Die Sport-Variante der Indian 437 mit längs eingebautem Reihenvierzylinder ist extrem selten, denn die Normalversion hatte nur einen Vergaser.

Vor 121 Jahren wurde die Indian Motorcycle Company gegründet. Allerdings war die Marke, im Gegensatz zum späteren Konkurrenten Harley-Davidson, nicht ununterbrochen am Markt präsent. Gestartet hatte Indian seinerzeit mit Einzylindermotoren, später kamen V2-Aggregate dazu. Um das Portfolio aufzustocken, kaufte Indian 1927 die Rechte und Produktionswerkzeuge des Konkurrenten Ace Motorcycles und brachte fortan den Ace-Reihenvierer als Indian auf den Markt. Ace war im Jahr 1919 von William G. Henderson gegründet worden, nach dessen Unfalltod 1922 aber in geschäftliche Turbulenzen geraten. 1924 wurde die Produktion eingestellt.

Die Technologie des Vierzylinders wurde zugekauft

Die Ace, so der Name des Bikes, wurde im ersten Jahr bei Indian fast unverändert übernommen und als Ace Indian, später als Modell 401 verkauft. Mit diesem Modell wurden durch Henderson seinerzeit einige Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt.Der Motor mit 75 Kubikinch Hubraum (1.230 ccm) war als sogenannte „Inlet over Exhaust“-Konstruktion ausgelegt, das bedeutet, das Einlassventil hängt im Kopf, das Auslassventil steht – Teller nach oben – seitlich neben dem Zylinder. Insbesondere bei den Motorradstaffeln der Polizei waren diese laufruhigen Modelle beliebt.

Fast jedes Jahr gab es Änderungen an Indians „Ace“

Die Originalversion der Ace hatte anfangs noch eine Parallelogramm-Gabel mit verkleideter Monofeder und verfügte über lediglich eine Bremse am Hinterrad. Ein Jahr später wurde das geändert. Ans Frontend des nun „401“ genannten Modells kam die für Indian typische Blattfedergabel und auch das Vorderrad wurde nun durch eine Trommelbremse verzögert. Für das Folgejahr – die Reihenvierer-Indian hieß nun „402“ – wurde auch das Motorgehäuse überarbeitet und die Kurbelwelle statt drei- jetzt fünffach gelagert. Der Hubraum wuchs auf 77,21 cui (1.266 ccm). Der Rahmen der 402 bekam zwecks bessere Stabilität doppelte Unterzügen.

Nur solo fahrbar. Der hochliegende Krümmer würde einem Sozius die Waden erwärmen. Der Fahrer hat einen Schutz

Der Nachteil: Durch diese Maßnahmen steigerte sich das Gesamtgewicht des Modells, ohne dass die Leistung dem Rechnung trug. Rund 30 PS mussten reichen, um die auf 525 Pfund (233 kg) angewachsene Masse des Bikes zu bewegen. Frank Westfall, Sammler und Besitzer des hier vorgestellten Exemplars, erzählt: „Meine Hendersons aus den Zwanzigern fahren den vierzylindrigen Indians aus den frühen Dreißigern problemlos davon.“ Mehr Leistung musste also her.

Auch Doppelvergaser halfen der Indian 437 nicht

1936 stellte Indian das Modell 436 vor, es erhielt einen neuen Motor, der als „Upside down engine“ bekannt wurde und 35 PS leistete. Es handelt sich um einen so genannten „Exhaust over Inlet“-Motor, es wurden nämlich Einlass und Auslass vertauscht. Die Ingenieure waren der irrigen Meinung, dass der nun unter dem Auspuff liegende Vergaser sein Gasgemisch besser im Brennraum verteilen könne, wenn dieser durch die „heiße Platzierung“ direkt am Kurbelgehäuse vorgewärmt würde. Doch der erhoffte Erfolg blieb aus. Auch eine Umstellung auf eine Befeuerung durch zwei Vergaser, wie sie bei dem hier präsentierten Bike von 1937 zu sehen ist, brachte nur geringen Performance-Gewinn.

Die Lichtmaschine wird von der Stirnseite über eine Welle und einen Riemen angetrieben, rechts daneben sitzt der Magneto-Zündverteiler

Knapp 40 PS leisteten die letzten Varianten, was die nun rund 240 Kilo schweren Maschinen auf 90 Meilen pro Stunde (ca. 145 km/h) beschleunigte. Blöd nur: Die mit einer Nasssumpfschmierung versehenen Motoren verfügten über eine unzureichende Ölversorgung der Ventile in denZylinderköpfen. Daher mussten die Fahrer die Kipphebel alle 500 Meilen von Hand schmieren. Bis 1942 hielt Indian an der Vierzylinderproduktion fest, dann war Schluss. Die recht teuren Bikes konnten nicht mehr mit den immer günstigeren PKWs konkurrieren. Ausgestattet waren die späten Reihenvierer mit einem handgeschalteten Dreiganggetriebe. Auf Wunsch konnte die Schaltung von der standardmäßigen rechten Seite nach links verlegt werden.

Indian 437 – 1943 war Schluss mit dem Four

Auch konnte der Kunde zwischen Batterie- oder Magnetzündung wählen und hatte die Möglichkeit, die 4.00-18”-Reifen durch 4.50-18”er zu ersetzen. Das Getriebe konnte in einer speziellen Beiwagen-Konfiguration geordert und – für fünf Dollar (!) Aufpreis – sogar die Farbe der Blechteile frei gewählt werden. Unser „Fotomodell“ verfügt über solche Sonderoptionen wie den verchromten Lenker und cadmierte Felgen. Die 1937er Versionen wurden unter der Bezeichnung Sport Solo angeboten. Nur als solche waren sie wohl auch zu fahren, da der hoch liegende Krümmer dem Beifahrer die Schenkel schmorte.

Tacho mit frei liegendem Wellen- antrieb vom Hinterrad

Die hier gezeigte Indian 437 wurde 1974 von Bob McClean komplett restauriert. Sie wanderte durch mehrere Sammlerhände, bis sie Frank Westfall in seine Kollektion stellte. Laut Frank startet die Indian meist problemlos auf den ersten Kick. Selbst die Fußkupplung, die viele als ruppig empfinden und die oft gegen besser funktionierende getauscht wurde, ist hier noch original. „Ich mag es original“, so Frank, „es hat sich als hilfreich erwiesen, das Bike warm laufen zu lassen, dann den Motor auszumachen, die stählernen Kupplungsscheiben loszuklopfen, den Motor wieder zu starten und schon kann es los gehen.

„Diese alten Vierzylinder-Indians sind echte Luxusbikes“

Man muss sich mit den alten Sachen beschäftigen, dann laufen sie. Das wichtigste bei diesen alten Indians ist der regelmäßige Ölwechsel und immer schön die Kipphebel ölen; wenn du dann noch von den heißen Krümmern wegbleibst, hast du keine Probleme“. „Diese alten Vierzylinder-Indians sind echte Luxusbikes. Wenn ich mit rund sechzig Meilen durch die Gegend cruise, fühle ich mich wie auf einem zweirädrigen Duesenberg.“