Es freut uns immer, wenn Privatleute ihre Leidenschaft mit uns teilen. Im vorliegenden Fall stellte sich ein österreichischer Leser mit viel Eigenleistung sein Traumbike zusammen: Harley-Davidson Evolution V2, HPU-Rahmen und 250er Hinterrad.  

Es war einmal – so fangen alle guten Märchen an – ein Mann in einem kleinen Dorf am oberen Ende von Oberösterreich. Der hatte bereits in seiner Schulzeit angefangen, Motorräder umzubauen. Begonnen hat alles mit einer Suzuki GS 750, bei der er sich auch nicht davon abschrecken ließ, diverse Rahmenänderungen durchzuführen und den Lenker selbst zu schweißen. Die Zulassungsstelle hätte das Motorrad niemals zugelassen, aber was die Zulassungsstelle nicht weiß, macht sie nicht heiß.

Joes Überzeugung: Man muss sich ins Bike richtig hineinlümmeln können

Im Laufe der Jahre wurden die Stilrichtungen, die der Mann sich baute, immer vielfältiger und abenteuerlicher, angefangen von Scrambler über Bobber, Cafe Racer, Tracker bis hin zu Bratstyle. Aber die große Leidenschaft des Mannes, der Joe Gahleitner heißt, galt schon immer den langgestreckten und minimalistischen Choppern. Und ein Chopper ohne lange Gabel ist für ihn kein Chopper.

Starrrahmen werden im Alpenstaat nicht mehr zugelassen

Aus etlichen Gründen hat sich die Umsetzung dieses Traums jedoch zwanzig Jahre verzögert. Was wiederum den Vorteil hatte, dass Joe dann wirklich wusste, was er wollte, und zu dem Zeitpunkt schon die gesamte Umbauszene kannte. Als großer Fan von West Coast Choppers konnte seine Entscheidung nur auf ein Bike im WCC-Stil fallen.

Die Riser und der Tankdeckel sind Eigenbauten von WCC-Fan Joe

Ein Starrrahmen kam nicht in Frage, schließlich sollten Bike und Fahrer nicht unnötige Qualen erleiden müssen. Zudem ergab eine Anfrage beim Verkehrsministerium, dass Starrrahmen im Alpenstaat nicht mehr zugelassen würden. Was war noch wichtig? Ein geiles Heck – nicht zu schmal und nicht zu breit stand auf dem Programm. Zwischen 240 und 260 Millimeter Hinterradbreite sollten es sein, damit das Bike auch noch anständig um die Ecken kommt.

Als Antrieb dient ein Harley-Davidson Evolution V2

Die Lust am Aufbau war riesengroß, aber das Budget nicht. Ein Aufbau mit Neuteilen war daher keine Option. Es vergingen weitere vier Jahre, bis Joe die richtige Basis zum richtigen Preis gefunden hatte. Am anderen Ende von Österreich wurde er fündig. Ein fünfzehn Jahre alter Chopper mit schnörkellosem HPU-Rahmen und 250er-Hinterrad stand zum Verkauf. Joe kaufte. Allerdings entsprachen viele Bauteile optisch oder auch technisch nicht seinen Vorstellungen.

Im V-Rod-Lampentopf ist eine Menge Elektrik versteckt

Deshalb wurde das Bike zuhause komplett zerlegt, um es von Grund auf neu aufzubauen. Beim Zerlegen merkte Joe, dass das Bike eine gesunde Mischung aus amerikanischen und deutschen Qualitätsteilen war: Harley-Davidson, Performance Machine, Paul Yaffe, Kilby Deuce, West Coast Choppers, HPU, Rick’s Motorcycles, OMP und einige mehr.

Keine Frage, die Ergonomie muss passen!

Das Wichtigste aber war, dass die gesamte Geometrie perfekt zu den 1,89 Meter Körpergröße von Joe passte. Deswegen legte der Privatschrauber bei der Planung höchstes Augenmerk auf ergonomiebestimmende Teile wie Lenkerbreite und Kröpfung, Riser-Höhe und Position der Fußrastenanlage. „Schlussendlich muss man sich ins Bike richtig hineinlümmeln können“, ist Joes Chopper-Credo.

Ein Muss: Luftfilter von West Coast Choppers am Mikuni HSR 42

Lenker, Griffe, Scheinwerfer, Rücklicht, Blinker, Griffe und Spiegel wurden in die Tonne gekloppt und durch Neuteile ersetzt. Die Gabel wurde generalüberholt und lackiert. Die Riser, die Fender, die Scheinwerferhalterung, der seitliche Kennzeichenhalter und diverse kleinere Halterungen fertigte Joe selbst an. Die Elektrik wurde fein säuberlich in Rahmen und Lenker verlegt.

Kein Bling-Bling und kein Chichi am Chopper

Was dort keinen Platz fand, musste im Topf eines V-Rod-Scheinwerfers untergebracht werden. Die Taster der Lenkerarmaturen wurden überholt und mit neuer Platine und Mikrotastern ausgestattet. Wichtig war dem Erbauer auch, bloß kein Bling-Bling und Chichi ans Bike zu schrauben, getreu dem Chopper-Motto: Alles Unnötige muss weg!

„Tief sitzen, hoch greifen!“ ist Joes Chopper-Maxime

Nach Monaten des Grübelns, Schraubens, Schleifens und Polierens konnte das Ergebnis begutachtet werden – Joe war zufrieden mit dem, was er sah! Lackiert wurde gemäß Henry Fords Leitspruch „Any colour – so long as it’s black!“. Übrigens: Die Jungfernfahrt verzögerte sich um eine halbe Stunde, weil das Bike nicht ansprang. Vor lauter Vorfreude hatte Joe vergessen, den Benzinhahn aufzudrehen.