Im Tuttlinger Ortsteil Nendingen entstand ein außergewöhnliches Themenbike mit dem Blickpunkt Medizintechnik. Basis ist  eine Harley-Davidson Dyna Fat Bob. Der Hintergrund hierzu ist überaus interessant.

„Tuttlingen wird gerne auch ‚Weltzentrum der Medizintechnik‘ genannt“, klärt uns Nina Matthies vom örtlichen Harley-Davidson-Vertragshändler auf. Das macht natürlich neugierig, also haben wir gegoogelt. Laut Wikipedia gibt es in und um die 36000-Einwohner-Stadt nicht weniger als 600 Betriebe, die im Bereich Medizintechnik tätig sind. Ob OP-Bestecke, Instrumente, Sterilisations-Equipment oder Endoskopie, in Tuttlingen produzierte Medizintechnik findet sich in weltweit 95 Prozent der Krankenhäuser.

Harley-Davidson Dyna Fat Bob – das Medizintechnik-Bike

So nimmt es nicht Wunder, dass es auch in dem Gewerbegebiet von Tuttlingen-Nendingen in der Nachbarschaft des dort ansässigen H-D-Vertragshändlers Motorrad Matthies Firmen gibt, die medizintechnische Produkte vertreiben. Eine davon ist die Firma AS Medizintechnik, deren Produkt-Portfolio über 20000 verschiedene Instrumente für die Chirurgie umfasst. Beim Harley-Händler entstand irgendwann die Idee, dass man eigentlich mal ein Themenbike zum Thema Medizintechnik bauen sollte und rannte mit dem Vorschlag bei der Harley-affinen Geschäftsführung von AS Medizintechnik offene Türen ein.

Der Sterilisations-Container unterm (hier entfernten) Sitz behergt eine Menge weiterer Instrumente, die verschiedensten Zwecken dienen

Zum Bike selbst: Als Basis diente Motorrad Matthies eine Dyna Fat Bob des Modelljahrs 2017. Am Motorrad, das die Erbauer „Medical Bob“ nannten, wurden verschiedenste Produkte aus dem Bereich Chirurgie verbaut und teilweise auch funktionell eingesetzt. So wurde beispielsweise ein Sterilisations-Container als Box unterhalb des Sattels integriert. Die Box dient als Stauraum und macht dem Betrachter auf den ersten Blick klar, dass es sich hier um medizintechnische Produkte handelt. Der Container stammt natürlich, wie alle an diesem Bike verbauten Produkte, aus dem Hause AS Medizintechnik und hat 2017 den Red Dot Design Award gewonnen.

Harley-Davidson Dyna Fat Bob mit Wundhaken und Rippensperrer

Auch die Glasspritze am Öleinfüllstutzen wurde funktionell eingebaut und kann sogar bedient werden. Im OP dient eine solche Spritze zur Spülung während Operationen. Ein schwarz beschichteter Wundhaken wurde als Bremshebel verbaut. Wundhaken werden benutzt, um das OP-Feld im Patienten während der OP offen zu halten. Ein weiterer Wundhaken dient als Halterung des Frontscheinwerfers. Putzig kleine Laryngeal-Spiegel wurden als Rückspiegel am Brems- und Kupplungshebel angebracht. Diese Spiegel werden bei Eingriffen im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich verwendet.

Sauber gemacht: In den Heckfender eingelassene Nierenschale

Auf dem Tank wurde ein selbsthaltender Rippensperrer installiert, in Verbindung mit der Lackierung zeigt das Instrument, wo es eingesetzt wird: Bei Herzoperationen dienen solche Sperrer als Wund-Offenhalter, um dem Chirurgen genügend Eingriffsfläche zu bieten. In den Heckfender ließen die Nendinger Umbauer bündig eine sogenannte Nierenschale ein, es gibt wohl kaum jemanden, der nicht schon mal in solch ein Ding gespuckt hat.

Lackierung in der Farbe von Hartmetallkomponenten

Auch lacktechnisch wurde das Motorrad angepasst. Diverse beschichtete Teile wie die Stoßdämpfer, die Rockerboxen und das Luftfiltergehäuse wurden in der Farbe Goldgelb lackiert. Diese Farbe dient in der gesamten Medizintechnik-Branche als Erkennungsmerkmal für Hartmetallkomponenten und wird von allen Herstellern gleichermaßen als Hinweisgeber benutzt. Das nennen wir mal Liebe zum Detail …

Info | motorrad-matthies.com