Diese Harley-Davidson Softail Deluxe entstand in Eigenleistung eines recht jungen Enthusiasten in dessen heimischer Garage.

Ach herrlich! Manchmal spült einem der Zufall schöne kleine Goodies in den Berufsalltag. Diese Deluxe parkte zufällig genau gegenüber der Einfahrt zu einer Ride-In-Bikeshow in Mannheim, an der jeder Interessierte auch ohne Voranmeldung teilnehmen konnte. Und da ich mich da öfter herumtrieb, musste mir das gegenüber geparkte Bike zwangsläufig auffallen, sonst hätte ich den Beruf verfehlt. Ich also hin und eine Visitenkarte ins Zündschloss gesteckt, auf der ich der Besitzerin oder dem Besitzer kundtat, ich fände das Bike schön und sie oder er möge mich doch bitte mal anrufen.

Ohne Windschild sieht diese Harley-Davidson Deluxe schon fast nach Chicano-Style aus

Und siehe da, schon ein paar Tage später kam tatsächlich der Anruf. Dran war Andreas Diehl aus Erlensee nahe Hanau, er outete sich nicht nur als der Besitzer der Deluxe, sondern auch als deren Umbauer. Ich wurde hellhörig, denn ich liebe Garagenschrauber, die privat Apparate auf die Räder stellen, von denen sich so mancher Gewerbliche ein Scheibchen abschneiden kann. Schnell war ein Termin in Erlensee gemacht. Wie sich vor Ort herausstellte, war es, wie erwartet, gänzlich privat. Andreas schwelgt dort, wo er wohnt, nicht gerade in reichlich Garagenplatz. Mit viel Leidenschaft und Mühe hat er sich in seiner recht niedrigen Souterrain-Garage seine Wohlfühloase geschaffen, dort schraubt und hegt und pflegt er seine Harley-Objekte. Zur Zeit hat er zwei.

Harley-Davidson Softail Deluxe – Von der Drehzahlfräse zum Big Twin

Doch der Reihe nach, denn relativ kurios ist die Tatsache, dass der Südhesse erst vor zehn Jahren, da war er 33 Jahre alt, zusammen mit seiner Frau den Motorradführerschein gemacht hat. Sofort kauften die Beiden zwei 600er Kawasakis, von denen sie aber nach einem viertel Jahr bereits die Nasen voll hatten. „Wir wechselten zügig von den beiden Drehzahlfräsen auf Harleys. Für mich gab’s eine 99er Twin-Cam-Road-King, meiner Frau kauften wir eine fünf Jahre alte 1200er Sportster Custom“, erinnert sich Andreas. Aus beruflichen Gründen und damit verbundenem Zeitmangel gab seine Frau die Motorradfahrerei ein Jahr später wieder auf, also verkaufte Andreas die Sporty, nicht ohne sich mit der Kohle eine zweite Harley, eine Fat Boy zuzulegen.

Mild getönte Lacke, gefunden bei Rolls-Royce

Dann begann eine etwas unstete Zeit, denn Andreas wechselte seine Harleys schneller als andere ihre Socken. Im Jahr 2011 geriet er an die hier präsentierte Deluxe, und wie man sieht, hat dieses Motorrad in ihm etwas bewirkt, denn immerhin fährt er sie immer noch. „Die Deluxe sollte auf jeden Fall Harleys klassischen Retro-Stil wiedergeben, den das Basismodell ja zweifelsfrei ohnehin schon hat. Mein Ziel war, einen echten Eyecatcher daraus zu machen, also waren reichlich Chrom, Oldschool-Elemente und vor allem eine Zweifarbenlackierung von vorneherein gesetzt. Das Bike entstand in vielen Feierabendsessions und unzähligen Stunden, in denen ich Teile gesucht, angefertigt, organisiert und ausprobiert habe“, berichtet der gelernte Mechaniker.

Harley-Davidson Softail Deluxe mit Fishtails und Power Commander

An dem Twin Cam 96 selbst hat Andreas nichts geändert, nur die äußere Peripherie wie etwa die Pan-Style-Zylinderkopfdeckel oder der Ness-Big-Sucker fallen auf. Als Krümmer montierte er die Crossover-Anlage einer Softail Springer Classic, die Endtöpfe mit den Fishtails gibt’s bei Vance & Hines. Der reinen Optik wegen verbaute Andreas den Zündverteiler einer Panhead. Der allerdings hat keine Funktion, ist bloß hübsche Attrappe. Unsichtbarerweise hilft ein Power Commander dem Motor auf die Sprünge.

Die hochsommerliche Bekleidung hielt Andreas nicht davon ab, ordentlich am Kabel zu ziehen

Alle Customparts und Spezialitäten, die an diesem Bike verbaut oder verchromt sind, hier aufzuzählen, wäre Legion. Zur Erhellung bitte einen Blick in die ausführlichen technischen Daten werfen. Nur soviel: Es sind unzählige CVO-Parts verbaut, das Fahrwerk ist vorne und hinten verbessert und tiefergelegt, die Zündspule sitzt jetzt links neben den Zylindern in dem Teardrop-Gehäuse, die Zusatzscheinwerfer mit blauen Gläsern sind Originale von einer amerikanischen Police-Version und der unten blau durchscheinend gefärbte Teil des Windschilds passen stilistisch zum Gesamtbild wie Deckel auf Topf. Insgesamt eine hervorragende Arbeit.

Rolls Royce muss ja wissen, was nobel aussieht

Ebenfalls ein Kompliment wert ist uns die prächtige Lackierung. Andreas verriet uns, dass er sich ewig schwer getan hat bei der Suche nach den richtigen Farbtönen für die Lackteile. Und jetzt raten Sie mal, wo er schließlich fündig wurde: Korrekt, bei Rolls Royce. Wenn die distinguierten Edelschlittenfabrikanten von der Insel nicht wissen, was nobel aussieht, wer denn dann? Ganz besonders gefreut hat uns der Umstand, dass Andreas seine pretiöse Deluxe nicht etwa mit Samthandschuhen anfasst. Im Gegenteil, die Fahraufnahmen haben wir auf einer Landstraße nahe der Burg Ronneburg gemacht, und da hat Andreas auf seiner Softail Deluxe ordentlich reingehalten. Bravo, so soll das sein. Netter Kerl, klasse Motorrad, gerne wieder!