Die Harley-Gemeinde war ganz schön auf der Palme, als im Sommer 2014 die Street 750 auf den Markt kam. So sollte nicht nur ein neues, günstigeres Preissegment erschlossen – und damit eine deutlich jüngere Zielgruppe angesprochen werden, damit einher ging auch die erste Komplettfertigung außerhalb der USA. Das daraus aber sowas schönes wie dieser Road Tracker werden kann, hätte auch wir nicht gedacht.

Zusammen mit einer unpopulären Wasserkühlung und einem Zylinderwinkel von 60 Grad im Unterschied zu den klassischen, luftgekühlten 45-Grad-V2-Aggregaten brachte die Street so deutlich Unmut in die traditionsbehafteten Fanreihen. Und wie bei den meisten Motorrädern, die auf Low-Budget-Niveau in einem Schwellenland produziert werden, sind Aussehen und Performance nicht gerade die starken Seiten der Street. Aber der hier gezeigte, „fast“ legale Road-Tracker ist eine der schönsten Harleys, die wir je gesehen haben. Punkt.

„Hübscher als das Serienmodell ist sie ja sowieso“, grinst Thor

Der Mann hinter dem Umbau ist Thor Drake, Gründer von See See Motorcycles und seines Zeichens Rennfahrer und weithin bekannter Bikebuilder, ein bekennender Fan der XG 750, so die offizielle Typenbezeichnung der Street bei den Erbsenzählern von Harley.

Street 750 gute Basis

„Unter einer ganzen Reihe von bürokratie-regulierten Normteilen und Plastikverkleidungen steckt ein ansehnliches Motorrad. Der Motor feuert mit unserem geliebten Zündmuster und der sechste Gang ist einfach ein sechster Gang. Für uns Customizer ist die Street 750 leichte Beute. Der Motor wird ausgebaut, indem man sechs Käbelchen abzupft und sechs leicht zugängliche Bolzen herausschraubt – meine Oma könnte das.

Na, geht doch! Womit bewiesen ist: In der Street steckt Potential

An sich ist der Serienmotor schon ganz okay, mit genügend Bums, um gemütlich mit 140 km/h durch die Lande zu cruisen. Wir haben noch einen High-Flow-Luftfilter und eine nagelneue Auspuffanlage drangeschraubt, das lässt noch mal ein paar Pferdchen mehr auf die Strecke. Das Steuergerät bekam einen Stage-1-Flash von Harley spendiert, das erhöht die Benzinzufuhr und optimiert das Zündmanagement.

Komplett andere Federelemente

Diese Street 750 wurde für die Super-Hooligan-Flat-Track-Klasse gebaut, deren Reglement besagt, dass keine größeren Veränderungen am Rahmen, Nachlauf und Lenkkopfwinkel vorgenommen werden dürfen. Zusammen mit Rennsportlegende Sandy Kosman hat Thor deshalb verstellbare Gabelbrücken gebaut. „Dadurch rückt die Gabel schön dicht zum Fahrer hin. Außerdem ist die Gabel durch unsere Brücken jetzt breiter. Die Seriengabel wäre eh zu schmal für einen richtigen Flat-Track-Reifen.“

Die Seriengabel war zu schmal für einen richtigen Flat-Track-Reifen

Auch an der Federung wurde viel verändert. „Die originalen Gabelbeine machen sich gut – als Staubfänger irgendwo in einer Werkstattecke. Also weg damit und stattdessen die Beine einer alten Yamaha YZF-R6 eingebaut, heute der Standard für Flat-Tracker. Die hinteren Stoßdämpfer von Harley sind genauso ein Schrott, die Fahrwerkspezialisten von Fox-Racing haben uns lange, einstellbare 13-Zoll-Dämpfer montiert“, erläutert Thor.

Harley-Davidson Street 750

Nach ein paar weiteren, gewichtsreduzierenden Eingriffen kam dann die Schwinge dran, denn auch hier gab es keine Einschränkungen seitens des Reglements. Eine 19-Zoll-Felge sollte Platz finden. „Im Prinzip haben wir einfach nur die Achslöcher aufgebohrt, um die Radaufnahme weiter nach hinten zu legen.“ Bremsen ist einfach: Auf der hinteren Scheibe verrichtet ein kleiner, unten angeschlagener Brembo-Sattel seinen Dienst.

See See hat die Street nicht aus Spaß so rattenscharf umgebaut. Das Ding nimmt an der „Super Hooligan“-Championship teil

„Die Scheibe ist aus Gusseisen. Die rostet zwar, wenn sie nass wird, hat aber selbst rotglühend noch den besten Grip. Kein Verziehen oder Abrieb, auch wenn du sie in den Kurven schleifen lässt. Den Tank haben wir gegen einen tropfenförmigen Sportster-Tank aus den 80ern getauscht. Früher hat den jeder von seiner Harley runtergerissen, jetzt kommt er wieder drauf. So ist das halt.“

Tipp: Schalthebel von alten Hondas

Bis hierher lief alles easy, mit den Rädern und der Übersetzung der Kette fingen die Probleme an. „Erst einmal mussten wir unsere eigenen Naben fräsen, aus einem massiven Aluklotz. Die Fußrasten sind dem Rennbetrieb nicht gewachsen, sie wurden durch klappbare Bates-Rasten ersetzt. Heißer Tipp: Die Schalthebel einiger alter Honda-Modelle passen auf die Schaltwelle. (See See hat die einer CR 250 verwendet.)

Thor wollte die Straßenzulassung für die Street 750 gerne behalten, denn das Ziel der See-See-Jungs war, eine Harley zu bauen, die man dem breiten Publikum auf der Straße näher bringen kann. „Und hübscher als das Serienmodell ist sie ja sowieso“, grinst Thor. Allerdings müsste dazu wieder eine Bremse ins Vorderrad wandern.

 

 

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