Einst ein Flop, heute Rarität: Der erste und einzige Serien-Cafe-Racer aus Milwaukee entstand zwischen 1977 und 1979. Lediglich 3133 Exemplare dieser Harley-Davidson Sportster wurden damals gebaut und kaum eines dürfte in einem besseren Zustand sein als dieses hier.
Jung, was hast du dir denn da für‘n Dreschkasten an Land gezogen«. Zobo musste grinsen, als die Chefin von Hamburgs traditionsreichem Harley-Davidson-Händler Suck damals ihre Meinung zu seiner Neuerwerbung kaum verbergen konnte. Doch aus der Sicht der späten siebziger und achtziger Jahre ist diese Abneigung gegen die XLCR 1000 durchaus zu verstehen.
Harley-Davidson Sportster – No luck als Cafe Racer
»Den letzten Serien-Cafe Racer aus Milwaukee-Produktion hatte Suck erst 1986, sieben Jahre nach Produktionseinstellung, verkaufen können. Und das nur, weil sie das Motorrad zum Chopper umgebaut haben«, Zobo verzieht seine Miene. Doch was steckt eigentlich hinter der zunächst so unglücklichen Geschichte um den Harley-Davidson Cafe Racer?
Der junge Harley-Designer Willie G. Davidson hatte Mitte der Siebziger frische Ideen aus Europa mitgebracht. Anders als die US-Boys fuhren Europäer mit Sportmotorrädern, flachen Lenkern und Vollgas auf der German Autobahn. Warum also sollte nicht auch die traditionsreiche US-Marke ein sportliches Bike nach europäischem Muster entwickeln?
Harley-Davidson Sportster mit 1000er Ironhead-V2
Was die Company dann auf der Daytona Bike Week 1977 präsentierte, stieß zunächst auf großes Interesse. Die Techniker hatten den bekannten 45°-1000-ccm-Sportster-Motor in ein Doppelschleifen-Fahrwerk verbaut, wie es auch für die XLS-Modelle verwendet wurde. Willie G. zeichnete verantwortlich für das Design von Tank, Verkleidung und der schlanken Sitzbank.
Er tünchte das komplette Motorrad mit der einzig erhältlichen Farbe Schwarz. Auch wenn die Kaufleute darauf achteten, möglichst viele Teile aus dem H-D-Baukasten verwenden zu können, musste so manches Detail speziell für die XLCR angefertigt werden: neben den Bodyparts auch Kleinteile wie die »siamesische« Auspuffanlage, die (wegen der Verkleidung) geknickten Spiegelarme oder der flache Sportlenker.
Milwaukee lag mit der Preisgestaltung komplett daneben
Die Verkäufe des Cafe Racers liefen von Anfang an auf beiden Seiten des Atlantiks schleppend, was sicher auch an der selbstbewussten Preisgestaltung der Company lag. Kostete eine Kawasaki Z 1000 1977 in Deutschland nicht einmal 9.000 DM und eine Honda CB 750 rund 7.500 DM, so verlangte Harley fast 13.000 Steine für den ohv-Twin.
»Und die XLCR war nicht doppelt so schnell wie die Four«, flachst Zobo. Auch der Anbau einer Zweimann-Sitzbank statt des betörenden Solo-Höckers im Flattrack-Stil für die 1978er Saison brachte keine neuen Kunden. So verkauften sich zwischen 1977 und 1979 nur wenig mehr als 3000 Stück der europäischsten aller Harleys.
Besser als ihr Ruf – Harley-Davidson Sportster der AMF-Ära
»Dabei war die Qualität gar nicht so schlecht wie man es den AMF-Produkten dieser Zeit immer nachsagt«, der Hamburger zeigt auf die sauberen Schweißnähte. Bei der Fertigung wurden für den Cafe Racer etwa nur die besten Motoren mit der höchsten Leistung verwendet: »Selektives Bauen«, lacht Zobo.
Der Unternehmer in der Medizintechnik war eher zufällig zu seinem Cafe Racer gekommen. Als er bei einem süddeutschen Sammler einen Yamaha YR 2C Scrambler kaufen wollte, stand das schwarze Amibike ungeliebt in der Ecke. Dieses sei auch abzugeben, passe die XLCR doch nicht so recht in die von Ducatis dominierte Kollektion.
Die Showa-Stoßdämpfer wurden nur für die XLCH hergestellt
Zobo nahm kurzerhand Yamaha und Harley mit und begann sofort, das mittelprächtig erhaltene Milwaukee-Eisen in den Neuzustand zu versetzen. Aus den USA und aus Holland erstand er viele Neuteile. Blinker, Vergaser, Bremsscheiben – vorne übrigens Doppelscheibe. Aber auch Kleinteile wie die Schlitzschrauben samt der schwarzen Abstandsbuchsen für die Cockpitverkleidung besorgte sich der pedantische Restaurator: »Die Stoßdämpfer stammen vom japanischen Hersteller Showa und wurden nur für die Harley hergestellt.
Über die Teilenummer habe ich nach langer Recherche originalverpackte Federbeine in Japan gefunden. War aber nicht ganz billig«. Auch die seltenen Finned Exhaust Clamps, Kühlringe für die Krümmerbefestigung, trieb er bei einem Händler in Los Angeles auf: »Auf Prospektfotos waren die Dinger oft zu sehen, in der Serie dann nicht mehr.«
Nur Kette und Reifen entsprechen nicht dem Auslieferungszustand
Zobo besorgte sich alle Originalaufkleber, er ließ die Tankembleme neu vergolden und achtete selbst darauf, die korrekten Benzinschlauchklemmen zu verwenden. »Lediglich die Antriebskette und die Reifen entsprechen nicht dem Auslieferungszustand.
Aber die Dunlop TT 100 kommen den alten Goodyear-Gummis schon recht nahe«, gibt er sich zufrieden. Und dass die nicht unerheblichen Ausgaben für die aufwendige Restauration gut angelegt sind, ist sich Zobo sicher. Schließlich wird die XLCR 1000 mittlerweile weltweit von Sammlern gesucht. Auch wenn Frau Suck da nur den Kopf schütteln konnte …