Digger sind hierzulande so selten wie Politiker, die sich an ihre Wahlversprechen gehalten fühlen. Auch in den USA wird diese kalifornische Spezies nur noch selten gebaut. Hier ein besonders schönes Exemplar auf Basis einer Harley-Davidson Sportster aus dem sonnigen Florida.

Gary Gifford heißt der Mann. Im richtigen Leben verdient Gary sein Geld mit dem Bau von edlen Holzterassen vor oder hinter noch viel edleren Häusern von Superreichen; im sonnenverwöhnten Süden Floridas ein einträgliches Geschäft. Nach Feierabend allerdings ist Schluss mit tischlern, dann schwingt der enthusiastische Biker zusammen mit seinem um die Ecke wohnenden Kumpel Frank die Schraubenschlüssel. „Jack Donkey Iron“ haben sie ihre Zweimann-Privatschaubergarage getauft.

Für zündfähiges Gemisch sorgt ein gewaltiger Doppelvergaser von Dell’Orto

Aber nochmal: Die beiden Freunde sind keine Profis, das läuft alles in ihrer Freizeit. Umso erstaunlicher, weil perfekt, ist das Ergebnis. An Garys Digger ist nichts Nullachtfuffzehn, jedes Detail ist bis ins Letzte liebevoll ausgeführt. Wichtigstes Bauteil ist ganz klar der Rahmen. Der entstand komplett in Eigenregie. Zwar überließ Gary das Schweißen einem Fachbetrieb, das Rahmenlayout mit dem  armdicken viereckigen Oberzug, dem gezwirlten Single-Downtube und dem ebenfalls viereckig ausgeführten, starren Heckbereich stammt von aus seiner Feder.

Digger mit wunderschönem Ironhead-Motor

Und wie es sich für einen Vollblut-Digger gehört, hat der Benzintank etliche Kanten und ist zum Fahrer hin deutlich voluminöser als vorne am Lenkkopf. Da versteht es sich von selbst, dass auch der Öltank von Gary eckig gestaltet wurde. Die Springergabel ist „outgesourced“, sie stammt vom kalifornischen Unternehmen „Freds Frames“ a.k.a. Freddie Hernandez. Im schmalen 17-Zoll-Vorderad steckt eine Mini-Trommelbremse, die ehedem von der nicht mehr existierenden Firma Hallcraft produziert wurde.

Reinrassiger Dragster-Rennslick des Typs M&H Racemaster

Wie konsequent der Erbauer das Thema „Digger“ umgesetzt hat, bezeugt das Hinterrad. Dort sitzt ein reinrassiger Dragster-Rennslick des Typs M&H Racemaster, mit kantigem Querschnitt, in den die Jungs im Nachgang ein paar Längsrillen schnitten, weil die amerikanischen Verkehrsüberwacher das so lieber sehen. Am Ironhead-Motor aus dem Jahr 1984 wurde nicht sonderlich viel rumgestrickt. Der hat nach wie vor 1000 Kubik, der Gaswechsel wird aber von vier Andrews-Nockenwellen gesteuert.

Harley-Davidson Sportster mit Dell’Orto-Doppelvergaser

Apropos Gas: Für zündfähiges Gemisch sorgt ein gewaltiger Doppelvergaser von Dell’Orto. Gary teilte noch die Shovel-förmigen Roxerboxen-Cover, installierte von außen sichtbare Ölführungen an die Köpfe, ließ alle Deckel verchromen, schweißte eigene Auspuffe, das war’s dann mit dem Antrieb. Mehr muss auch nicht sein, der Ironhead-Sportster gehört eh zu den schönsten Motoren der Company. Und dann landete Gary noch einen echten Coup …

Hallcraft Mini Drum Vorderradbremse

Es gelang ihm tatsächlich, den großen Dave Perewitz dazu zu überreden, den Digger zu lackieren. Perewitz war in den 70ern, als diese Spezies Custombikes in SoCal und der Bay Area erfunden wurde, neben Leuten wie Arlen Ness ebenfalls ein Mann der ersten Stunde. Wenn einer weiß, wie eine authentische Digger-Lackierung auszusehen hat, dann er. Garys Lohn für all diese astreine ambitionierte Arbeit: Er gewann in Daytona Beach den Best-Sportster-Pokal sowohl bei der Boardwalk-Show als auch bei der Rat’s Hole-Show. Mehr geht nicht.