Rost und Wüstenluft, das passt in der Regel so gar nicht zusammen. Dieses Ratbike mit Harley-Davidson Evolution V2 macht das Unmögliche möglich.

Auf der Dubai Bike Week trafen wir Nedal A. Amin aus Kuwait, für den Rost gänzlich unbekannt ist. Denn Regen ist in dem Wüstenstaat eher die Ausnahme. Nedal ist Bikebuilder mit ungewöhnlichen Ideen. Als er die rostige Harley-Davidson mit Evolution-V2 von After Hours Bikes in Florida bei einem USA-Aufenthalt entdeckte, musste er das Bike mit den für ihn so unbekannten Oberflächen unbedingt haben.

TÜV ist in Kuwait ein Fremdwort

Selbst war er mit einem Baggerprojekt beschäftigt, so dass er das Bike annähernd komplett kaufte, nur wenige Modifikationen selbst vornahm und es so auf der Bike Week präsentierte. Nehmen wir das mit dem TÜV und der Fahrbarkeit einmal vorweg. TÜV ist in Kuwait ein Fremdwort, so dass Nedal sich darum mal überhaupt keine Gedanken machen musste. Profil braucht man nur bei Regen und somit scheidet die Diskussion auch aus. Denn, wie schon erwähnt, regnet es in Kuwait ungefähr genauso oft wie wir hier Temperaturen von mehr als 40° C haben.

Das Ding fährt bescheiden und sieht auch nicht wirklich geil aus. Aber es ist Custom – und zumindest Nedal ist in love mit seiner Ratillac

Nedal ist ein totaler Cadillac-Fan und so modifizierte er das Bike nach eigenen Vorgaben und gab ihm den Namen Ratillac. Aufgebaut ist das Ratbike auf einem Rahmen von After Hours Bikes, der aus Vorderachsteilen alter Hot Rods hergestellt ist. So stellten die Männer aus Florida auch die Gabel daraus her.

Ein Harley-Davidson Evolution V2 dient als Antrieb

Als besonderes Gimmick montierten sie vorn zwei Stoßdämpfer mit Airride, die ansonsten als High Jacker für die Hinterachse in US-Cars genutzt werden. Beim Antrieb griff man ganz konventionell auf einen H-D-Evolution-Motor samt Getriebe zurück, der durch den gnadenlosen Einsatz von Wasser und Salz in die gewünschte Optik gebracht wurde und nun zu dem restlichen Rost des Bikes passt.

Recycling: Der Tank besteht aus den zusammengeschweißten Ventildeckeln eines 1968er Cadillac-V8-Motors

»Großserientechnik mit minimalster Elektrik funktioniert immer«, sagt Nedal, und so beließ er es bei serienmäßigen Motorinnereien und montierte hinten eine Standard-Harley-Bremse, die vorausschauendes Fahren nötig macht, da er vorn auf jegliche Art von Verzögerungsmechanismus verzichtet hat. Beim Tank kommt das Thema Cadillac dann wieder ins Spiel. Aus alten 1968er Cadillac-Ventildeckeln wurden zwei Tankhälften geschweißt und ein einfaches Gewinderohr als Einfüllstutzen angeschweißt.

Der Scheinwerfer stammt von einem 1938er Ford T-Model

Die Vodka-Flasche dient als Benzinanzeige und fertig ist eine wirklich ungewöhnliche Idee. Ebenso aus dem Hot-Rod-Regal stammt der Scheinwerfer vom 1938er Ford T-Model, der gegenüber dem Rest des Bikes fast neuwertig erscheint. Beim Hinterrad dann verließ man die Hot-Rod-Schiene und montierte auf eine 5,5 Zoll breite Felge einen Truckreifen, der aber in den USA auch gern auf Hot Rods eingesetzt wird

Nedal kam zum Fotoshooting auf der »Palme« in Dubai auf eigener Achse – quer durch den dichten Stadtverkehr, der dem einer Rush Hour in unseren Ballungszentren gleicht. Geht also, aber easy und locker war der Ritt ohne Federung, vordere Bremse sowie wenige Zentimeter über dem Asphalt bestimmt nicht …

Wenn man an so einem Bike schon nichts verstecken kann, dann ist es keine Schande, alles offen zu montieren. So zeigen die Erbauer schonungslos und cool platziert die Absperrhähne und den Kompressor für das Airride. Wenn man dann noch einige ausgediente Ketten und Pleuel in der Werkstatt liegen hat, braucht man diese nicht auf den Müll zu werfen, sondern nutzt sie als Schaltgestänge, Fenderhalter oder auch als Fußraste, was dem Wort Recycling eine neue Bedeutung gibt.

Der Heckfender dient normalerweise einem Truck als Radabdeckung

Die Kettenspannrollen dienten in den 80ern irgendwelchen High-School-Girls in ihren Rollerblades und der Heckfender dient normalerweise einem Truck als Radabdeckung. In unseren Breitengraden würde das Bike sicherlich noch mehr Patina ansetzen. Doch in Kuwait wird der Prozess sicherlich extrem verlangsamt vor sich gehen. Von wegen »rust never sleeps«.

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