Auch wenn dieses Bike auf den ersten Blick wie ein originales Harley-Davidson Model J aussieht, es ist größtenteils aus Eigenbauparts entstanden.
Der Schwede Sven Billred ist in der Bikerszene seines Landes kein Unbekannter. Vor einigen Jahren erregte er mit einem verrückten Custombike Aufsehen, das von zwei hintereinander platzierten Jawa-Motoren aus dem Speedwaybereich befeuert wurde; die mit Methanol betriebenen Aggregate lieferten je 100 PS. Aber auf die Dauer war dieses Monster dem Schweden zu gefährlich. Er suchte nach etwas weniger Anstrengendem.
Nur ein paar Brocken eines Harley-Davidson Model J
So traf es sich gut, dass Sven schon vor längerer Zeit ein paar Brocken eines Model J aus den 20er Jahren erstanden hatte. Es waren zwar nur der Rahmen und einige Teile von Getriebe und Motor, aber eine Grundlage war somit da. Mit etwas Glück fand der Schrauber einen kompletten Motor von 1925. Der passte in die anvisierte Ära. Doch damit ist die Aufzählung der originalen Teile schon beendet.

Alle weiteren Parts wie Tank, Öltank, Sitze, Lenker, Batteriehalter, Fender oder Primärcover entstanden in Svens Werkstatt. Der gelernte Karosseriebauer hatte mit der Blechnerarbeit keine größeren Probleme. Die beiden Tanks bestehen jeweils aus drei Blechstücken. Die Konturen wurden von Sven per Hand herausgearbeitet. Vorbild waren die Prägungen im Primärcover, dessen Mittelstück von einem außen herum total verrosteten Original stammt. Hier hat der Schwede eine perfekte Restauration vollzogen.
Die Kupplung stammt von einem Jawa Speedway-Renner
Ansonsten kamen beim Aufbau Zutaten unterschiedlichster Herkunft zum Einsatz. Ein VW Golf und eine Triumph Bonneville spendeten Teile für die Zündung. Die Kupplung stammt von einem Jawa Speedway-Renner. Und den Amal 930-Vergaser wählte Sven wegen seines guten Aussehens.

In den 20ern wurde die Beleuchtung der Motorräder noch durch Karbid-Gaslampen bewerkstelligt. Um etwas moderner, aber dennoch zeitgemäß zu sein, strahlt nun ein elektrischer Scheinwerfer eines Ford Model T über der Springergabel, die von einer WL des Jahrgangs 1930 stammt. Den Motor hat Sven selbst überholt. Nur das Honen der Zylinder und die Bearbeitung der Kurbelwelle überließ er Fachkräften.
Harley-Davidson Model J mit 1300 Kubik
Jetzt werkeln Aluminiumkolben in den auf 1300 Kubikzentimeter Hubraum vergrößerten Zylindern. Mit modernen Ventilen ausgestattet, läuft der Motor nach Svens Aussage besser als im damaligen Neuzustand. Auch die normalerweise stets vorhandenen Ölundichtigkeiten konnten so annähernd eliminiert werden.

Die beim Original am Tank platzierte Ölpumpe fand ihren neuen Wirkungsort unten am Ende des Sattelrohrs. Gleich daneben findet sich ein weiteres nettes Detail. Der originale Feuerlöscher war früher bei Polizeimaschinen an der Gabel befestigt, allerdings nur wenige Jahre lang, denn dieses Accessory wurde gerne gestohlen.
Kein nach Originalitätsmaßstäben aufgebautes Fahrzeug
Auf Bike-Treffen wird Sven schon mal gefragt, warum er ohne Frontfender fahre; die seien doch ganz gut zu bekommen. Dann klärt er auf, dass es sich bei seinem Bike nicht um ein nach Originalitätsmaßstäben aufgebautes Fahrzeug, sondern um ein Custombike handelt. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu einem echten alten Bike ist die Lackierung von Motorgehäuse und Getriebe in der Farbe der Blechteile.

Für diese entschied sich der Customizer, um zum einen eine historisch wirkende Colorierung zu benutzen, die aber nicht unbedingt alt aussehen sollte. Zylinder und Köpfe hat Sven mit hitzefestem Lack überzogen, dessen Ton er selbst gemischt hat. Mit seinem vermeintlichen „Oldie“ fährt der stolze Erbauer jährlich zwei- bis dreitausend Kilometer, meist auf kleinen Trips rund um seine Heimatstadt Vetlanda. Dabei hat er den Kopf frei und kann sein nächstes Projekt planen …