Ola Stenegärd ist Schwede. Er ist Chef-Designer bei Indian und arbeitete vorher für BMW Motorrad in München. Dort hat er auch diesen Shovelhead Chopper auf die Räder gestellt.
Anfang der 90er Jahre tauchte ganz plötzlich ein neues Gesicht in der schwedischen Custombike-Szene auf – es war ein junger Mann von der Insel Gotland. Er hatte eine völlig abgedrehte Triumph gebaut, mehr schon so etwas wie die Karikatur eines Choppers; die ganze Karre war in gelb getaucht, jeglichen Chrom hatte der Erbauer tunlichst vermieden. Es war offensichtlich, der junge Kerl war hochbegabt, was Design anging.
Ola war bei UCC, SAAB und BMW bevor er zu Indian kam
Nach einem Kunststudium in Stockholm und Pasadena, Kalifornien, arbeitete Ola Stenegärd zunächst für die Custom-Schmiede „Unique Custom Cycles“ in Stockholm, doch schon bald bekam er einen Job als Designer beim Autohersteller SAAB. Dann folgte ein kurzes Gastspiel bei New Indian Motorcycles in Gilroy, bis Ola schließlich bei BMW in München landete, wo er Chefdesigner des Teams wurde, das die damals neuen, beeindruckenden HP2-Modelle, die supersportliche S 1000 RR und die erste nineT erschuf.
Doch wenn man den ganzen Tag vor dem Computer hockt, sehnt man sich in der Freizeit nach elementareren Dingen. Weg von dem ganzen High Tech, sich endlich mal die Hände schmutzig machen mit gutem altmodischen Schrauben … So ging es auch Ola. Also kaufte er einem Kumpel in Schweden eine vergammelte Shovel ab und schaffte sie nach München; schließlich brauchte er eine feine Feierabendbeschäftigung.
Shovelhead Chopper mit Eigenbau-Rahmen
Ursprünglich war ein solcher Totalumbau, wie er es letztendlich dann wurde, gar nicht geplant. Doch schon recht früh nahm Ola die Flex zur Hand und schnitt den Rahmen auseinander. „Es war unheimlich schwierig, kleine und kleinste Mengen von Halbzeug in Deutschland zu bekommen. Blech, Aluminium, Stahlrohre kann man haben; aber nur, wenn man gleich Tonnen davon abnimmt“, berichtet der Schwede von seinen Erfahrungen. „Also habe ich mir das Zeug, was ich brauchte, bei meinen Heimaturlauben in Schweden besorgt und es im Gepäck im Flugzeug nach München gebracht.“
Ola benutzte vom originalen Rahmen lediglich die Motoraufhängepunkte und die unteren Rahmenrohre. Den Rest formte er selbst. Als guter Schwede kamen natürlich hinsichtlich der Gabel, der Bremsen und der Griffarmaturen nur Teile von ISR in Frage. Aber auch ein paar Teile aus dem Fundus von BMW-Motorrädern fanden Platz an seinem Bike.
Der Shovelhead Chopper wird in Ballistol gebadet
So kam zum Beispiel hinten der Stoßdämpfer einer HP2 zum Einsatz, den er aber schräg und schief versetzt unter den tief liegenden Sitz platzierte. Weil dadurch kein Platz mehr für den Öltank war, bediente sich der Schwede bei der Idee von Erik Buell und konstruierte eine Schwinge, bei der der rechte Holm als Öltank dient. Die Tatsache, dass der Tank mit Skischuh-Schnallen befestigt ist, beweist, wie nonkonformistisich und frisch dieser Schwede denkt.
Schließlich kam die Zeit für eine Lackierung – bis eine Flüssigkeit namens Ballistol diese Pläne änderte. Ballistol, dieses uralte Wundermittel zur Waffenpflege, bietet Schmierung, Schutz gegen Rost, ist gut für Hundepelze und kann sogar gespaltene Pferdehufe heilen. Ola verpasste seiner unlackierten Kreation eine großzügige Ballistol-Kur und siehe da – Rostbefall hat keine Chance mehr.
In Schweden darf er mit diesen offenen Tüten herumballern
Als das Bike fertig war, lud Ola seine Freunde und die Jungs aus dem BMW Design-Büro für ein kleine „Release Party“. Er startete die Shovel und den braven Bayern fielen fast die Plomben aus den Zähnen. Die Kollegen fragten: „Wir dachten, das Bike sei fertig. Aber da fehlen doch wohl taugliche Endschalldämpfer.“ Ola grinste und war sich bewusst, dass die Deutschen es nicht verstehen werden können. In seiner Heimat Schweden darf er mit diesen offenen Tüten herumballern, soviel er will. Da stört das den Elch nur bei der Brunft …
Info | Ola Stenegärd