Christoffer Hultgren aus Schweden schweißt nicht nur in Eigenarbeit, sondern lackiert seine Bikes auch selbst. Und auch der Sitz der hier porträtierten Hydra-Glide ist selfmade – genäht mit der alten Nähmaschine seiner Großmutter. „Das ist der einzige Weg, wie ich absolut sicher sein kann, dass ich mit den Ergebnissen zufrieden sein werde!“
Christoffer arbeitet als Schweißer bei Siemens Industrial Turbomachinery außerhalb von Norrköping. Seine Freizeit verbringt er mit Freunden im örtlichen Motorradclub. Sein erstes Motorrad war eine Kawasaki VN 800, die er kaufte, als diese völlig zerlegt in etlichen Kisten verstreut war. In langen dunklen Winterabenden montierte er das Teil in seinem Wohnzimmer wieder zusammen. „Ich fand es super, auf meiner Couch zu sitzen, einen Film anzuschauen und dabei Räder einzuspeichen.“
Harley-Davidson Hydra-Glide – Fishtail-Klassiker
Vor ein paar Jahren besorgte er sich dann eine Harley. Es handelte sich um einen leicht gestrippten Hydra-Glide-Bobber aus dem Baujahr 1953. Christoffer zeigte mir auf seinem Smartphone ein Foto, das die Panhead zeigt, wie sie aussah, als er sie gekauft hat: Ein echter feiner Fishtail-Klassiker! „Sicher, die war schön, aber es war nicht das, was ich wollte. Ich sah das Bike nur als gute Ausgangsbasis. Ich schätze, wenn dieser Artikel erscheint, werden mich Leute dafür hassen, weil ich eine an sich feine Hydra-Glide dermaßen umgestrickt habe.
Aber ich habe immer noch alle Teile, ich könnte die alte Version jederzeit wiederherstellen. Christoffer begann, einige Dinge für die nächste Saison zu ändern. Er arbeitete sich von vorn nach hinten, zunächst gab’s ein 21-Zoll-Vorderrad, einen neuen Lenker und einen Uralt-Scheinwerfer. Aber das Projekt kam nicht wirklich in Schwung, bis er eine Schraubernische in seinem Clubhaus bekam.
Harley-Davidson Hydra-Glide im japanischen Look
Reiner Zufall, dass just zu diesem Zeitpunkt auch ein neuer Bikerkumpel, der an einem Softail-Projekt arbeitete, dazukam. Die beiden pushten sich gegenseitig bei ihrer Umbauarbeit, um den Dampf aufrechtzuerhalten. Christoffer wollte definitiv keinen schwedischen Stil, sondern einen finnischen oder japanischen Look mit sehr schmaler Gabel und einem winzigen tropfenförmigen Benzintank. Aber es ist einfach, sich eine schmale Gabel zu wünschen, es ist eine andere Sache, konkret eine zu bauen.
„Als ich die Springergabel auseinandergeschnitten hatte, sah das aus wie ein Metall-Puzzle. Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich sie wieder schön sauber und gerade zusammenbringen würde. Doch ein Arbeitskollege aus meinem Betrieb gab mir ein paar gute Ratschläge und zusammen haben wir es dann geschafft.“ Dem Wassell-Benzintank einen schlankeren Look zu verpassen, war einfacher, und wenn man sich das Bike ansieht, könnte man meinen, auch der Heckrahmen wäre verschmälert worden. Ist er aber nicht!
Dank Morris-Magneto braucht das Bike keine Batterie
„Das ist, weil ich auch den Öltank verschlankt habe. Das täuscht das Auge und lässt den ganzen Rahmen schmaler aussehen.“ Dank Morris-Magneto braucht das Bike keine Batterie. Lenker, Sissybar und vieles mehr bestehen aus Edelstahl, und der Sitz wurde – wie oben erwähnt – von Christoffer selbst auf Großmutters Nähmaschine genäht. Dann gab’s noch Trouble. Der Zweikomponentenlack, mit dem er den Rahmen lackiert hatte, wollte einfach nicht trocknen. Noch nach zwei Wochen hinterließ er Fingerabdrücke im Lack, wenn er den Rahmen anfasste.
Die Norrtälje Bike Show rückte näher und der Erbauer wurde langsam verzweifelt. Am Ende erhitzte er den Rahmen fünf Stunden lang mit einer Heißluftpistole, bis der Lack endlich aushärtete. Die grüne Metallic-Lackierung heißt „BMW Boston Green“, das Tankemblem ist eine Nachbildung von Harleys altem VL Flathead aus den 1930er Jahren, passt aber trotzdem perfekt zum Motorrad. Sind noch Änderungen geplant? „Nun, es wäre interessant, etwas Aluminiumguss auszuprobieren! Vielleicht einen Vogelabweiser für den Vergaser. Und ich denke, als Nächstes mache ich mich an einen langen, tiefen Langgabel-Chopper. Aber dazu muss erst mal die Kohle her, denn wenn ich reich wäre, hätte ich ein ganzes Dutzend Motorräder in der Garage stehen.“