Das Sportster-Angebot auf dem Gebrauchtmarkt ist üppig, die Preise sind unfassbar stabil – Tendenz steigend. Erst recht bei der Ironhead Sportster. Der Einstieg in die Harley-Welt beginnt bei rund 5.000 Euro.

Kein anderes Motorrad kann auch nur annähernd auf eine ähnlich lange Bauzeit wie die luftgekühlte Sportster zurückblicken. Weit mehr als eine Million Maschinen wurden von 1957 bis zum Produktionsende im November 2022 produziert. Entsprechend breit gefächert ist das Angebot auf dem Gebrauchtmarkt. Grundsätzlich sollte man sich im Klaren darüber sein, ob es eine gusseiserne Ironhead oder eine vergleichsweise moderne Evolution-Sporty sein soll. Heute werfen wir einen Blick auf die Ironhead Sportster …

Unverbastelte Ironhead-Sportster sind rar

Das Eisenkopf-Aggregat kam in der Sportster von 1957 bis 1985 zum Einsatz. Zunächst mit 883 ccm Hubraum, ab 1972 auch mit 1000 Kubik. Auf dem Gebrauchtmarkt spielen die Ironhead-Modelle allerdings keine große Rolle mehr, die meisten sind längst komplett runtergeritten, zu Tode gefrickelt, der Altmetallverwertung zugeführt worden – oder befinden sich in den Händen von Liebhabern und Sammlern. Wer dennoch ein Auge auf die Ur-Sportster geworfen hat, braucht Geduld bei der Suche nach einem halbwegs unverbastelten Exemplar und sollte vor allem auch über mehr als rudimentäre Schrauberfähigkeiten verfügen.

Fehlersuche Shovel-Sportster – Ölundichtigkeiten, Getriebeprobleme und der relativ hohe Wartungsaufwand der Shovelheads verlangen nach leidenschaftlicher Hingabe und fordern erhöhten Kapital- und Zeiteinsatz. So muss beispielsweise der komplette Motor ausgebaut werden, um die Zylinder abnehmen zu können. Schrauberfreundlichkeit sieht anders aus. Abgesehen davon machen verwindungsfreudige Rahmen, lasche Bremsen und miese Federelemente das Fahrerlebnis zu einem Abenteuer der besonderen Art

Es gibt da nichts schönzureden: Die Eisenkopf-Sportster der 70er und 80er Jahre sind qualitativ erbärmlich. Die Güte der Zahnräder des Vierganggetriebes war derart schlecht, dass die Schaltboxen reihenweise zerbröselten. Der Filz der Motorölfilter (ab 1979) löste sich gerne im Schmierstoff auf und sorgte in Konsequenz vielerorts für Ölaustritt. Die Fertigungstoleranzen waren überaus großzügig bemessen, so dass die Kolben teilweise lässig in den Zylindernbuchsen rumklappern.

Arg schludrig, was die Company damals zusammenbaute

Dazu kommen labile Fahrwerke, zahnlose Bremsen, miese Lackqualität und Vibrationsschäden, die von eingerissenen Schutzblechen und Kennzeichen bis hin zu gebrochenen Glühbirnenfassungen vor nichts Halt machen. Erfahrene Shovel-Besitzer sichern sämtliche Schrauben mit Loctite, weil früher oder später jede Verbindung losvibriert wird. Klar, vor 40 Jahren eierten fast alle Mopeds bedrohlich um die Kurven und die Bremsen sind allesamt nicht mit den heutigen Multi-Kolbenstoppern zu vergleichen. Aber was die Company damals zusammenbaute, war schon arg schludrig gemacht.

1979 muss Harley aufgrund der verringerten Oktanzahl der amerikanischen Kraftstoffe die Verdichtung erheblich herabsetzen, wodurch etliche Pferdestärken verloren gehen. Da man sich auch designtechnisch im unsäglichen Softchopper-Look verirrt, gehen die Verkaufszahlen mehr und mehr zurück. Mit Leistungsmangel und Übergewicht ist gegen die flotten und vergleichsweise leichten Japan-Bikes kein Stich mehr zu machen

Doch auch eine Eisenkopf-Sportster kann zehntausende pannenfreie Kilometer bringen – wenn sie gut gepflegt und nicht verbastelt ist. Wenn sie gefühlvoll warmgefahren und nicht mit Vollgas über die Autobahn gedroschen wird. Wenn ein ordentliches 50er-Einbereichsöl verwendet und dieses durch einen Papierfilter sauber gehalten wird. Und wenn das Getriebe zumindest einmal von einem Spezialisten mit einem stabilen Räderwerk bestückt wurde …

Ironhead Sportster mit viel zu kurzer Übersetzung

Zu schaffen macht den Ironhead-Sportys auch ihre viel zu kurze Übersetzung, die für den heimischen US-Markt ausgelegt ist. Bei europäischen Richtgeschwindigkeiten drehen die Langhub-Twins deshalb viel zu hoch, so dass sie dann schnell den Hitzetod sterben. Wer also halbwegs flott unterwegs sein will, muss mittels kleinerem Kettenblatt oder größerem Ritzel für niedrigere Drehzahlen sorgen.

Gebrauchte Ironhead-Sportster sind meist übel runtergeritten oder grausam verbastelt. Originale Schönheiten wie diese 1000er XLH von 1977 sind nur schwer zu finden und liegen preislich auf oder über dem Niveau der letzten Evo-Sportster

Natürlich wurden auch die Ironhead-Sportys im Laufe ihrer 28-jährigen Produktionszeit beinahe jährlich verbessert. Eine Sportster aus den frühen 60er Jahren, damals noch mit 6-Volt-Elektrik, zickiger Gleichstrom-Lichtmaschine und mauen 40 PS, ist nicht mit einer XR 1000 von 1984 zu vergleichen, der stärksten Sportster der Shovelhead-Ära. Der Powerriegel verfügt dank der Alu-Zylinderköpfe des Dirt-Track-Racers XR 750 und zweier 36er-Dell’Orto-Vergaser über satte 70 Pferdestärken. Für so eine Feine müssen jedoch mindestens 10.000 Euro hingeblättert werden – wenn überhaupt ein halbwegs passables Exemplar zu finden ist.

Besonders während der AMF-Ära litt die Sportster unter massiven Qualitätsproblemen. Doch auch eine Eisenkopf-Sportster läuft bei fürsorglicher Behandlung viele zehntausend Kilometer problemlos