Radical Custom at its best: Dieses außergewöhnliche Motorrad aus Italien verbindet V-Twin Power mit High-Tech.
Aus unserer Serie „Meilensteine im Custombike-Building“ zeigen wir hier die „Kosmo Drive“. Das Team von „Garage 65“ nahm mit diesem Über-Bike an der European Championship 2010 teil – und triumphierte! Sieben Monate Entwicklung und Bau stecken in dem überirdischen Bike – was einmal mehr die Regel bestätigt „je weniger an einem Motorrad ist, desto aufwendiger die Planung“.
Radical Custom – Fahrbar, aber nicht zulassungsfähig
Natürlich befeuerte die Kosmo Drive aufs Neue die Kritiker der Custombike-Championships, da die Mehrzahl der Sieger-Bikes unfahrbare Phantasie-Kreationen ohne praktischen Wert sind. Diesen Kritikern sei gesagt: Diese Bikes sollen inspirieren, technische und designerische Grenzen ausloten oder überschreiten – that’s it. immerhin müssen diese Kreationen lau Reglement in der Lage sein, aus eigener Kraft zu fahren.
Die Kosmo Drive hat damals natürlich für reichlich Diskussionen gesorgt. Es ist ein Radical Custom und ist nur zu diesem Zweck gebaut. Das Projekt startete mit einem Motor von Total Performance – mit 124 Cubic Inch, das sind knapp über zwei Liter Hubraum. Kein Warp-Drive mit Antimaterie, aber einer der kraftvollsten und brutalsten 45° V-Twins auf dem Zubehörmarkt.
Offene Zwischenwelle mit Offset-Kettenantrieb
140 PS und ein brachiales Drehmoment bieten massiven Vortrieb – und das polierte Oberflächenfinish lässt das Auge auf den zahlreichen Details verweilen. V-Twin, offener Riemen-Primär-Antrieb und Baker Getriebe bilden eine Einheit, um die herum das Motorrad konstruiert wurde: Dabei ist der Motor ein tragendes Teil des extrem niedrigen Rohrrahmens, der hinten starr ist und eine offene Zwischenwelle mit Offset-Kettenantrieb zum Hinterrad besitzt.
Signifikantestes Bauteil ist natürlich die Vorderrad-Aufhängung. Das über die Radnabe gelenkte Rad sitzt in einer Schwingen-Konstruktion, deren Drehpunkt sich dort befindet, wo bei normalen Motorrädern der Lenkkopf sitzt. Wie bei einer Hinterradschwinge ist die Rohrkonstruktion rechts und links gelagert und stützt sich über ein zentrales Federbein über dem Motor (!) an einem Rahmenquerrohr ab. Das sieht extravagant aus, doch in den 80er Jahren riefen auch die Gabelkonstruktionen des Engländers Norman Hossack allgemeines Kopfschütteln hervor – und seit vielen Jahren sind sie bei BMW in Großserien-Anwendung.
Nabenlenkung mit begrenztem Lenkeinschlag
Die Kosmo Drive verzichtet auf einen konventionellen Lenker: Angesteuert wird die Achsschenkel-Konstruktion von zwei Lenkerstummeln die rechts und links in den sich öffnenden Rahmenrohren gelagert sind. Direkte Zug/Druck-Stangen machen die Lenkimpulse präzise und gut dosierbar. Der Nachteil: Wie bei allen Nabenlenkungen ist der Lenkeinschlag ziemlich begrenzt.
Die rasante Optik wird unterstrichen durch die Wahl der Rad/Reifen-Kombination: 16.5 Zoll Reifen sind üblicherweise nur im Moto-GP Sport unterwegs – und da fährt man bekanntlich keine Speichenräder mehr. Die Slick-Schlappen wurden damals von keinem geringeren als Mehrfach-Straßenweltmeister Max Biaggi abgezweigt. Es sind eigentlich Regenreifen, die noch nicht geschnitten sind. Für so ein Powerbike muss natürlich auch adäquate Bremsleistung her: In diesem Fall das Feinste von Feinsten von Brembo.
Die Leerlauf-Anzeige ist in die „Liegebank“ integriert
Trotz des vorherrschenden Minimalismus hat die Kosmo Drive viele versteckte Details zu bieten: Der Edelstahltank fasst 15 Liter, zusätzlich werden vier Liter Öl mitgeführt. Tatsächlich besitzt die Maschine einen Xenon –Scheinwerfer und – rechts wie links – Rück- und Bremslichter. Ein Digitaltacho ist neben dem Stoßdämpfer platziert und die frei aufgehängte Sitz- oder besser „Liegebank“ integriert die Leerlauf-Anzeige. Ein radikaler Showkracher der zeigt, was möglich ist, wenn Behördensegen und Fahrbarkeit nicht die oberste Priorität haben.
Info | garage65.it