlassen. Wir haben ihm Bilder des Rohlings geschickt und mitgeteilt, dass wir gerne an die Ära der alten Rennmaschinen erinnern möchten. Einfache Farben auf blankem Metall, und er sollte es auf der Bühne live lackieren.
Während des Build-Offs haben wir die komplette Fahrzeugelektrik vor Ort entstehen lassen, wir haben nichts Vormontiertes mitgebracht. Der Motor lief zu diesem Zeitpunkt noch nie und das Bike war auch vorher nie komplett zusammengefügt. Aber es hat alles geklappt, das Bike sprang zur vorgegebenen Zeit am Messe-Sonntag an. Danke an mein gesamtes Team. Ihr wart spitze!“
Info | classic-cycles.ch