Buell X1 BSAR – Der Eigenbau-Alien



Bernhard Schwanitz, Industriedesigner, Künstler und leidenschaftlicher Motorradfahrer, fuhr eines Tages das Custombike eines Freundes über den Weg. Es war ein Fighter mit einem Buell-X1-Motor, der in einem Zentralrohrrahmen von Rau steckte.

„Schon als ich die riesigen Bremsscheiben sah, war es um mich geschehen“, erzählt Schwanitz. Vorbei war es mit der beschaulichen Ruhe im weinseligen Frankenland. Die Rau-Buell war mit den feinsten Zutaten ausgestattet und fuhr brachial. Ein kaum zu zähmendes Tier, das aufgrund der kurzen Übersetzung mächtig anriss. Ein Übriges taten die 102 Dezibel Standgeräusch und das kompromisslos sportliche Fahrwerk.

Der Motor stammt aus einer Buell X1

Schwanitz musste dieses Motorrad haben, allein die Optik der Rau-Buell war nicht so ganz nach dem Geschmack des Designers geraten. Also beschloss er, sich einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen und der Edel-Buell einen völlig neuen Look zu verpassen. Das Thema und die Inspiration waren schnell gefunden, fuhr sich das Gerät doch wie ein wildgewordenes endzeitliches Tier.

Top Komponenten: Die Alu-Einarmschwinge von Harris stützt sich auf ein Monofederbein von Technoflex ab

Der Arbeitstitel lautete: „das Biest“ (KTM kam später)! Zunächst war eine Marktrecherche nötig, um im Entwurf genügend Abstand zu bestehenden Designs zu wahren und gleichzeitig einen langlebigen, eigenständigen und prägnanten Entwurf zu erarbeiten. Und dieser durfte bewusst polarisierend ausfallen. Everybodies Darling sollte dabei nicht herauskommen.

Buell X1 – Das „Biest“ wird modeliert

Schwanitz strippte die Maschine, baute Lampenmaske, Tank, Sitzbank und Heck ab und begann in Clay (Automobil-Ton) zu modellieren. Wichtigstes Merkmal stammte aus einer Studie, die Schwanitz als Werksstudent im BMW-Designcenter in München in den späten 80er Jahren erarbeitet hatte.

PSS Rau Zentralrohr-Rahmen

Aus der Studie entstand damals die 650er Scarver, die allerdings ein ziemlicher Flop wurde. Die Gabelbrücke und der Lenker sollten vollständig integriert werden. „Eigentlich habe ich das schon mit 22 Jahren in einem Tonmodell formuliert – lange vor dem Designstudium“, erklärt der erfahrene Designer und Clay-Modelleur.

Alien-Frontdesign mit KTM RC8-Scheinwerfer

Die Lampen stammen von der KTM RC8, die amorphe Form des Klarsichtteiles passt perfekt. Wichtigste Stilmittel waren der Durchbruch am Lenker, der in den Tank erweitert wurde, und als Pendant der Durchbruch unter der Sitzbank. So entstand eine fast zierliche Silhouette, die dem ungewöhnlichen Monocoque von der Lampe bis zur Sitzbank höchst interessante formale Momente verleiht.

Das Acewell-Rundinstrument sitzt in der GfK-Verkleidung, die innerhalb weniger Minuten an- und abgebaut werden kann

Überall spannen sich Muskeln, schnauben Nüstern und pulsiert die Kraft des irgendwie animalisch wirkenden Entwurfs. Das Heck vollendet in seiner Leichtigkeit den dynamischen Auftritt des Streetfighters. Die Ergonomie ist die eines Supermoto, mit leicht gebeugter Haltung und sportlich moderatem Kniewinkel.

Eine Buell X1 wie aus Mad Max

Als das Clay-Modelling fast abgeschlossen war, kam ein weiterer Kunstgriff, der auch fertigungstechnisch sinnvoll war: Die Verkleidungsteile wurden durch 3,5 mm breite Spalten voneinander getrennt und teilen die Flächen grafisch, so wirkt die Verkleidung noch eigenständiger und futuristischer. Die Kanten der GfK-Teile sind farbig ausgelegt. So hat das Bike einen sensationellen, völlig eigenständigen Look, der durch den archaischen Buell-Motor noch verstärkt wird.

Durchaus polarisierendes Design-Statement: Bernhard Schwanitz mit der BSAR-Buell

Mad-Max-Regisseur George Miller hätte vermutlich seine Freude daran, denn dieser Endzeit-Blockbuster ist Teil des emotionalen Szenarios, das Bernhard Schwanitz immer wieder vor Augen hatte. Auch Gigers Alien stand wohl unterbewusst inspirierend Pate – so war es zum endgültigen Namen nicht mehr weit. BSAR = Bernhard Schwanitz Alien Raptor. Ein Saurier der extrem laut faucht, stinkt und sich äußerst aggressiv bewegt. Eine Reminiszenz an eine zu Ende gehende Ära, die gleichzeitig in die Zukunft weist.

Info | bs-ar.de

Technische Daten
Erbauer Bernhard Schwanitz

Motor
Typ orig. Evo-Sportster aus Buell X1, Bj. 2001
Hubraum 1203 ccm
Gemisch Mikuni HSR 42
Lufi Airblow Carbon Luftfilter, Forcewinder
Zündung Altmann, mit 2 Mappings
Auspuff Race-Krümmer mit Supertrapp
Fahrwerk
Rahmen PSS Rau Zentralrohr, poliert
Heck Eigenkonstruktion, Alu abnehmbar (Herstellung Roger Guhr, Kist)
Gabel Showa USD, mit Rau-Brücken
Schwinge Harris Einarmschwinge
Federbein Technoflex Zentralfederbein
Vorderrad Magnesium-Felge Marcesini
Hinterrad zweiteilige BBS/PVM Felge 7,5”
Bremsen vo. 2 Scheibenbremsen von Braking USA, auf Felge genietet mit Spiegler Radial-Zange; hi. Rau-Scheibe mit Brembo-Sattel
Zubehör
Tank Einzelanfertigung, Roger Guhr
Lenker Yamaha FJ 1300
Griffe Yamaha FJ 1300
Instrument Rundinstrument Acewell
Lampen KTM RC8 (Bj. 2009)
Blinker Kellermann, Alu poliert
Sitzbank Eigenkonstruktion mit Verriegelung
Verkleidung handgefertigte GfK-Verkleidung
Special Verkleidung kann in 5 Minuten an- und abgebaut werden; Zündspulenhalter handgefräst, Alu poliert

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Fotos: Frank Luger
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